Jeder, der für einen Liter Benzin das gleiche ausgibt, wie für einen Liter Wein, muss sich nicht wundern, wenn der Geschmack des einen dem anderen ähnelt.
So äußerte sich der Sommelier Sebastian Georgi einst im Trinklaune-Interview zu der momentanen Billigdiskussion. Da ich letzte Zeit viele, eher hochwertige Weine vorgestellt habe, wollte ich nun einmal prüfen, ob sich in deutschen Supermärkten wirklich nichts Trinkbares finden lässt. Da die Auswahl dort teilweise kaum zu überblicken ist, konzentrierte ich die heutige Probe auf sechs Low-Cost Schaumweine von 0,99 € – 1,99 € (0,2 l). Alle hier vorgestellten Weine wurden bei der Kaiser’s Tengelmann Gruppe gekauft.
Den Anfang macht das billigste Produkt im Test. Ein Dosen-Schaumwein für 0,99€!
Schon auf der eigens für diesen Prosecco erstellten Homepage wird deutlich, dass es sich um ein reines Party-Getränk ohne jeglichen Anspruch auf Genuss handelt. Man erhält quasi keinerlei Informationen über das Produkt selbst, sondern legt den Focus auf einen „Partykalender“. Aber ich finde, man sollte auch bei einem vermeintlichen Party-Getränk, seinen Kunden wenigstens etwas mehr als die gesetzlich vorgeschriebenen Informationen zum Produkt mit auf den Weg geben.
Ein „Genuss“ aus dem Glas ist vermutlich gar nicht vorgesehen und so verwundert es nicht, dass der extrem helle Prosecco in der Nase beißend und aggressiv wirkt. Am Gaumen lässt sich etwas Birne wahrnehmen, durch die sehr grobperlige Perlage und eine starke Restsüße wirkt diese allerdings nicht sehr angenehm. Der Abgang hingegen gestaltet sich relativ lang und ist halbwegs gefällig. Fairerweise habe ich den Wein dann auch aus der Dose probiert: Der einzige Pluspunkt hier ist, dass die Nase beim trinken nicht so belastet wird. Der Prosecco 2Go ist zwar mies, der anspruchslose Trinker dürfte allerdings, wenn er den Rausch vor einer Partynacht sucht, damit zufrieden sein.
Die Homepage des Prosecco Blû wirkt um einiges anspruchsvoller, als die des vorangegangen Prosecco 2Go. Prosecco Blû wird als „Prosecco für Fortgeschrittene“ beschrieben und man erhält auf der Seite sogar Informationen über die Herstellungsweise und die Anbaugebiete. Die Aufmachung wirkt für mich in diesem Preisgefüge (1,79€) fast schon etwas too much. Aber schauen wir mal was der Prosecco bieten kann. Die Farbe ist wirklich einzigartig! Ich hatte noch nie einen so durchsichtigen Wein im Glas, er wirkt fast wie Sprudelwasser. Die Nase hingegen ist deutlich angenehmer als beim Dosen-Prosecco und hat leicht florale und zuckrige Noten. Am Gaumen zeigt sich eine feine Perlage, der Rest ist aber unspektakulär bis nicht existent. Für einen Secco außerdem sehr süß und ich bin ehrlich gesagt froh nicht den semi-secco probieren zu müssen. Leider ist auch der Abgang bis auf den Geschmack von Zuckerwasser nicht vorhanden. Ich muss sagen, dass ich selten einen so charakterlosen Tropfen getrunken habe. Der Wein sieht nicht nur aus wie Sprudelwasser, er schmeckt auch wie selbiges, nur kräftig gesüßt. Man muss dem Prosecco Blû allerdings zu Gute halten, dass er durch die Aromenlosigkeit auch keine Fehlaromen aufweist und daher gekühlt als Partygetränk sicher bei einigen Leuten Anklang findet. Ich brauche ihn nicht!
Prosecco Bella Aura Oro
Schaumwein Nr. 3 ist mit 1,99€ der teuerste in dieser kleinen Verkostung. Es handelt sich um den Prosecco Bella Aura Oro. Optisch erinnerte mich die Flasche, als erste verkostete, wirklich mehr an einen Prosecco, als an ein Modeprodukt. Auf der Homepage des Vertriebspartners fand ich folgende Info zum Produkt. „Unter dem Namen Bella Aura Oro werden unmittelbar bei den berühmten Hügeln von Conegliano und Valdobbiadene hochwertige Prosecchi zu einem ausgezeichneten Preis-Leistungsverhältnis produziert. Das Namensprädikat „Oro“ (Gold) kennzeichnet die Premiumlinie. Nur die besten Trauben von hundert angeschlossenen Winzern fliesen in die Produktion für Bella Aura Oro ein.“
Farbe: Auch die Farbe erinnert mit einem schönem hellen Stroh-gelb als erste an einen schönen Schaumwein. An der Nase dann jedoch die Ernüchterung, die ersten Minuten sind dominiert von Klebstoff-Düften. Da der Wein mir so ungenießbar schien, ließ ich ihn für fünf Minuten stehen und konnte glücklicherweise feststellen, dass diese einem dezenten Fruchtbouquet gewichen sind. Am Gaumen zeigte sich der Wein dann recht robust und hatte Noten von Hefe und Apfelmus. Der Abgang hatte einen schönen Schmelz, war aber viel zu kurz. Für mich der beste der drei verkosteten Prosecchi und auch wenn ich ihn mir nicht kaufen würde, ist dies wohl der einzige italienische Schaumwein aus der Probe den ich noch austrinken werde.
