Deoch an Doruis: Tamdhu

In der Deoch an Doruis Serie ist die Tamdhu Destillerie eine Ausnahme: Um hier beschrieben zu werden, muss eine Brennerei eine Eigentümerabfüllung auf den Markt gebracht haben und noch aktiv produzieren. Dies trifft auf Tamdhu nicht vollständig zu. Tamdhu wurde im April diesen Jahres geschlossen.

Eine Entscheidung des Eigentümers The Edrington Group Ltd., die auf den ersten Blick nicht verständlich erscheint. Whisky erfährt einen Aufwärtstrend. Nicht so stark wie Wodka und Rum, aber es geht aufwärts. Dies ist deutlich erkennbar in den Neugründungen der Glenglye Brennerei in Campbeltown (2004), in den Highlands Daftmill (2005, südlich von Dundee), Loch Ewe (2006, westlich von Ullapool), in den Lowlands Ailsa Bay (2007, südwestlich von Ayr), Roseisle und Huntley in der Speyside (beide 2008) und Abhainn Dearg (2009) der bisher einzigen Brennerei auf den äußeren Hebriden, sowie der Wiedereröffnung von Glenglassaugh in 2008. Zudem ist der Tamdhu Whisky ein wichtiger Bestandteil des Famous Grouse Blends, dem seit 30 Jahren meistverkauften Blended Scotch Whisky in Schottland und des Cutty Sark Blends, der starke Nachfrage in Portugal, Spanien und Griechenland, aber auch Süd-Korea und den USA erfährt. Und dennoch wird die Tamdhu Destillerie geschlossen.

Diese Maßnahme wurde bereits im November 2009 verkündet und stiess auf heftige Kritik der lokalen Presse und der Politik. Offiziell heisst es, dass Tamdhu zu Zwecken der Pflege und Wartung geschlossen wird. Es ist aber wahrscheinlicher, dass die Edrington Group einfach nur Produktionskapazitäten in Zeiten geringerer Nachfrage, und das war für eine gewisse Zeit während der Wirtschaftskrise so, abbauen wollte. Die Lagerbestände des Tamdhu sind sicherlich groß genug, um den Bedarf an Whisky für den Famous Grouse und den Cutty Sark Blend für die nächsten Jahre zu decken. Wenn die Nachfrage wieder ansteigt – und das ist inzwischen bereits erkennbar – und die Lagervorräte geschrumpft sind, wird die Produktion vielleicht wieder aufgenommen und Tamdhu hätte nur einen kurzen Winterschlaf gemacht. Vieles spricht dafür, denn  The Edrington Group wird nicht den Erfolg ihres Flagschiffblends Famous Grouse und des Cutty Sark auf’s Spiel setzen und Tamdhu sicherlich wiedererwecken, wenn die Vorräte zur Neige gehen.

Und deshalb stelle ich heute trotz der Schliessung den Tamdhu Whisky vor:

Tamdhu Single Malt Whisky, ohne Altersangabe, 40% vol.
Farbe goldgelb
Nase Honignoten, fruchtig wie Orangenschale, floral wie Holunderblüten, eine Spur frisches, helles Holz
Gaumen Cremig, weich, etwas alkoholische Schärfe, ansatzweise leichte Bittertöne, dann aber wieder zur Süße zurückkehrend
Abgang Langanhaltend, wärmend, fruchtig, Weintrauben.

Mich persönlich haben die Bittertöne etwas irrtiert, daher gibt es von mir Abzüge in der B-Note. Insgesamt muss ich zwar feststellen, dass der Tamdhu ein grundsolider Whisky ist, aber er versetzt mich auch abgesehen von diesen -zugegeben sehr zurückhaltenden- Bittertönen nicht in Begeisterung.

Oliver Steffens

Jahrgang 1970, wandte sich nach intensiver Beschäftigung mit Weinen und Whiskys der Cocktailbar zu. Selbst einmal in der Gastronomie tätig gewesen, hat ihn dieses Thema nie wirklich losgelassen und so interessiert er sich auch für Barkonzepte und deren Umsetzung.

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