Erst kürzlich bin ich über den neuesten Gin aus dem Hause Hayman auf dem Bar Convent Berlin gestolpert. Der erste Eindruck war so gut, dass ich mir dieses neue Produkt gleich bestellen musste. Nun steht sie vor mir, die 3055. Flasche aus dem ersten Batch. Die Flaschenform mag dem Ginkenner bekannt vorkommen, ist es doch die gleiche, in die auch der Foxdenton 48 abgefüllt wird.
Der Name deutet es schon an: Dieses Destillat ist eine Reminisenz an den Gin, wie er in der Mitte des 19. Jahrhunderts gewesen sein könnte. Denn vor 1861 wurde Gin nicht in Flaschen abgefüllt, sondern in Fässern transportiert und vorgehalten, um dann für den Konsumenten in Gläser oder Krüge abgefüllt zu werden. Somit erfuhr Gin damals schon nahezu zwangsläufig eine Ruhephase im Fass. Dieses Prinzip wendet man bei Hayman’s für den 1850 nun wieder an: Vor der Abfüllung in die Flasche ruht der Gin für drei bis vier Wochen in ehemaligen Scotch-Whisky-Fässern.
Auf die Farbe des Gins hat diese zugegeben kurze Fasslagerung ganz offensichtlich keinen Einfluss. Das Destillat ist so klar und farblos, wie man es von Gin – Ausnahmen bestätigen die Regel – erwartet. Zuweilen ist von hellem strohgelb zu lesen. Das kann ich überhaupt nicht bestätigen.
Die Nase ist süßlich und floral, deutlich ist Wacholder wahrzunehmen, sehr intensives Aroma. Der Geschmack ist für einen London Dry Gin verhältnismäßig süß und deutlich von Wacholder und Koriander geprägt. Der 1850 ist erstaunlich mild und sanft. Pur ist der Hayman’s wahrlich sehr ansprechend – ein sauberes, schmackhaftes Destillat. Doch wann kommt man schon einmal in die Verdrückung, einen Gin pur zu trinken ? Also lautet die Frage: Wie macht sich der 1850 wohl in Cocktails ?
Der Gin & Tonic mit Fentimans war schlicht eine Katastrophe. Das lag aber ganz und gar nicht an dem Gin. Zur Zeit habe ich nur Fentimans, das den gefürchteten Klosteingeschmack aufweist. Auf Nachfrage teilte Fentimans aber mit, dass man dort nichts an der Rezeptur verändert hätte, so daß es zu hoffen gilt, dass es sich nur um eine Charge ‚unsauberes‘ Tonic handelt. Man sollte nicht vergessen, dass es sich beim Fentimans um ein gebrautes Tonic handelt – da kann schon mal etwas schiefgehen. Sicher kann man nun über Endkontrollen und ähnliches unterhalten, und ich möchte auch nicht den Eindruck erwecken, dass der Hersteller, nur weil er ein Naturprodukt herstellt, einen Freibrief hätte, eine Charge seines Produktes in Umlauf bringen zu dürfen, dass von der gewohnten und zu erwartenden Qualität massiv abweicht. Ich möchte nur meine Hoffnung zum Ausdruck bringen, bald wieder über Fentimans Tonic zu verfügen, dass wieder so schmeckt, wie wir es alle gewohnt sind. Insbesondere für das Gin-Tonic-Tasting in Berlin wäre dies sehr wünschenswert. Schlussendlich kann man den Gin & Tonic mit Fentimans wohl nicht in die Wertung aufnehmen. Mit Thomas Henry ging der Gin unter, mit Fever Tree war er okay, die gelungenste Kombination war für mich aber mit 1724.
So weit also zum Hayman’s 1850 im Gin & Tonic. Nun wollte ich herausfinden, was der Gin im Negroni kann. In beiden Drinks, die ich mir rührte – einmal mit Carpano Antica Formula und einmal mit Noilly Prat, konnte sich der Gin nicht gegen den Wermut durchsetzen und überließ diesem die Bühne. Obwohl der Hayman’s 1850 so eine Basis für sehr sanfte, angenehme Negronis bildete, hatte ich den Eindruck, dass er sich in süß-sauren Drinks wohler fühlen würde. Und so war es dann auch: Der Gimlet war überaus schmackhaft.
Mein Fazit zum Hayman’s 1850: Für einen besonders ansprechenden Preis bekommt man ein sehr feines, sauberes Produkt. Die Verwendbarkeit in Cocktails jedoch ist für meinen Geschmack nicht immer gegeben.
Hallo Olli,
ich kann Dir nur beipflichten, der Gin kann gegen Säure echt gut anstinken. Und der Preis ist eine Wucht.
Mit bestem Gruß,
Jörg