Ende im Gelände

Genussstammtisch #3

Am 22. April 2012 war es endlich wieder soweit – Der Münchner Genussstammtisch tagte zum dritten Mal! Ohne Vorgabe eines Themas trafen wir – der Mixologe des Jahres und drei Cocktail-Enthusiasten – uns am frühen Nachmittag zu einer Bottle Party um dem größtmöglichen Genuss zu fröhnen. Welche Ausmaße das ganze annehmen sollte, war uns zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht bewusst 🙂

Champagne Jacquesson – ‚Cuvée 735‘
Nach einer kurzen Stärkung in Form von Baguette mit abgefahrener, aber sehr delikater Algenbutter, starteten wir entspannt mit Jacquessons wunderbarer „Cuvée 735“. Dieser Champagner wurde aus den Jahrgängen 2007, 2005 und 2004 komponiert und enthält 54 % Chardonnay, 20 % Pinot Noir und 26 % Pinot Meunier. An der Nase zeigte er sich sehr weinig, mit einer unglaublich schöne Balance zwischen Frucht und Frische. Am Gaumen merkt man dann deutlich, dass der Wein mit nur 3,5 g/L dosiert ist, wodurch er seine feine Fruchtaromatik und Mineralität präsize zur Geltung bringen konnte. Die feine Perlage sorgt für ein wundervolles Mundgefühl. Der Nachklang ist angenehm trocken und animierend. Fazit: Ein toller Champagner für kleines Geld!

Bollinger – La Grande Année 1999
Nach diesem tollen Aperitif dürstete es unsere Kehlen nach einem weiteren Champagner. Groß war daher die Freude, als Christian von den Cocktailwelten etwas wirklich Besonderes kredenzte – Bollingers legendäre Grande Année aus dem Jahr 1999. Für diesen Jahrgangschampagner wurden 63% Pinot Noir mit 37% Chardonnay vermählt und verbrachten entspannte acht Jahre auf der Hefe. Die Trauben dazu stammen zu 82% aus Grand Crus und die restlichen 18% aus Premier Crus. An der Nase merkte man dem Wein seine Reife durch intensive Töne von Aprikose, Pfirsisch, Honig und Eiche zwar an, trotzdem war er zeitgleich auch noch sehr vital und jugendlich. Am Gaumen zeigt er die typische dunkelfruchtige Bollinger-Aromatik, die mir durch eine für meinen Geschmack zu hohe Dosage (7-9 g/L) jedoch etwas zu zu feminin erschien. Der Nachklang wirkte allerdings sehr balanciert mit Tönen von Haselnuss, Trockenfrüchte und Toast. Fazit: Ingesamt ein toller Wein, der den Namen Grande Année zu Recht trägt. Die Jahrgänge 1990 und 1996 haben mich allerdings mehr überzeugt, da sie insgesamt ausgewogener erschienen.

Jacquesson - " Cuvée 735", Bollinger Grande Année 1999

Jacquesson – „Cuvée 735“, Bollinger Grande Année 1999

Weingut Uli Metzger – Sonnenberg „Filet“ Riesling trocken 2011
Als nächstes folgte ein junger Riesling aus der Pfalz. Das in Grünstadt-Asselheim gelegene Weingut Uli Metzger zeichnet sich durch eine, zum Namen passende Etikettengestaltung aus. Je nach Güte der Weine werden diese in die Kategorien Flanke (Gutsweine), Pastorenstück (mittlere Kategorie) und Filet (edelste Weine) unterteilt. Wir entschieden uns für die Kategorie Filet, da diese mit 7,80€ pro Flasche immer noch absolut fair bepreist ist. An der Nase zeigte der Riesling delikate Pfirsich-, und Birnentöne. Am Gaumen wirkte er ebenfalls sehr fruchtig, saftig ohne dabei jedoch die feine Kräuteraromatik zu überdecken. Der Nachklang war von einer feinen Süße geprägt und mittel-lang, Fazit: Absoluter Preis-/Leistungstipp!