Nach Italien geht die Supermarkt-Reise nun nach Spanien. Seccito ist der jugendliche Frauen-Perlwein des spanischen Herstellers Freixenet. Zwar wirkt die Flasche äußerlich ziemlich billig, die eigene Homepage dafür umso pompöser. Sie wirkt wohl überlegt und es gibt dort neben Informationen über das Produkt, einem Beach-Club Guide und einem Seccito-Shop, auch ein paar Cocktailrezepte. Diese sind mit einigen umgemünzten Klassikern wie Kir Royal und Bellini allerdings nicht besonders hervorhebenswert.
Farblich präsentiert der Seccito sich in einem hellen-gelb. Die Nase erinnert massiv an nasses, totes Holz und Waldboden. Ein extrem skurriler Geruch, der so gar nicht zu einem jugendlichen Cava passen will. Wobei ich diesen Geruch durchaus interessant fand! Am Gaumen ist der Wein dann recht leicht und auch die Perlage hält sich zurück. Viel Süße und wieder die Aromen von Waldboden. Der Abgang ist von der Süße dominiert und erinnert an Kandisäpfel. Ein etwas eigenwilliger Wein der wenigstens etwas Charakter besitzt, auch wenn die Süße viel kaputt macht. Für 1,39 € jedoch durchaus akzeptabel.
Auf geht’s nach Deutschland. Rotkäppchen ist wohl eine der traditionsreichsten deutschen Sektkellereien uns besteht bereits seit 1856. Was ich erfreulich finde ist, dass Rotkäppchen sein Sortiment mit sechs Produkten recht überschaubar hält und sicherlich nicht nur bei mir mit dem ersten Sektgenuss verbunden wird. Das Gefühl als 12-13 jähriger das erste Mal ernsthaft mit den Erwachsenen auf den Jahreswechsel anzustoßen, machte einen damals wirklich stolz und glücklich und jeder Tropfen Rotkäppchen schmeckte vorzüglich. Aber wie so oft beim ersten Mal glorifiziert, man die Erinnerung an den Moment immer sehr. Da ich lange kein Rotkäppchen-Sekt mehr im Glas hatte, war ich sehr gespannt. Farbe: Ein helles Lachs-rosa. Die Nase ist recht angenehm und erinnert ein wenig an Himbeeren. Am Gaumen kommt die massive Perlage voll zur Geltung und füllt den Mund erst mal mit Schaum, danach bleibt leider nur noch eine pappige Bonbon-Süße zurück. Schade! Hier hätte man mit einer geringeren Dosage sicher etwas mehr erreichen könne. Auch der Abgang war sehr pappig-klebrig und wusste überhaupt nicht zu überzeugen. Ich hatte mir von dem Rotkäppchen trotz seiner 1,39 € etwas mehr erwartet, es bleibt mir aber wohl leider nur übrig in Erinnerung zu schwelgen.
Last but not Least, sollte der zweite Sekt der Probe folgen. Auch die Wein- & Sektkellerei Deinhard kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Das 1843 gegründete Gut wirbt auf seiner Homepage mit dem Spruch: „Was wäre das Leben ohne Genuss und Leidenschaft?“ An diesem Spruch ist sicherlich viel Wahres dran. Ob der Deinhard Cabinet Trocken allerdings dazu beitragen kann? Eine Dosage von 21,0 g/l (immerhin 10 g/l weniger als beim Rotkäppchen Rosé) lässt wenigstens etwas hoffen. Die Rebsorten Angabe könnte mit „Cuvée klassischer europäischer Varietäten“ allerdings nicht unpräziser sein. Von der Farbe her zeigt der Sekt sich in einem hellen Stroh-gelb. An der Nase erinnert er dann an den Duft von Tropical-Brausetabletten. Am Gaumen für meinen Geschmack immer noch viel zu süß, aber vergleichsweise angenehm, dazu leicht florale Aromen. Der Abgang gestaltet sich dann leider wieder pappig-süß. Deinhard selbst beschreibt den Geschmack des Cabinet Trocken mit „easy-drinking“. Dies bringt es sicher auf den Punkt, wobei ich mir auch bei „easy-drinking“ ein gewisses Maß an Charakter und Gefälligkeit erwarte. Für die entspannte Gartenparty oder als Sekt für die Bowle könnte ich mich mit dem Deinhard jedoch eventuell anfreunden.
Mein Gesamtfazit: Leider waren quasi alle Supermarkt-Schaumweine der totale Reinfall! Während ich die hohe Restsüße bei den Party-Prosecchi nachvollziehbar finde, hat sie mich gerade bei dem Rotkäppchen und Deinhard sehr verwundert. Warum muss ich ein als trocken deklariertes Produkt so süß verkaufen? Ist dies wirklich der Massengeschmack? Warum bringe ich nicht einen wirklich trockenen Sekt, einen halb-trockenen und etwas Süßes auf den Markt? Fragen über Fragen… Die Antworten liegen für mich im Verborgenen. Eine Empfehlung möchte ich daher eigentlich auch nicht aussprechen, aber der Sieger dieser kleinen Verkostung ist der Prosecco Aura Oro. Da Wein eigentlich Freude und keine Kopfschmerzen schenken soll, würde ich Euch raten, ruhig ein paar Euro mehr für einen schönen Winzersekt zu investieren.
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