Trinklaune im Gummibärchen Land oder von Red Bull, Currywürsten und Hausmannskost

Als Reaktion auf „Trinklaune im Gummibären-Land“ Teil 1 und Teil 2 wurde mir unterstellt, dass ich wohl so etwas wie Red Bull grundsätzlich ablehnen würde.
Das ist nicht richtig.
Ich mag die schlanke Form der Dose und den silbrig glänzenden Space-Auftritt.

Auch bin ich schon seit meiner Kindergartenzeit ein großer Fan der Gummibärchen gewesen. Die Vermutung, dass ich es war, der sämtliche blauen Gummibären vernichtet haben soll, ist allerdings falsch. Das rätselhafte Verschwinden des blauen Stammes von Ursus Elasticus ist auch mir schleierhaft und bleibt mysteriös. – Sachdienliche Hinweise zum Verbleib der blauen Gattung nehme ich aber gerne entgegen.

Ich mag also Gummibärchen und muss sogar gestehen, dass ich in meinem Berufsleben, diese niedlichen, putzigen, kleinen Gesellen tütenweise verkaufe und bei meiner jungen Kundschaft, durchaus Anklang damit finde.

Wer nun also als Barkeeper mit Gummibärendrinks seinen Unterhalt verdienen will oder muss, mag das tun. – Das Leben ist hart genug.

Wer Gefallen daran findet, Red Bull (Mixe) oder andere flüssige Gummibärzubereitungen zu trinken, mag das tun. – Das Leben ist sauer genug.

Ein Gummibärchen mit Krawatte bleibt ein Gummibärchen….

Wer allerdings meint, Gummibären-Mixe in den Rang von Geniesserdrinks liften zu können, wer sich in der verbalen Schönfärberei rot-brauner Gummibären-Brause übt, erntet hier Widerspruch. – Das Leben ist bereits verwirrend genug.

Das haben die Gummibären nicht verdient. Sie wollen nicht gross gemacht, nicht aufgeplustert, nicht aufgeblasen, nicht schön geredet werden. – Sich etwas schöntrinken geschieht meist nur fahrlässig, aber das Schönreden ist Vorsatz.
Unsere possierlichen Freunde wollen nichts weiter sein, als kleine, bunte, elastische Bärchen, die in Tüten oder Dosen eine Bleibe gefunden haben, um große Freude auf jedem Spielplatz oder jedem Techno-Dancefloor zu verursachen. – Mehr nicht.

Der Versuch „Energydrinks“ nachträglich in den Adelsstand zu heben oder sie in einen Zaubertrank zu verwandeln, erinnert mich an die Imbissbude, die mit einer 5 Sterne Currywurst warb. Die Currywurst war tatsächlich gut, aber eine Currywurst bleibt eine Currywurst.

Ähnlich argumentiert auch, der von mir sehr geschätzte, Wolfram Siebeck, der sich im Feinschmecker Magazin zu den Irrungen und Wirrungen beim Gebrauch des Wortes „Hausmannskost“ so äußerte:

„Ein primitives und mangelhaftes Essen… Dafür hatten sie den Begriff Hausmannskost.
Ihn gab es aber schon früher, als alle Welt selber kochte, auch wenn keine Kiwis und keine Morcheln aufzutreiben waren. Damals bedeutete das Wort Hausmannskost eine Ernährungsweise ohne jegliche Verfeinerung und war nicht geeignet, Genussfreude auszulösen. Sie basiert auf den allernötigsten Kenntnissen, mit denen die allereinfachsten Produkte zubereitet werden. Es war die Arme-Leute-Küche, die vor Urzeiten die erste Begegnung des Menschen mit seiner Nahrung war.
Soziale Aufsteiger und Angehörige des Adels kannten Alternativen; doch wer auf dem Lande lebte – und das war der überwiegende Teil der Bevölkerung – aß schlecht bis sehr schlecht. Eben Hausmannskost.

Wenn heute in Berlin Cafés eröffnet werden, welche mit „original Hausmannskost“ werben, dann ist das wohl ein Denkfehler der Betreiber, die eine einfache bürgerliche Küche meinen. Die ist zwar auch nie anspruchsvoll, kann aber gut oder schlecht sein. Hausmannskost hingegen lässt sich weder kulinarisch noch ästhetisch bewerten. Sie ist immer primitiv. Wer bewusst damit wirbt, spekuliert entweder mit dem Masochismus der Gesellschaft oder mit ihrer Dekadenz.

Doch bewusstes Essen lebt von der Differenz, von der individuellen Scheidekunst. Essen ist immer eine Grenzsituation, in der wir uns für das entscheiden müssen, was wir uns einverleiben. Dabei ist der Kontext wichtig, das Wissen von den Lebensmitteln, von der rechten Art ihrer Verzehrs. Claussen schreibt zurecht, wir „bestehen auf gutem Essen und Trinken nicht nur, weil es dem Gaumen guttut, sondern weil es zivilisiert.“ “

„Schlecht kochen kann jeder, aber nur die deutsche Hausfrau schafft es, darauf noch stolz zu sein.“

Ich meine: Persil bleibt Persil, Hausmannskost bleibt Hausmannskost, eine Currywurst bleibt eine Currywurst und ein Energydrink wird nicht zum Zaubertrank, sondern bleibt eine geschmacklich dominante Gummibärchen-Limonade. –

Soweit beenden wir fürs erste unsere drei Abstecher ins Gummibärenland.
Doch wir kehren zurück und werden die Frage klären, warum die Mischung einer weißen Spirituose mit einem Softdrink so unterschiedlich bewertet wird und was das mit Barkultur zu tun hat: Gin Tonic vs. Wodka Bull – Der Mehrwert des Mischens Teil 4
– Brumm

Alchemyst

Alchemyst, geboren in den fünfziger Jahren, studierte Philosophie, Theologie und Pharmazie. Heute leitet er eine öffentliche Apotheke in Norddeutschland. Alchemyst ist nicht selten in Champagnerlaune.

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