„Sterne am Champagnerhimmel“ haben wir versprochen, als wir vor gut drei Jahren anfingen, Trinklaune zu schreiben. Heute ist es wieder soweit. André Clouet bescherte uns mit seinem 1911 einen fantastischen wie vielschichtigen Champagner allerhöchster Güte.
In Reminiszenz an einige Flaschen Champagner aus dem Jahr 1911, die hervorragend gewesen sein sollen, wurde die Spitzencuvée des Hauses André Clouet benannt. 100 % Pinot Noir aus zehn Lagen in Bouzy, 1911 Flaschen pro Jahr werden abgefüllt. Es handelt sich um eine Cuvée aus dem Jahr 2002sowie einer Solera der Jahre 1998-2001. Unsere Flasche wurde am 05.09.2011 von Hand degorgiert, der Wein hat den biologischen Säureabbau durchlaufen.
Genug harte Fakten, getrunken haben wir aus Weißweingläsern – eine Wahl, die ich nur empfehlen kann.
Nase:
Sehr voll, intensiv, ein Wein, der in sich ruht und diese Balance ausströmt. Alles integriert, nichts sticht hervor, viel Hefe. Wäre diese Nase eine Farbe, es würde sich um ein sattes, beruhigendes Violett-Blau handeln. Was oft als ‚weinig‘ beschrieben wird empfinde ich als eine fast samtig-weiche Traubigkeit. Erinnert mich an die Tiefe von Bollingers Vielles Vignes Francaises.
Mit Zeit gesellen sich erst rosinige Töne dazu, nach ca. 1,5 Stunden eine feine Nussigkeit.
Gaumen:
Primär überraschend: Der 1911 hat ziemlich viel Zug! Eine sehr solide Säure fällt auf, nicht aber wie in einem jungen Blanc de Blancs, sie hat keine Höhen, ist nicht stachelig-pieksend, eher füllend und präsent. Damit steht das Gerüst dieses Weines. Hierauf erlebt man eine beeindruckende Vielschichtigkeit, irgendwo ist der Wein bretthart, knochentrocken, die Frucht ist momentan eher dezent gearbeitet und weniger traubig-dunkel, eher weißfruchtig und schlank. Die vielbeschworene Mineralität ist exakt hier zu finden. Im Zalto Burgunderglas wird die Nase intensiviert und der Wein schmeckt, wie nasse Kreide riecht. Insgesamt kein besseres Erlebnis, jedoch ein teilweise verändertes, hochinteressantes.
Der 1911 dürfte ein extrem vielseitiger Essensbegleiter sein, er bietet so viel an, dass sowohl Meeresfrüchte als auch geschmorte Auberginen mit Balsamico denkbar sind. Aber auch als Apero, solo genossen, ist der Wein wunderbar und lässt nichts vermissen.
Mit Zeit kommt etwas Oloroso-Sherry dazu, gut eingebunden. Die Kohlensäure des 1911 ist beiläufig perfekt, sie schäumt nicht, sie tut, was sie soll, drängt sich aber kein bisschen auf. Hervorragend.
Zweifelsohne war hier kein Anfängerchampagner im Glas. Aber ein wirklich großer Wein, der vor pulsierender Energie strotzt und mit ca. 60,00 € im völlig bezahlbaren Rahmen bleibt. Mit weiterer Flaschenreife wird er vermutlich noch mehr zusammenwachsen, drei, sechs und zehn Jahre nach Dégorgement müsste man ihn nochmal trinken. Ihr bekommt ihn bei Lobenbergs Gute Weine. Eines der besten Weinerlebnisse der letzten Zeit.
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