Das Buch, welches ich hier gerne Vorstellen möchte, hat meiner Meinung nach noch nicht sehr viel Aufmerksamkeit erfahren. Der Titel des Buches ist „Handbuch für Mixer“ und es stammt aus dem Jahr 1925. In Auftrag gegeben von der Carl Mampe AG, geschrieben (zum größten Teil) von Hans Krönlein, ist es als „Lehrbuch für Mixschulen des Genfer Verbandes“ gedacht. Sicherlich erhoffte sich der Likörhersteller aus Berlin in erster Linie vermarktungstechnische Erfolge für seine Produkte. Man hatte es sich mit diesem Buch zur Aufgabe gemacht ausschließlich in Deutschland hergestellte Produkte zu verwenden.Folgende Motivationen nennt Hans Krönlein im Vorwort für dieses 358 Seiten starke Buch: Erforderliche Unabhängigkeit von ausländischen Spirituosenmärkten; Anpassung an den deutschen Geschmack (der größere Ansprüche an Aroma und Gehalt stellt); Wahl von deutschen Namen für alle Drinks. (Die GSA-Blogger hätten hier ihre reine Freude.)
Aus diesem Buch könnte man so viele Zitate bringen, die es wert sind genannt zu werden. Einige bringen sicherlich nur ein Lächeln auf das Gesicht des Lesers. Während andere ein wunderbarer Aufhänger dafür sind was in der Ausbildung zum Bartender wichtig ist. Zu Beginn steht zum Beispiel ein sehr ausführlicher Text über „Geruch und Geschmack“, was in meinen Augen unerlässlich ist.
Alleine die Einleitung ist Gold wert. Sie erklärt unsere Idee vom alkoholischen Genuss und der Trinklaune auf ganz wunderbare Art und Weise. Um nur zwei Zitate zu bringen:
„Sie [die Drinks] haben die Welt besiegt, diese farbigen, prickelnden, nervenaufpeitschenden, nervenberuhigenden, seltsam benannten, raffinierten Getränke.“
„Der tüchtige Mixer mengt für jedes Gefühl den komplementären, ergänzenden Trank, der der Zunge und dem Auge bringt was die Stunde erfordert.“
Gegliedert ist das Buch nach Drink-Kategorien welche, über an der Seite angebrachte Reiter, wunderbar erreichbar sind. Der „Cocktail“ ist wie in vielen alten Büchern eine eigenständige Kategorie und nicht ein Überbegriff für alle Mischgetränke. Alte, teilweise vergessene Überschriften findet man: Fixes, Smashes, Daisies und Sangarees zum Beispiel.
Alle Drinks in diesem Buch sind auf ein gewisse Art und Weise unüblich. Sours zum Beispiel werden alle mit einem Schuß weißem Curacao zubereitet. An Fast alle Kategorien sind jedoch eine Handvoll Drinks aus den Büchern „Lexikon der Getränke“ und „Harry Johnson’s Handbuch für Bartender“ angehängt. Diese haben allerdings keine „deutsche Anpassung“ erfahren. Vermutlich konnte Krönlein sich nicht ganz von seinen selbst beschriebenen Erfahrungen lösen: „Ob Berlin, London, Paris – […], und der Mixer mengt mit sicherer Hand in allen Ländern die gleichen Drinks…“ Das man Drinks mit Namen wie „Krummhübel“ oder „Hermann und Dorothea“, nach Erscheinen dieses Buchs, nicht in New York finden würde, musste auch der Autor wohl anerkennen. Und ziemlich sicher haben wohl fast alle diese merkwürdigen Namen nicht überlebt und bleiben dieser Marketing-Aktion der Carl Mampe AG vorbehalten. Vielleicht aber überlebte das ein oder andere Rezept – Jedoch mit anderem Namen.
Als Lehrbuch ist das „Handbuch für Mixer“ sicherlich nur eingeschränkt geeignet gewesen. Aber mehr als eine Idee davon wie der „Mixer“ arbeiten sollte und weit über eine einfache Rezeptsammlung geht es auf jeden Fall hinaus. Ein wenig erinnert es mich jedoch an den gewollten Versuch, die deutsche Sprache zurück in die Barkultur zu bringen und Anglizismen zu vermeiden.
Zum Abschluss wiederum zwei Zitate die jedes für sich genügend Aussagekraft haben:
„[…], daß man den tüchtigen Barmeister an seiner Arbeit erkennt: Er muß durch Menschenkenntnis und Takt imstande sein, den Betrieb reibungslos zu gestalten“
„Der Schüttelbecher ist das Instrument des Virtuosen, dessen Kunst sich in der Poesie des Trankes zeigt.“
Großartig wie der Autor dieses Buches mit der deutschen Sprache spielt. Die zitierten Stellen sind einfach nur der Wahnsinn!
Gruß Jonas