Nachdem es in letzter Zeit durchaus häufiger um größere Häuser in der Champagne ging und sich dies mit einem Bericht über eine Roederer-Verkostung bald auch fortsetzen wird soll es hier zu einem Einschub kommen. Der Winzer David Léclapart aus dem Premier Cru-Ort Trépail produziert im Jahr gerade einmal ca. 10.000 Flaschen seiner gesuchten Champagner. Ähnlich wie Jacques Selosse macht er kompromissloseste Champagner von höchster Güte – mit Ausnahme des Rosé (100 % PN) nur Blanc de Blancs. Jede Flasche ist ein komplett undosierter Millésime – man findet das Jahr auf dem Rücketikett verborgen. Unser Wein der Wahl war die Spitzencuvée des Hauses, L’Apôtre, aus 2004. Ein 15 Monate lang in Eichenfässern ausgebauter Einzellagenwein, der von einem Weinberg mit gut 60 Jahre alten Reben stammt. Ein Jahr – Eine Lage – Eine Rebsorte. Der ultimative, dreifache Bruch mit der Kunst der Assemblage, die Champagner in der Regel auszeichnet.
Nase:
Puristisch und mineralisch, Birne, Fino Sherry, stahlig und klar wie eine frische Brise an einem Frühlingsmorgen.
Gaumen:
Brachial, exorbitant geradlinig und kompromisslos, trocken und stahlig, heftige Mineralizität, Orangenschale. Alles grundiert von einer stringenten, aber hervorragend eingepassten Säure. Ein MONSTERWEIN!
Abgang:
Extrem lang, wird riesengroß, bleibt trotzdem leicht und elegant. Der Gaumen ist völlig ausgekleidet und beschäftigt mit Aromen. Ein Aristokrat.
Ich bin begeistert. Doch obwohl der Wein bereits atmen konnte und Zeit hatte, blieb er etwas facettiert. Also wurde für das zweite Glas von einem Champagner- auf ein Weißweinglas gewechselt. Mit überraschend extremem Ergebnis:
Nase (Weißweinglas):
Zusätzlich offenbart sich eine größere Fülle von Holz, Nuss und Fruchtigkeit, Vanille kommt ebenfalls hinzu.
Gaumen (Weißweinglas):
Hier findet sich eine noch größere Veränderung: Plötzlich tauchen Nusstöne auf. Hasel- und Pecannuss, der Chamapgner bleibt geradlinig und extrem ehrlich. Insgesamt voller und vor allem noch stimmiger und runder im Gesamtbild.
Ein ähnliches Ergebnis hatte ich zwar erwartet, von seiner Deutlichkeit war ich jedoch überrascht. Dementsprechend wanderte der letzte Schluck in ein Montrachet-Glas – großer Chardonnay mit Eiche – dafür ist es ja gemacht…. Die Kohlensäure hält sich gut und der Wein wird noch größer, voller und stimmiger in seinem Gesamtauftritt. Trotzdem wird er nicht breiig, die Aromen bleiben eigenständig und deutlich wahrnehmbar.
Dieser Champagner ist etwas ganz Besonderes. Nichts für jeden Tag, nichts für ein unkonzentriertes Trinken, kein ‚Spaßchampagner‘ im klassischen Sinne. Gönnt man ihm Zeit und Aufmerksamkeit entlohnt er den Genießer mit einmaligen Momenten. Die knapp 80 € bei Wein nach Maß sind extrem gut investiertes Geld – zumal ein paar weitere Jahre Flaschenreife ganz sicher gut tun werden.
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