Weingut Velich/Dallmayr – PMG „Tiglat“ Fass Nr. 9/15 2006
Nachdem die bisherigen Weine doch eher erfrischend waren, sollte es nun etwas kräftiger werden. Ins Glas kam der wohl legendärste Chardonnay aus ÖsterreichDer Tiglat vom Weingut Velich. Tiglat ist der Dialektname der Riede Hedwigshof und mittlerweile auch vielen Weingenießern außerhalb der deutschsprachigen Länder ein Begriff. Wir hatten das Glück eine von nur 294 Flaschen zu ergattern, die speziell für Dallmayrs Edel-Kollektion „PMG“ („pour ma gueule“-„für meinen Rachen“) abgefüllt wurde. Dieser Tiglat durfte vier Monate länger im Fass liegen als die normale Abfüllung und konnte seine Aromen außerdem durch eine längere Flaschenreife zusätzlich harmonisieren. An der Nase zeigte der gold-grünliche Wein ausgeprägte Apfel-, Birne-, Butter- und Zitrusaromen. Dazu gesellte sich Vanille, die dem Holzausbau zuzuschreiben ist. Am Gaumen war der Wein ebenfalls sehr üppig zeigte sich jedoch noch etwas verschlossen. Ich glaube, hier hätte ein rechtzeitiges dekantieren noch einiges an Aromen freisetzten können. Trotzdem präsentierte er sich sehr mineralisch, fruchtig und mundfüllend. Der Nachklang war erstaunlich lang und wurde von der perfekt eingebundenen Holznote dominiert. Fazit: Ein absolut gelungener Chardonnay, der sich sicherlich noch viele Jahre in der Flasche hält und vermutlich erst in 5 Jahren seinen Höhepunkt erreicht.

Schloss Gobelsburg – Riesling Alte Reben 2006
Auch der nächste Wein stammte aus Österreich – Ein Riesling aus dem 1171 gegründeten Schloss Gobelsburg. Das Weingut wurde 1996 wurde von Michael & Eva Moosbrugger und Willi & Edwige Bründlmayer übernommen und schnell in die Spitze der österreichischen Weingüter geführt. Die Trauben für diesen Wein stammen von über 55 Jahre alten Reben, die verhältnismäßig wenig Beeren tragen. Die wenigen Früchte der Rebstücke sind dafür umso intensiver, was sich auch im Wein bemerkbar machte. An der Nase zeigte der Wein eher reife Rieslingaromen wie Orange, Pfirisch und einen Hauch Kamille. Am Gaumen sehr cremig und einschmeichelnd. Der Nachklang war lang mit einem kräuterwürzigen Geschmack. Fazit: Ein ehrlicher und authentischer Riesling. Spannend!

Metzger, Velich, Gobelsburg

Metzger, Velich, Gobelsburg

Kaffee
Nicht, dass sich bei uns die ersten Ermüdungserscheinungen einschlichen, aber ein guter Kaffee zwischendurch schadet eben nie. Besonders wenn er so spekatukär präsentiert wird wie hier.

Kaffee

Kaffee

Das Wasser wird im unteren Glaskolben durch eine Wärmelampe bis zum Sieden erhitzt. Durch die nun veränderten Druckverhältnisse „wandert“ das Wasser durch das Kaffeepulver in den oberen Kolben. Hier kann der Kaffee nun für ca. 30 sec ziehen, bevor man die Wärmelampe abschaltet und der fertig gebrühte Kaffee wieder in den unteren Kolben fließt. Eine hocharomatische Bohnenmischung von jb Kaffee sorgte dafür, dass nicht nur die Zubereitung des Kaffees ein Hochgenuss war. Filterkaffee ist eben doch nicht zu unterschätzen!

