Wie die Cocktailwelten bereits berichteten, stand der letzte Sonntag ganz im Zeichen des Genusses. Das kulinarische Hauptthema unserer Zusammenkunft war eine Flasche Rivesaltes aus dem Jahr der großen Wirtschaftskrise -1929-
Rivesaltes stammt aus dem gleichnamigen AOC-Weinbaugebiet im Languedoc-Roussilion. Er zählt zu der spannenden Klasse der Vin Doux Naturel – wörtlich übersetzt bedeutet der Begriff natürlich süßer Wein – wobei es sich um gespriteten Süßwein handelt. Vin Doux Naturel (VDN) ist eine südfranzösische Spezialität, bei der die Gärung, also die Umwandlung des Fruchtzuckers in Ethanol, durch die Zugabe von hochprozentigem Alkohol gestoppt wird. Dadurch bleibt die natürliche Fruchtsüße im Wein erhalten und es stellt sich ein Alkoholgehalt von 15 – 18 % vol. ein. Diese Technik nennt sich auch mutage, das „Stummmachen“ des Weines. Nachdem die Gärung gestoppt wurde, wird der Wein entweder oxidativ oder reduktiv ausgebaut. Unser im Jahr 2000 auf die Flasche gezogener Wein wurde oxidativ ausgebaut, was so viel heißt wie, dass der Wein in nicht vollständig gefüllte Fässer oder Glasballons gefüllt und den thermischen Wetterschwankungen sowie einem gesteuerten Sauerstoffkontakt ausgesetzt wird. Die biochemische Stabilität ist hierbei durch den gesteigerten Alkoholgehalt gesichert und der Wein reift durch die hohen Temperaturunterschiede schneller und entwickelt Aromen von Feigen, Nüssen, Rosinen, Dörrfrüchten und das Bouquet von ranziger Butter (rancio). Der Rancio Geschmack entsteht durch die, von der Wärmeeinwirkung katalysierten, Bildung von Aldehyde, Acetalen und anderen Aromastoffen und ist bei der Rivesaltes-Herstellung ausdrücklich gewünscht! Ein weiteres Merkmal des oxidativen Ausbau ist, dass sich sowohl Weiß- als auch Rotweine über die Jahre zunehmend bräunlich färben und sich im hohen Alter farblich kaum noch unterscheiden lassen.
Nach der Theorie wollen wir uns nun aber der Verkostung widmen.
Da man einen so alten Wein nicht alle Tage trinkt, wollten wir uns für die Verkostung Zeit lassen und natürlich auch ein gemütliches drumherum schaffen. Als erstes kam logischerweise die Frage auf: Was essen wir dazu? Und schnell waren wir uns einig: Was könnte besser passen als eine reichhaltige Käseplatte?
Nach einer fachkundigen und freundliche Beratung in dem Freisinger Feinkostladen Culinaria hatten wir unser Käsebrett schnell mit einer reichhaltigen Auwahl an Roquefort, Comté, Picandou, …. bestückt und die Verkostung konnte beginnen.
Farbe: Kupfer, rötlich, Ahornsirup
Nase: Pedro Ximénez (PX), Quitte, Nüsse, Pflaume, fast frisch, kein!! Rancio-Geruch
Gaumen: PX-schlank, Rosinen, Trockenfrüchte, Honig, dunkle Schokolade, trotzdem eine gewisse Leichtigkeit
Abgang: schlank, trocken
Mein Fazit: Der Rivesaltes wirkte wie ein schlanker, trockener, trockenfrucht- und nussgeladener PX. Die Süße des Weins war zu keinem Zeitpunkt dominant und er überraschte durch einen trockenen Abgang. Seine 16 % vol. waren gut eingebunden und gaben den kräftigen Aromen den nötigen Rückhalt. Ein eleganter, gelungener Wein der an diesem Tag zu einem spanischen Manchego-Käse mit Rosmarin das perfect match war.
Ohne irgendwelche Anschuldigen machen zu wollen, war der Rivesaltes dubios frisch und man muss sich leider die Frage stellen, wie viel Wein aus dem Jahrgang 1929 wirklich noch in der Flasche war. In einer Flasche die erst 2000 vom Fass auf die Flasche gezogen wurde und somit angeblich 71! Jahre oxidativ ausgebaut wurde, sollte für mich der leider komplett vermissten Rancio-Geschmack deutlich wahrnehmbar sein und auch am Gaumen sollte der Wein schwerer wirken.
Ebenfalls stutzig mach micht, dass wie auf dem Etikett zu lesen ist, der Rivesaltes eine Cuvée aus Grenache (rot), Macabeu (weiß) und Muscat d‘ Alexandrie (weiß) ist. Dies ist verwunderlich, da Rivesaltes normalerweise entweder komplett aus roten oder weißen Trauben gekeltert wird. Natürlich könnte der Grenache auch weiß abgepresst worden sein oder es handelt sich um den ebenfalls für Rivesaltes zugelassen Grenache blanc. Dies hätte meiner Meinung nach aber besser gekennzeichnet werden müssen. So bleibt leider der Verdacht, dass dem Wein auch farblich etwas auf die Sprünge geholfen wurde
Nichtsdestotrotz war der Wein ein Erlebnis und um es auf den Punkt zu bringen – Einfach lecker! Ein idealer Digestif der sich wegen seinem trockenen Abgang auch gut als Aperitif eignet. Durch den oxidativen Ausbau bleibt der Wein auch geöffnet über mehre Woche, sogar Monate, haltbar was ihn gastronomisch sehr interessant macht. Wer sich einmal selbst von der Qualität überzeugen möchte kann noch eine Flasche für günstige (und vielsagende) 115,00 € bei Dallmayr beziehen.
Wie immer ist es Interessant hier mitzulesen. Vll. hätten Sie ja auch mal Interesse daran sich bei uns umzuschauen.
Mit freundlichen Grüßen