Nachdem wir im ersten Teil von Trinklaune im Gummibärenland mehr den Li-La-Laune Bär rausgelassen haben und eher elastisch mit dem Tatsachen umgegangen sind, wollen wir uns nun den Fakten zuwenden
und den Stier bei den Hörnern packen.
Trinklaune vs. Red Bull.
Mal schaun, was in ihm steckt….
„Energydrinks“ sind ein gutes Geschäft. Für jeden, der an ihrem Vertriebsweg beteiligt ist.
In der Gastronomie ist Red Bull mit ca. 90% Marktanteil der Spitzenreiter und auch an Kiosken und Tankstellen, liegt der Dosendrink weit vorne.
Red Bull verkauft an die 4 Milliarden Dosen pro Jahr, der jährliche Umsatz liegt bei über 3 Milliarden Euro.
Zwar macht der Anteil von “ Energy-Drinks “ am Gesamtmarkt der alkoholfreien Getränke nur 2 % aus, aber die Margen sind hoch. Der Hersteller produziert den süßen Inhalt für Cent-Beträge, sodass man davon ausgehen kann, dass die Produktionskosten der Dose höher sind als die des Brausewassers.
Nichts wirkt umsatzfördernder als die Verbote für Red Bull, die es noch in wenigen Ländern gibt, oder die Warnhinweise, die immer wieder mal in die Presse lanciert werden oder auch die diversen Legenden, die sich um den Marktführer ranken:
Einer der Zusatzstoffe des Designerdrinks ist das Taurin.
Taurin ist nichts anderes als ein Aminosäure-Abbauprodukt namens 2-Aminoethansulfonsäure. Den Namen Taurin bekam die Verbindung, da sie zum ersten Mal aus Ochsengalle (Bos Tauri, Taurus=Stier) isoliert wurde.
Da passt es allerdings besser, das Gerücht zu streuen, das Taurin stamme aus Stierhoden. – Alles Fake.
Das Taurin in Red Bull ist zudem synthetisch und stammt aus dem Labor.
In einer Studie von Michael Bretz (Institut für Pharmazie und Lebensmittelchemie, Bayerische Julius–Maximilians–Universität Würzburg ) kann man lesen:
„Schenkt man dem Volksmund Glauben, so handelt es sich bei Taurin um „Stierhodenextrakt“, „Bullenurin“ oder „Hodenflüssigkeit von Bullen“. Die davon ausgehenden Assoziationen „Kraft“, „Energie“, „Ausdauer“ und „Männlichkeit“ auf ein Produkt zu übertragen, dürfte ein nicht unmaßgeblicher Grund für die Supplementierung … sein.
Die Hersteller von „Energy“-Produkten fördern diesen sowohl image- als auch verkaufsfördernden Taurinmythos als kostenlose Werbemassnahme. Dazu gehören z. B. Name und Verpackungsdesign des marktbeherrschenden „Energy Drinks“, auf der zwei kraftstrotzende Stiere aufeinander zurasen. Die Ehrlichkeit, die der Abfüller des Getränkes „Sitting Bull“ der Lidl-Stiftung mit seiner Beurteilung von Taurin an den Tag legt, wäre auch von anderen
Lebensmittelproduzenten wünschenswert: „Taurin hat weniger eine physiologische Wirkung, sondern ist mehr assoziativ zu sehen“. Die Diskrepanz zwischen Werbeversprechungen und wissenschaftlichen Tatsachen bezüglich Herkunft und Wirkung von Taurin scheinen viele Verbraucher bis heute jedoch kaum zu kennen…“
Die Aufnahme von Taurin, das im Körper einige Funktionen erfüllt, in Lebensmitteln ist witzlos. Taurin kommt überall in der belebten Natur vor und wird auch im menschlichen Körper in ausreichender Menge produziert.
Red Bull ist zuckrig süß, ergänzt durch Citrus-Säure, sodass man erst ein mal durchaus von einer normalen Limonade sprechen kann. Neben dem Zusatz von Farbstoff, Aromen und überflüssigen wasserlöslichen Vitaminen wurden werbewirksam aktivierende Substanzen wie Glucoronolacton und Inosit beigefügt, doch die orale Aufnahme dieser für einen “ Energy-Drink “ eher abenteuerlich wirkenden Zusatzstoffe ist hier vorteilslos..
Was übrig bleibt ist das Coffein, das mit 80mg pro Dose in etwa dem einer Tasse Kaffee entspricht. – Noch einmal Michael Bretz:
„Fazit: die Wirkung von „Energy Drinks“ hat nichts mit Taurin zu tun, sondern lässt sich auf ihren hohen Gehalt an Coffein zurück führen. Damit der Verbraucher deren hohen Preis … akzeptiert, ist eine gewisse „wissenschaftliche“ Rechtfertigung notwendig, die den Mythos Taurin aufrecht hält. DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) und BgVV (Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin) weisen darauf hin, dass diese Produkte nichts anderes als ungerechtfertigt teurer und übersüsster „kalter Kaffee“ sind.“
Hmm. Immerhin – Das Coffein wirkt! Aber nicht lange. Die Süßung mit Traubenzucker, der in den meisten dieser Dosendrinks enthalten ist, bewirkt wiederum, dass die putschende Wirkung des Coffeins zum Teil wieder aufgehoben wird und längerfristig ins Gegenteil umschlägt. Das besagt eine Untersuchung von Eva Schnabel (ebenfalls Universität Würzburg).
Traubenzucker wirke nur als Energieblitz, sein anschliessender Abbau im Körper wiederum mache… müde.
Haushaltszucker, wie im süssen Kaffee, neutralisiert die belebende Wirkung von Kaffee dagegen nicht.
Ein Fazit: Red Bull hat gute Arbeit geleistet. Der Drink verkauft sich prächtig.
Wenn wir das Wort „Energy-Drink“ in Gänsefüßchen schreiben, dann deshalb, weil vor allem die hohe Energie bemerkenswert ist, die in den Image-Aufbau und die Vermarktung der Limonade gesteckt wird.
Ein Blick auf die Fakten aber entzaubert dieses koffeinhaltige Erfrischungsgetränk.
Die Rezepturen dieser Getränke halten nicht, was sie versprechen, Red Bull ist weitgehend „entmannt“, der Bulle in Wirklichkeit ein Ochse und als „Energy-Drink“ ein zwar aufgepeppter, aber doch eher flügellahmer, überteuerter Soft-Drink.
Genau das Richtige also für unsere soften, bunten, elastischen Gesellen aus dem Gummibärchenland.
Dazu demnächst mehr unter dem Titel „Trinklaune im Gummibärchen Land oder von Gummibären, Red Bull, Currywürsten und Hausmannskost“ – ……… Brumm
ein wunderbarer Artikel!!
Danke Alchymist!
musste an dieses hier denken…
http://m.boingboing.net/2010/05/22/sugary-drinks-and-th.html
Hab mich köstlich amüsiert. Mehr davon!!
@Meik: Gerne
@spanier: Ja, es geht immer noch schlimmer…
@Olaf: Mal schau’n…
Schöner Blog! Zeigt mal wieder was die Leute alles glauben, dass es was bringt!