…oder was man in einer Bar so alles hören kann. – Nein, es geht hier nicht um Klatsch und Tratsch. Auch das Stammtischgespräch findet meist in anderen gastronomischen Betrieben statt. Ein Barbesuch ist (wenn er glückt) ein sinnliches Erleben. Die Intensität des Erlebens eines Genusses hängt von vielen Faktoren ab. Von der Helligkeit, von Farben, von Aromen und Gerüchen, von der Dämpfung des Raumes und von vielem mehr. Damit beschäftigt sich die spannende Forschung der Psychophysik.
Vordergründig wird in einer Bar der Sinn des Riechens und Schmeckens angesprochen. Das Auge trinkt mit und deshalb machen sich die Gastro-Planer auch Gedanken über die Tapeten, die Farben, das Licht. Den Tastsinn befriedigt eine wertige Haptik der Möbel und Gläser, doch was wir hören wird oft genug dem Zufall überlassen. Neulich war ich in einer Bar, hörte ein gelungenes Musikstück und fragte am Tresen, was das denn sei. Man sagte mir: „Eine CD. Leider haben wir keine Hülle mehr. Es war eine Gratis CD aus einer Frauenzeitschrift.“
Oft werden wahllos CDs in den Player geworfen, die den Musikgeschmack der Servicekräfte wiederspiegeln oder es shuffelt endlos via MP3 Player oder Music-Stream.
Ich habe eine zeitlang in einem Kaufhaus gearbeitet, in dem man sich viel Gedanken gemacht hat, um eine verkaufsfördernde Aromenwelt zu schaffen, die die Kunden unterschwellig zum Kauf animieren sollte. Das ganze Theater lief letztlich darauf hinaus, dass man Zitrusöle in elektrische Verdampfer füllte…
Wenn schon soviel Zauber um eine eindimensionale Aromakulisse gemacht wird, sollte die Klangkulisse nicht vernachlässigt werden.
Nun mag man das Klingen der Gläser und das Schütteln des Boston für die schönste Klangkulisse halten, aber das Hören in der Bar hat noch weitere Dimensionen, auf die wir im Laufe der Zeit in der Serie HörBar eingehen wollen.
Den Anfang macht ein älterer Artikel aus dem Ärzteblatt mit dem Titel:
Lautstärke der Musik triggert Alkoholkonsum
Lorient – Barbesucher trinken bei lauter Beschallung mehr Alkohol in kürzeren Zeiträumen als bei leiser Musik. Das behaupten Wissenschaftler der Université de Bretagne-Sud nach einer entsprechenden Untersuchung. …
Betreiber von Geschäften, Cafés und Bars möchten über die Umgebung das Konsumverhalten der Kunden steuern. Demnach soll Musik in Geschäften den Kundendurchsatz, die Verkaufsvolumina oder die Produktwahl beeinflussen. Einer aktuellen Studie zufolge spielt zumindest in Bars nicht nur die Auswahl der Musik eine Rolle.„Frühere Studien haben gezeigt, dass schnelle Musik zu schnellem Trinken führen kann und dass Musik Menschen dazu verleitet, länger in einer Bar zu bleiben, als es ohne Musik der Fall wäre“, berichtet der Autor Nicolas Guéguen von der Université de Bretagne-Sud. „Unsere Studie liefert erstmals einen experimentellen Zugang zur Untersuchung der Auswirkungen von lauter Musik auf den Alkoholkonsum.“ …
Es zeigte sich, dass Musik mit einem Schalldruckpegel von 88 Dezibel im Vergleich zu 72 Dezibel zu mehr Alkoholkonsum in kürzerer Zeit führt. Die Wissenschaftler führen dies darauf zurück, dass die Lautstärke die Barbesucher mehr anregt und dass sie aufgrund der Lautstärke weniger miteinander reden und dann stattdessen trinken. …
„Wir konnten zeigen, dass die Hintergrundmusik in Bars mit dem Konsum von alkoholischen Getränken assoziiert ist“, sagte Guéguen: „Wir müssen daher einerseits Barbesitzer dazu anregen, die Musik in ihren Etablissements nur in moderater Lautstärke zu spielen. Andererseits sollten wir die Konsumenten darüber aufklären, dass laute Musik sie dazu verleitet, mehr zu trinken.“
Interessant und erschreckend zugleich, sollte dieser Artikel nicht zum Vorwand genommen werden, nur Quantität im Auge zu haben, die Bar mit lauter Musik zu beschallen und die Gäste mit der omnipräsenten Top-40-Musik zu quälen. – In einer echten Klassebar werden wir der Alltagswelt entrissen und tauchen ein in den Bereich des „Besonderen“. Aller-Welts-Musik wirkt da eher kontraproduktiv. – Und da ich mich gerne unterhalte, bevorzuge ich zudem die leisen Töne…
Die Klangkulisse trägt entscheidend dazu bei, sich in einer Bar wohlzufühlen. Sie ist Teil des Milieus. Gestaltet man dies Milieu, spricht man von Ambiente, doch dazu ein anderes Mal mehr….
Unter dem Titel HörBar werden wir eine neue Serie von Beiträgen starten und fahren in den nächsten Wochen fort mit
HörBar oder Der Soundtrack des Genusses.
HörBar oder Champagner ist kein Stillwein.
HörBar oder Alphatrinker trinken lauter
HörBar oder Connaisseure trinken lauter
HörBar oder Der Cocktailparty Effekt.
HörBar oder Barmusik.
Ich bin schon sehr auf diese Artikel gespannt!
Hast du weiterführende Lektüre zum Thema Psychophysik?
Und für deinen Fall, dass ich ein gelungenes Musikstück höre, es aber nicht kenne, habe ich zum Glück mein Handy griffbereit, mit dem ich die Stücke dann identifizieren kann – die Technik macht’s möglich 🙂
Hallo Dominik,
Nein, ich habe keine Literatur. – Es ist ein spannendes Thema,
zu dem u.a. an der Hamburger Uni geforscht wird, aber ich habe noch keine Veröffenlichungen gesehen.
Du hast recht. Ich habe auf dem i-phone auch solch ein Musikerkennung-App, aber leider erst seit einem Vierteljahr….