WeinZeit: Große Gewächse – Die Ahr Teil I

„Wenn Du an der Ahr warst und Du weißt, dass Du an der Ahr warst, dann warst Du nicht an der Ahr“

Dieser Spruch kennzeichnete noch vor gut zwei Jahrzehnten den Ruf des nördlichsten Rotweinanbaugebietes der Welt – Der Ahr.
Bedingt durch die Reblausplage, welche zwischen den 1880er Jahren und 1910 knapp die Hälfte der Rebfläche zerstörte und die darauf folgende Reisigkrankheit, welche die für die Ahr so prägende Spätburgunderreben befiel, brauchte die Ahr finanziellen Aufwind. Durch billige, meist süßliche und strukturlose Weine wurden viele Rheinländer in das Naherholungsgebiet gelockt.
Der regionale Sauf-Tourismus und das Ansehen der Region begann sich erst zu bessern, als Weinpioniere – allen voran Werner Meyer-Näkel – begannen, das Potenzial, welches in den Ahrrotweinen steckte, zu erkennen.
Durch den Einsatz von Barriques, Ertragsreduzierung, Maischegärung und moderner Kellertechnik begann die Qualität der Weine von Jahr zu Jahr zu steigen. Unter den Pionieren waren auch die Brüder Frank und Marc Adeneuer, welche in den 80er Jahren das elterliche Rotweingut J.J. Adeneuer übernahmen. Ihre Anstrengung honorierte der Gault Millau 2008 mit der Auszeichnung „Aufsteiger des Jahres“.

Neben dem Engagement der Winzer verdankt die Ahr auch ihren privilegierten Lagen die Qualität des Rotweins.
Eine besonders hervorhebenswerte Lage ist die „Walporzheimer Gärkammer“. Sie ist mit einer Größe von nur 0,64 ha die kleinste Lage Europas und befindet sich im Alleinbesitz von J.J. Adeneuer. Der Name „Gärkammer“ lässt sich darauf zurückführen, dass die Lage von hohen Schiefermauern eingekesselt ist und diese mit dem Boden aus Schieferverwitterungsgestein und Gehängelehm im Sommer zu einem Hitzestau führt, welcher hier Trauben mit einem deutlich höheren Mostgewicht reifen lässt als in den renommierten umliegenden Weinbergen.

Unserer heutigen Probe soll ein Wein aus dem an der Ahr herausragenden Jahrgang 2006 zum Opfer fallen. „2006 Walporzheimer Gärkammer Spätburgunder „Großes Gewächs“ – J.J. Adeneuer“.  Mit „Großes Gewächs“ kennzeichnet der VDP (Verband Deutscher Prädikatsweingüter e. V.) gesondert klassifizierte Weine. Die Klassifizierung lehnt sich an die des „Ersten Gewächs“ aus dem Rheingau an. Kriterien für „Große Gewächse“ (GGs) sind unter anderem, dass der Wein trocken ausgebaut wird, eine Begrenzung der Erntemenge auf 50 hl/ha und aus einer klassifizierten, eng eingegrenzten Lage stammt, in der nachweislich über lange Zeit Weine mit nachhaltig hoher Reife erzeugt wurden.

Doch nun zum Wein: Dieser kommt in einer sehr wertig anmutenden Flasche daher. Über das Etiketten-Design lässt sich sicher trefflich streiten – Es hätte meiner Meinung nach etwas zurückhaltender sein können – wird auf seine Art und Weise aber dem Wein gerecht.

2006 Walporzheimer Gärkammer „GG“ – J.J. Adeneuer.
Farbe für deutschen Spätburgunder toll konzentriert, kristallklares Kirschrot mit einem ultra-dezenten Braunton
Nase weißer Pfeffer, Leder, stoffig, Currysoße, junge Paprika. Später gesellt sich noch zartes weiches Toffee hinzu
Gaumen komplexe und dennoch feine Struktur, fleischig, auch hier wieder Pfeffer (jedoch etwas dominanter), leicht adstringent, sehr balanciert
Abgang fängt schwach an, mausert sich jedoch schnell zum starken Finale, sehr fruchtig (Cassis, Brombeeren), wärmend, aber dabei erfrischend

Fazit: Ein tolles deutsches Weinerlebnis und mit das Feinste was die Ahr zu bieten hat. Durch die feinen Gewürznoten ist der Wein wie gemacht für die Weihnachtszeit, aber er passt auch in den Sommer. Ein Edel-Grillabend mit feinstem Fleisch, kross-gegrillten Garnelen und „06er Walporzheimer Gärkammer GG“ bleibt sicher lange in  Erinnerung. Auch mit einem Endverbraucher-Preis von knapp 55 € lässt der Wein keine Wünsche offen, zumindest für die Erzeuger. Auch wenn der Preis in der deutschen Rotweinwelt sicher kein Unikum mehr ist, so braucht es bundesweit gesehen doch wohl noch mehr Kaliber wie die „Walporzheimer Garkämmer“ um diesen bitteren Nachgeschmack wegzuspülen. Dennoch, wenn ihr noch eine der leider ausverkauften Flaschen ergattert, rate ich euch unbedingt zuzuschlagen.  Ihr werdet es sicher nicht bereuen.

Test06

„2006 Walporzheimer Gärkammer Spätburgunder „Großes Gewächs“ – J.J. Adeneuer“

Robin Stein (†)

Robin Stein, Jahrgang 1987, war studierter Lebensmitteltechnologe und der Jüngste im Team. Sein Weg führte ihm nach dem Abitur 2006 über ein viermonatiges Praktikum in Pusser's New York Bar in München nach Bergisch-Gladbach, wo er eine Ausbildung als Hotelfachmann im Schlosshotel Lerbach absolvierte. Seine persönlichen Honigfallen waren Champagner, Obstbrände, Wein und Whisk(e)y.

7 Kommentare

  1. Ich bin entzückt!

    Nur auch Wein (neben Schaumwein) auf Trinklaune.
    Wunderbar!

    Ich freue mich sehr und werde mich nun auch besonders auf ihre Artikel freuen!

    Viele Grüße
    Jonas

  2. Dominik Steinberger

    Robert, ein großartiger Einstand, ich bin begeistert!
    Trinklaune steigert sich immer weiter, macht weiter so!

    Liebe Grüße aus Fürth,
    Dominik

  3. Der Junge heißt Robin 😀

    Und: Danke 😉

  4. Jan

    Sehr schön,

    ein gelungener Post zum Thema Wein. Schön zu sehen, dass das Trinklauneteam weiter wächst.
    Schön von dir zu Lesen Robin!

    Kurz: „Trinklaune, hier geht was!“

    Cheers Jan

  5. Viel Spaß beim schreiben Robin. Jetzt wo es bei dir nach München geht müssen wir uns eh öfters treffen 😀

    Zum Wein: Ein toller Tropfen – hab ihn noch sher gut in Erinnerung neben ein paar anderen 😉

  6. Robin Stein

    Vielen Dank! Freue mich schon sehr auf viele gepflegte Drinks 🙂

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