Deoch an Doruis: Cardhu

Wie viele andere Brennereien zu Beginn des 19. Jahrhunderts auch war Cardhu in den ersten Jahren ihrer Existenz eher eine Farm mit angeschlossener Destillerie. John Cumming und seine Frau Helen siedelten sich um 1810 in der Nähe der Ortschaft Cardow, westlich von Aberlour, an und begannen sehr bald neben der Landwirtschaft mit der Whiskyherstellung. Diese war seinerzeit noch mit derart hohen Steuern belegt, dass auch die Cummings wie viele andere ihren Whisky illegal herstellten. Aus der Zeit der illegalen Whiskyherstellung stammen einige Anekdoten, deren Wahrheitsgehalt ich nicht prüfen kann, die aber nicht minder unterhaltsam sind.

So soll Helen Cumming den von ihrem Mann gebrannten Whisky aus dem Küchenfenster an vorbeifahrende Reisende verkauft haben. Um den Steuerinspektoren zu entgehen, soll sie den Steuerinspektoren eine Unterkunft in ihrem Farmhaus angeboten haben und da es im Umkreis von Meilen keine Gasthäuser gab wurde dieses Angebot auch gern angenommen. Sassen die Steuerinspektoren erst einmal an ihrem Tisch, hisste sie eine rote Flagge um ihren Mann und alle vorbeireisenden potentiellen Käufer vor der Anwesenheit der Kontrolleure zu warnen. Als sich das Risiko des illegalen Brennens durch Inkrafttreten des Act of Excise nicht mehr lohnte, erwarb John Cumming 1824 eine Lizenz. Dieses Jahr gilt als das offizielle Gründungsjahr der Destillerie, die zu dieser Zeit noch nach der Ortschaft in der Nähe Cardow genannt wurde.

Als John Cumming 1846 starb übernahm sein Sohn Lewis den Betrieb und nach Lewis‘ Tod 1872 dessen Ehefrau Elizabeth. Diese erneuerte die Brennerei 1884 von Grund auf und verkaufte die alten Brennblasen an William Grant, der zu dieser Zeit die Glenfiddich Destillerie erbaute. 1893 verkaufte sie an John Walker & Sons, die 1897 die Anzahl der Brennblasen von zwei auf vier erhöhten. 1925 ging John Walker & Sons in der DCL auf und gehört somit heute zu Diageo. 1983 änderte Diageo den Namen in Cardhu, gälisch für „schwarzer Fels“, doch unabhängige Abfüller wie z.B. Cadenhead füllen den Whisky manchmal noch als Cardow ab.

Heutzutage steht Cardhu in der Liste der meistverkauften Whiskys der Welt auf Platz sechs. Diese respektable Platzierung ist sicher der Tatsache geschuldet, dass Cardhu in Spanien der beliebteste Whisky ist. Zudem ist Cardhu Bestandteil des Johnnie Walker Blended Whisky. Als 2003 die Nachfrage die Bevorratung zu übersteigen drohte, führte Diageo einen neuen Cardhu ein: den Cardhu Pure Malt. Da der Begriff Pure Malt gesetzlich nicht geschützt war, ermöglichte dieser Schachzug Diageo beliebige Malt Whiskys, solange es nur Malts und keine Grain Whiskys waren, im Cardhu zu vermählen. Dies rief unter den Single-Malt-Herstellern, allen voran Glenfiddich, eine große Empörung hervor. Man warf Diageo Verbrauchertäuschung vor. Der Streit wurde sogar bis zum Parlament in London getragen. Nach einer Interimslösung den Cardhu Pure Malt optisch deutlicher vom Single Malt zu unterscheiden, erklärte Diageo zur Jahreswende 2003/2004 ganz auf den Pure Malt verzichten zu wollen. Dieser Steit war es aber letztlich, der die Scotish Whisky Association (SWA) veranlasste, 2005 neue Bezeichnungen einzuführen. So wurde „Vatted Malt“ jetzt in „Blended Malt“ umbenannt. Leider führte dies häufig zur Verwirrung des Konsumenten, da der „Blended Malt“ (ein Blend von Single Malt Whiskys) leicht mit „Blended (Scotch) Whisky“ (ein Blend aus Malt und Grain Whiskys) zu verwechseln ist.

Cardhu Single Malt Whisky 12yo, 40% vol.
Farbe goldgelb
Nase Kraftvoll, frisch und trocken, Honignoten, etwas holzig
Gaumen Weich auf der Zunge, für einen kurzen Augenblick etwas Süsse, dann sehr trocken und kräftig
Abgang Ziemlich kurz, schwach etwas Rauch, ein klein wenig Süsse

Nach dieser ziemlich schwachen Vorstellung komme ich nicht umhin mich zu fragen, warum dieser Whisky in Spanien so erfolgreich ist. Auch in anderen warmen Ländern wie Portugal, Frankreich, Italien und Griechenland verkauft sich der Cardhu sehr gut. Wenn man ein wenig Wasser hinzufügt, erhält man vielleicht die Antwort: Der Cardhu wird deutlich gefälliger und einfacher zu trinken. Die Aromatik kommt mir zwar immer noch recht eindimensional vor, aber der Whisky wird erfrischend. Mit Eis vermutlich ideal für südliche Gefilde. Mein Lieblingswhisky wird der Cardhu aber auch im Sommer nicht werden.

Oliver Steffens

Jahrgang 1970, wandte sich nach intensiver Beschäftigung mit Weinen und Whiskys der Cocktailbar zu. Selbst einmal in der Gastronomie tätig gewesen, hat ihn dieses Thema nie wirklich losgelassen und so interessiert er sich auch für Barkonzepte und deren Umsetzung.

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