Ein Julep wie er im Buche stand…

Das älteste deutsche Arzneibuch von 1546

Das älteste deutsche Arzneibuch von 1546

Angesichts der grassierenden Mint Julep Mania entdeckte ich folgende Notiz von Harry Schraemli:

„Als ältestes gemischtes Getränk, das in die Kategorie der sogenannten „American- Drinks“ fällt, betrachte ich den „Julep“. In einem Kochbuche aus dem Jahre 1540 finde ich ihn bereits erwähnt.“

Leider ist nicht vermerkt, um welches Kochbuch es sich handelt.

img_0623Nun ist der Julep (oder Juleb) ein uralter pharmazeutischer Trank und so fand ich im ältesten gedruckten Arzneibuch aus Deutschland, im „Dispensatorium des Valerius Cordus“ aus dem Jahre 1546 ebenfalls zwei Julep Rezepte (siehe Fotos) von denen eines Veilchenwasser, ein anderes mit Rosenwasser arbeitete. img_0615Die letztere Zutat erinnert daran, dass das Wort Julep seinen Ursprung beim persischen Gul-ab = Rosenwasser hat.

Das der historische Julep sowohl in Arznei- wie in Kochbücher zu finden ist zeigt seinen Crossover-Charakter.

Im Mittelalter, während der Kreuzzüge, drang das Wort in die englische Sprache ein als Bezeichnung für einen süßen, lieblichen Drink. Mit den Engländern kam es dann später nach Amerika.

Der Julep hatte dienende Funktion. Er soll bittere Medizin schmackhafter machen und den Kranken erquicken und ihm wieder Geschmack und Wohlgefallen am Leben zu geben.

Dass die angenehmeren Varietäten, Julep, Lecksaft, besonders für die Frauen- und Kinder-Praxis wichtig sind. […] Der Verordnende mag also in jedem einzelnen Falle seine flüssige Arznei so klein oder gross, so stiss oder bitter, so dünn- oder dickflüssig einrichten, als es ihm zweck-mässig scheint.. (Philipp Phoebus, Handbuch der Arzneiverordnungslehre, 1835)

Diese flüssige Zubereitung wurde den Bedürfnissen, dem Zweck angepasst. Den Julep gab es nicht. Er war vielgestaltig und somit ein Gattungsbegriff für einen bestimmten Typ von „Wellnessgetränk“.

Der Julep früherer Zeiten war ein Zusatz der „vornehmlich zur Kühlung und Erquickung eines Kranken verordnet wird; ein Kühltrank.“ (Johann Christoph Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, 1796 )
Ein Trank, der „mehr zur Erquickung, denn zur Heilung dient u. daher von angenehmen Geschmack, gefälliger Farbe u. dünner Consistenz ist“. .

Der in Küche und Pharmazie verwendete ursprüngliche (europäische) Julep wurde eingesetzt als Modifier und war nach heutiger Sprachregelung
ein Cordial, eine aromatisierte, süße, dünnflüssige Zutat.
Mint Julep 2009  -  Foto:Torben Bornhöft

Der neue alkoholische Julep, der schon bald, ab ca. 1830 vor allem als Mint Julep bekannt wurde ist eine genuin amerikanische Erfindung und hat mit dem alten (europäischen) Cordial Julep wenig gemein. Aber beide Formen des Julep zeigen sich äußerst vielgestaltig. Auch der historische Julep kannte verschiedene Ausprägungen bei der Aromatisierung, unter anderem auch mit Minzwasser.

Der neue Südstaaten-Drink war wie gemacht zur Abkühlung im heißen Sommer des Dixieland. „Der Julep ist […] ein Drink, der besonders viel Eis verlangt. In seiner jetzigen Form hat er sich im 19. Jahrhundert im Zuge der Ausweitung des Eishandels zusammen mit der Einführung von Eiskellern und Eishäusern in den Südstaaten der USA entwickelt;  dies wiederum nur in großen , wohlhabenden Haushalten wie zum Beispiel Plantagen.“ (Dietrich Bock, Erlesene Cocktails für private Gäste).
Die Geschichte des modernen Julep, wie es Harry Schraemli versucht hat, bis ins Mittelalter zu verlängern, scheitert daran, dass das notwendige Eis erst ab Ende des 18. Jahrhunderts, Anfang des 19. Jahrhunderts ausreichend verfügbar war. Die Geschichte des „American Mixed Drink“ beginnt mit dem Eishandel.

Der Julep so wie wir ihn kennen, war neu, alkoholreich, amerikanisch. Doch dazu Freitag mehr unter der Überschrift: Der Mehrwert des Mischens – Ein Mint Julep nach neuestem Geschmack.

Alchemyst

Alchemyst, geboren in den fünfziger Jahren, studierte Philosophie, Theologie und Pharmazie. Heute leitet er eine öffentliche Apotheke in Norddeutschland. Alchemyst ist nicht selten in Champagnerlaune.

4 Kommentare

  1. Jonas

    Guten Abend,

    Mensch Alchemyst, da hast du wieder gezeigt, wofür man dich nur lieben kann.
    Soviel Wissen und interessante Fakten in so einem kurzen Text (der mit Verlaub auch noch wunderschön zu Lesen ist).
    Das können die meisten Lehrern in 90 Minuten nicht ansatzweise vermitteln.

    Ich erhebe mein Glas (heute mal, ganz im Zeichen meines angepeilten Studiums, ein trockener Auxerrois aus dem Elsaß) und freue mich wahnsinnig, auf die nächste Folge!!!

    Einen schönen Abend,
    Jonas

  2. Alchemyst

    Dir auch Jonas. Zum Wohl!

  3. Julep in den USA|

    Es ist richtig, dass der siegeszug des M.J. in den USA mit der erfindung von Herrn Linde, der eismaschine, ihren anfang nahm. Zuvor war der M.J. ein absolut dekadentes getraenk der reichen baumwoll- und tabakpflanzer in den Suedstaaten.

    Beireits am vormittag liesen sich die weissen bosse auf der veranda ihrer hochherrschaftlichen greater houses vom schwarzen personal juleps reichen. Kein drink zum herunterstuerzen, sondern eine langsam getrunkene erfrischung. Eis war zu damaliger zeit luxusgut. Aber in Kentucky faellt im winter das termometer bis auf minus 50 grad C. und in kellern oder hoehlen konnte man eis auch bis weit in den folgenden sommer aufbewahren. Wer es sich leisten konnte … Darum auch der obligatorische silber becher, um den anspruch nochmals zu unterstreichen. Und nartuerlich mit cognac, was den sonst, der damals besten spirituose der welt. Erst die reblaus sorgte in Europa dafuer, dass man sich mangels wein, mangels weinbrand, mangels cognac nach anderweitigen spirituosen umsehen musste.

    Fazit: auch vor erfindung der eismaschine war der M.J. ein populaeres getraenk – allerdings beschraenkt auf die oberen zehntausend im Suedosten der heutigen USA …

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