Das Fest

Halkyonische Tage
Diese Tage im Dezember, in denen der Schnee alles mit seinem beruhigendem Weiß zudeckt, den Schmutz und das Unvollkommende bekleidet, sind mir halkyonische Tage. Tage der Ruhe, der Muße und der Besinnung in denen ich Zeit finde, beim Dreischritt von >Denken. Schmecken. Genießen.< das Denkerische in den Vorgrund zu stellen. Angesichts der drei großen Gs „Geist, Geschmack und Genuss“ denen sich das Trinklaune Team widmet, wollen wir uns mal wieder dem Grundsätzlichen zuwenden.
Das Fest
„Frohes Fest“
wünschte mir ein Freund dieser Tage und schob hinterher „Endlich wieder ein paar freie Tage“. Dieser kurze Gruß ist in mehrfacher Hinsicht eines Kommentares wert.
Nun war es mein erster Plan gewesen hier an dieser Stelle über den Unterschied von Fest und Freizeit bzw. über die Unterschiedlichkeit von Fest und Feier und Event und Fete und Festival zu spekulieren, aber die umgangsprachliche Verwirrung ist mir einfach zu groß und kaum hätte ich gemutmaßt, dass eine Feier ritueller und förmlicher abläuft als ein Fest, hätte ich bestimmt die Antwort bekommen, dass die letzte Weihnachtsfeier in der Firma sehr viel lockerer ablief als das Weihnachtsfest mit Oma und Opa…
Nichtsdestotrotz denke ich, dass das eine oder andere misslungene Fest daraus resultiert, dass man einfach nicht zu unterscheiden weiss.
Also lasse ich an einem Tag wie heute einen berufeneren Mann zu Wort kommen, der viel über Feste nachgedacht hat. Joseph Ratzinger schrieb:

„Was macht ein Fest aus? Genau das, dass es nicht wieder auf eigenem Entschluss beruht, nicht wieder Selbstgemachtes ist, sondern vorgegeben, aus einer Ermächtigung stammt, die wir nicht selbst aussprechen. Zum Fest gehört die Unbeliebigkeit: es ist das, was wir nicht selber machen, sondern was uns vorgegeben ist.
Des Weiteren: Zum Fest gehört eine Realität, die sich bewährt hat und die es damit aus einer Pause zu einer Wirklichkeit anderer Art macht.
Schließlich ist ein Drittes zu nennen: Dieses andere kann Fest im eigentlichen Sinn nur sein, wenn es auf einer Ermächtigung zum Frohsein beruht.“

Ein Geburtstagsfest – Die Ermächtigung zum Frohsein
Das Fest als Ermächtigung zum Frohsein. Das ist doch mal eine Ansage.
Das drängt uns zum Feiern. Und damit sind wir wieder bei Weihnachten.
„Ich verkünde euch große Freude, die alle betreffen wird. Denn euch ist heute der Retter geboren, der Christus, der Herr…“ Weihnachten ist ein Geburtstagsfest. Deshalb liegt die Freude auf der Hand.
Der Wunsch „Frohes Fest“ ist eine Tautologie, ähnlich wie der schwarze Rappe oder das nasse Wasser. Und doch: Nietzsche gibt zu bedenken: „Nicht das ist das Kunststück, ein Fest zu veranstalten, sondern solche zu finden, die sich an ihm freuen. Freude ist nicht machbar.“ Ein Problem mit dem der eine oder die andere zu Weihnachten zu kämpfen hat, doch dazu ein anderes Mal mehr.

Ein Kristallisationspunkt der Lebensfreude
Wo aber Freude da ist, da gibt es kaum etwas größeres als das Fest mit seinem Festtagsschmaus, den erlesenen Getränken, der freudigen Trinklaune, der glanzvollen Dekoration, der festlichen Kleidung, der stimmungsvollen Festmusik, Lied oder Tanz…
Das Fest ist der Höhepunkt, sichtbarer, spürbarer Ausdruck unserer Freude, ein Kristallisationspunkt unseres Hochgefühls, unserer Champagnerlaune, unserer Freiheit.

„Das Fest steht unter dem Gesetz der Freiheit. Dieses Gesetz hat aber keinen Rechtscharakter. Das Recht ist ausgeschlossen aus dem Reich des Festes. Es hat seinen Ort dort, wo sich hart im Raume die Sachen stoßen, wo Interessen wider einander streiten, wo Grenzen zu ziehen sind. Recht ist da, wo Enttäuschungen unvermeidlich sind. Jenseits dieser Sphäre, in welcher der Mensch das Recht nötig hat, liegen die Anarchischen Sphären, in denen die Widersprüche des Lebens versöhnt und aufgelöst sind: die Poesie, die Religion, die Liebe – das Fest.“
Josef Ilensee, Die Philosophie des Festes – Von der Notwendigkeit zu feiern

Anarchische Bereiche
So findet sich wohl keine bessere Zeit als der Zeitraum um das Weihnachtsfest und Silvester, um über „das Fest“ nachzudenken. In obigem „anarchischen Sphären“ wird erkennbar, warum sich das Trinklaune Team nicht nur flüssigen Köstlichkeiten widmet, sondern auch immer wieder Ausflüge zur essbaren Kulinarik macht, die Musik einbezieht, sich der Poesie, der Literatur, der Fiktion zuwendet. Sie alle gehören zu obigen „anarchischen Sphären, die denen die Widersprüche des Lebens versöhnt und aufgelöst sind“. Sie alle haben Anteil an dem, was wir Kultur nennen, so wie auch die Bar – und Cocktailkultur ihren Teil zur Gesamtkultur beiträgt.

So wollen wir die nächsten Wochen auch weiter über das Fest nachdenken und Vorschläge machen, wie man das Fest der Jahreswende ausstatten könnte, was die Bar vom Fest lernen kann und begründen, warum man besser vom „Feßt“ reden sollte, da es doch ganz im Banne des Eszett steht…
denn das Fest ist immer ein frohes oder es ist gar nicht …

Alchemyst

Alchemyst, geboren in den fünfziger Jahren, studierte Philosophie, Theologie und Pharmazie. Heute leitet er eine öffentliche Apotheke in Norddeutschland. Alchemyst ist nicht selten in Champagnerlaune.

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