Markus Molitor – Wehlener Klosterberg Pinot Blanc* 2010

Markus Molitor - Wehlener Klosterberg Pinot Blanc* 2010

Markus Molitor – Wehlener Klosterberg Pinot Blanc* 2010

Nach dieser kleine Verschnaufpause sollte es wieder mit Vollgas weitergehen. Serviert wurde ein Weißburgunder vom Weingut Markus Molitor. Allerdings kein gewöhnlicher Weißburgunder, denn diesem Tropfen wurde es vergönnt in einem gebrauchten Bowmore-Hogshead ausgebaut zu werden. Im Gegensatz zu anderen Whisky-Wein Experimenten wurde dieser Weißburgunder allerdings komplett im Fass ausgebaut und durfte nicht nur die letzten Wochen in diesem verbringen. An der Nase war die feine Raucharomatik deutlich wahrnehmbar, ohne dabei jedoch die florale Grundtöne des Weißburgunders zu überdecken. Auch am Gaumen waren Rauch und Torf deutlich zu schmecken, hielten sich aber dezent im Hintergrund um der eleganten Frische und Mineralität des Weines den Vorzug zu lassen. Der Nachklang war äußerst stimmig und der sanfte Rauchgeschmack war noch nach mehreren Minuten wahrnehmbar. Fazit: Ein extrem spannender Wein, da er komplett neue Wege beschreitet und dazu auch geschmacklich sehr gelungen ist. Zwar haben wir den Wein ohne Essensbegleitung genossen, ich stelle ihn mir jedoch als idealen Begleiter zu dem norddeutschen Gericht Birnen, Bohnen und Speck vor. Einziges Manko ist, dass nur ein Hogshead, also gut 250 Liter, befüllt wurden. Diese geringe Menge wurde in 189 Normalflaschen, 30 Magnums und 12 Doppel-Magnums abgefüllt und war leider innerhalb weniger Tage ausverkauft. Wer jedoch nicht das Glück hatte eine Flasche zu ergattern muss nicht verzweifeln, denn aus verlässlicher Quelle weiß ich, dass das nächste Fass bereits gefüllt ist!

Schloss Gobelsburg – Grüner Veltiner Beerenauslese 2007
Für den nächsten Flight waren drei Süßweine angesetzt wobei wir uns durch die drei süßesten Prädikatsstufen trinken wollten. Den Anfang machte eine Beerenauslese von dem bereits vorgestellten Schloss Gobelsburg. Dieser goldene Wein zeigte an der Nase Orangen- und Zitronenaromen und am Gaumen eine schöne Säure, die ich in dieser Form nicht erwartet hätte, die aber sehr gut zu der Süße der Beerenauslesen gepasst hat. Fazit: Durch die Säure wirkt der Wein zu keiner Zeit zu schwer und sorgt für ein entspanntes Trinkerlebnis.

Markus Molitor – Wehlener Klosterberg Riesling Eiswein 2007
Nr. 2 bei den Süßweinen war ein Riesling Eiswein, dessen Traube aus dem gleichen Weinberg stammten wie auch die Weißburgunder-Reben für den Whisky-Wein. Natürlich war der gewählte Jahrgang 2007 noch sehr jung, aber der Wein zeigte an der Nase schon jetzt ein tolles Fruchtspektrum von exotischen Früchten wie beispielsweise Feige. Am Gaumen vereinte sich eine schmackhafte Honigsüße mit einer vollmundigen, saftigen Frucht und einer knackigen Säure. Der Nachklang war sehr intensiv und ließ ein Lächeln zurück. Fazit: Ein gelungener Eiswein mit viel Potential!

