Death and Co.

Wenn eine Stadt als das Barmekka schlechthin gilt, dann ist das wohl New York. Kaum ein Ort ist so verbunden mit der Geschichte des kultivierten Mischgetränks wie der Big Apple. Der Manhattan, der Bronx Cocktail, das Old Waldorf Astoria Bar Book und vieles, vieles mehr. So wundert es auch nicht, dass viele der modernen Bartrends aus der Stadt, die niemals schläft, kommen. Viele behaupten, New York habe die beste Barszene der Welt. Das wollte ich gerne bestätigt haben.

Zunächst aber lauter Enttäuschungen. Das Milk & Honey, berühmt-berüchtigtes Speakeasy der Stadt schied als Members-Club als Oase der Barkunst aus. Nächste Enttäuschung: PDT. Eine Reservierung war nicht möglich, 45 Minuten Besetztzeichen und ein erfolgreicher Anruf später: Tische können erst ab 2 Uhr morgens wieder reserviert werden. Schade, sehr schade. Habt ihr euch schon einmal geärgert, dass die klassische Bar eine Renaissance erlebt? Ich an diesem Tag schon.

Jedoch mangelt es in New York nicht an Alternativen. Little Branch, Apotheke Bar, Clover Club und Pegu Club, um nur einige zu nennen. Die Bar aber, über die ich erzählen möchte, ist das Death & Co im East Village.

Während sich viele Bars auf klassische oder moderne Drinks konzentrieren, vereint das Death & Co beides. Klassische Zutaten wie Gin, Rye, Vermouth und Bitters werden mit neuen Zutaten und Infusions, hausgemachten Sirups und Fruchtsäften kombiniert. Ein Beispiel für den Stil, der sich durch das komplette Barmenu zieht, ist der Latin Quarter. Diese Sazerac-Variante mit Ron Zacapa 23 und Angostura, Peychauds und Xocolatl Mole Bitters von Joaquín Simó zeigt die Klasse der Bar. Ein altes Rezept, mit neuen Zutaten modifiziert und auf eine ganz neue Art interpretiert, ohne den Charakter des Drinks aufzugeben. Oder auch der Pete’s Word, eine Variation über einen Last Word, mit Single Malt Scotch statt Gin.

Nach so vielen salbungsvollen Worten über die Cocktails soll aber auch etwas zu der Bar gesagt werden. Ja, es ist eine Speakeasy-Bar mit verbarrikadierten Fenstern und schwachem Licht. Aber nein, es wird kein Hype um Reservierungen, Minimalverzehr oder Dresscode gemacht; im teuren und hippen New York eine sehr angenehme Sache. So wundert es nicht, dass die Bar auch ein wenig „Neighborhood“-Hangout geworden ist und man auch Menschen trifft, die mit einem guten Buch und einem guten Mischgetränk an der Bar sitzen. Stilsicher setzt sich das Death & Co aus einer großen, den Raum dominierenden schwarzen, klassischen Bar und naturhölzernen Panelen an der gegenüberliegenden Wand zusammen. Ein absoluter Stilbruch, ein Gegensatz, aber auch hier wieder gezielt eingesetzt.

Auf der Suche nach dem perfekten Drink machte man auch nicht vor den Zutaten halt. Das wird dadurch deutlich, dass die Bar ihren eigenen Rum besitzt, den „Scarlet Ibis Rum“ aus Trinidad & Tobago mit beachtlichen 49% Volumenalkohol. Durch die Zusammenarbeit mir der Trinidad Destillers Ltd., die auch den in Deutschland zu erhältlichen VAT 19 Rum destilliert, entstand der Rum. Pur ist der aus drei bis fünf Jahren Rum produzierten Scarlet Ibis (zu Deutsch: Scharlachroter Ibis) noch sehr forsch, allerdings mit einem für das Alter deutlich längeren Abgang. Mittlerweile bereichert auch ein Single Malt Scotch das Sortiment.

In Erinnerung bleiben nebem dem hervorragenden Service an der Bar das enzyklopädische Wissen der Barkeeper über Cocktails, die gerne auch nach Beratung serviert werden. So wurde mir aus dem Armgelenk der Deep Sea Cocktail „geschüttelt“. Rühren Sie 4,5 cl Old Tom Gin, 3 cl Dry Vermouth, 0,75 cl Absinthe und 1 dash Orange Bitter und stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einer kleinen Oase inmitten der quirligsten Metropole der Welt, lauschen entspanntem Jazz und blättern mit glänzenden Augen durch ein Barmenu, in dem sie aber auch absolut jeden Cocktail bestellen wollen. Welcome in Death & Co!

Death & Company
433 E 6th St
New York, NY 10009, USA
(212) 388-0882
http://www.deathandcompany.com

tikiwise

Beruflich wandelt er auf David A. Emburys Spuren. Dessen Sour-Verhältnis von 8:2:1 irritiert ihn jedoch immer noch. Seine Aufmerksamkeit gilt American Whiskey, Tequila, Mezcal und allerlei Nischenspirituosen, aber auch Rezepten jenseits der Standards.

1 Kommentar

  1. Dominik Steinberger

    Sehr schöner Artikel, Daniel, habe direkt Lust, da hinzufliegen…

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