Schloss Gobelsburg – Riesling Trockenbeerenauslese 2009
Der letzte Wein des Tages sollte eine österreichische Riesling Trockenbeerenauslese von Schloss Gobelsburg sein. Fast kupfer-rot floß dieser Elixier ins Glas und zeigte sich an der Nase höchst aromatisch mit voller Pfirsisch- und Aprikosenfrucht. Am Gaumen sehr konzentriert und mit einer gut eingearbeiteten Säurestruktur. Der Nachklang war nussig, fruchtig und sehr lang. Fazit: Eine wundervolle Trockenbeerenauslese zum fairen Preis.

Beerenauslese, Eiswein, Trockenbeerenauslese

Beerenauslese, Eiswein, Trockenbeerenauslese

Ardbeg – Serendipity
Nach dem ganzen süßen Zeug mussten wir unseren Gaumen wieder etwas anderes gönnen und läuteten mit einem speziellen Whisky langsam den Ausklang des Abends ein. Der Getreidebrand der Wahl war dabei ein Blend von Ardbeg, der auf den klangvollen Namen Serendipity (‚eine zufällige Beobachtung von etwas ursprünglich nicht Gesuchtem‘) hört. Dieser Blend war angeblich ein Unfall bei dem „zufällig“ 2/10 12jähriger Glen Moray mit 8/10 viel älterem Ardbeg vermischt wurden. Ob Marketing-Gag oder nicht, der Whisky präsentiere sich sowohl an Nase, als auch an Gaumen relativ blumig, leicht und sehr malzig. Auch wenn der Nachklang nicht sehr lang war, hielt die gesamte Verkostungsrunde den Serendipity für gelungen (Fazit).

Hans Reisetbauer – Zwetschke Herzstück „straight from the still“ 2011
Den Abschluss bildete ein Zwetschkenbrand von Meisterbrenner Hans Reisetbauer. Wir verkosteten eine Probe, die letzten Sommer destilliert wurde und direkt von der Brennblase in die Flasche floß. Frisch destilliert wurde der Brand natürlich auch noch nicht verdünnt und kam daher mit knackigen 83% ins Tasting-Glas. An der Nase zeigte der Brand viel weniger Schärfe als vermutet und klare, sehr definierte Zwetschken- und Kernaromen. Am Gaumen waren die 83% dann natürlich etwas zu heftig, so dass wir den Brand mit Wasser auf ca. 50% vol. verdünnten. Jetzt offenbarte er eine cremige Struktur mit sehr fleischiger Frucht und einem tollen Marzipanaroma. Der Nachlang war geprägt von vollreifen Zwetschkenaromen. Fazit:Natürlich merkte man, dass dem Brand etwas Reife fehlte, nichtsdestotrotz war es bereits in diesem Zustand ein fantastischer Obstbrand.

Ardbeg - Serendipity, Hans Reisetbauer - Zwetschke

Ardbeg – Serendipity, Hans Reisetbauer – Zwetschke

Gesamtfazit: Dieser mehrstündige Verkostungs-Marathon war einer der spannendsten, die ich in letzter Zeit erleben durfte. Dadurch, dass kein Thema vorgegeben war, wurde man mit vielen neuen und spannenden Produkten konfrontiert. Die „Gewinner“ der Verkostung waren für mich: Jacquesson – Cuvée 735, Molitor – Pinot Blanc* und der Kaffee. Jacquesson und der Kaffee deshalb, weil sie einfach gezeigt haben, wie viel Potenzial in ihrer jeweiligen Getränkekategorie steckt und der Whisky-Wein, weil er ein durchweg gelungenes Experiment darstellte.

Ende im Gelände

Ende im Gelände

Robin Stein (†)

Robin Stein, Jahrgang 1987, war studierter Lebensmitteltechnologe und der Jüngste im Team. Sein Weg führte ihm nach dem Abitur 2006 über ein viermonatiges Praktikum in Pusser's New York Bar in München nach Bergisch-Gladbach, wo er eine Ausbildung als Hotelfachmann im Schlosshotel Lerbach absolvierte. Seine persönlichen Honigfallen waren Champagner, Obstbrände, Wein und Whisk(e)y.

2 Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.