In den beiden vorangegangenen Teilen dieser Serie lagen die Schwerpunkte auf Textur und Struktur der Piña Colada. Obwohl die Idee immer klar erkennbar ist, handelt es sich bei diesen Drinks doch um De- und Rekonstruktionen, die die Besonderheiten dieses Drinks betonen sollen.
Der Charakter der Piña Colada ist beide Male jedoch ein wenig ins Hintertreffen geraten. Dieser entspannte Drink, am besten zu genießen zum Sonnenuntergang am Strand, wenn die leichte Brise und das rotgoldene Licht die Schwere des Abends noch zu verbergen vermögen. Nicht zu alkoholisch, samtig, fruchtig und ein Schuss Exotik – das ist die Piña Colada.
In diesem Sinn ist auch die heutige Variante gedacht. Der Weg von schundiger, verwässerter Massenware hin zu einem hochwertigen Spaßmacher führt meines Erachtens nur über einen Faktor: Produktqualität. Was immer in diesen Drink wandern soll – ist es sorgfältig ausgewählt und geschmacklich überzeugend, wird auch das Gesamtergebnis stimmen.
Bei der Auswahl der Zutaten stößt man auf eine breitere Vielfalt, als ich annahm, Klar ist: Ananas, Kokos, Rum. Unklar ist: wie denn?? Frische Ananasstücke, im Blender mitverarbeitet und damit auch dieser Zubereitungsart Tribut zollend? Oder frisch entsaftete Ananas? Cream of Coconut – nah zum Klassiker? Oder Kokospüree, das aufgrund seiner natürlichen Fettigkeit ebenfalls eine samtigweiche Textur einzuverbringen vermag? Und natürlich: welcher Rum? Ein milder weißer Rum hat mir zu wenig Körper – die Optionen waren für mich aromatische weiße Rums oder dunkle, vollmundige Kandidaten. Auch vor dem Mischen verschiedener Rums muss man hier nicht zurückschrecken. Erlaubt ist, was schmeckt.
Im Rahmen eines durchaus als ausgewachsen zu bezeichnenden Küchenchaos habe ich mich meiner entspannten Piña Colada genähert. Die Ergebnisse folgen jetzt.
Ananassaft vs. pürierte Ananas
Frisch entsafteter Ananassaft ist eine feine Sache. Trotzdem konnte mich die im Blender hergestellte Version mit frischer Ananas mehr überzeugen. Bei diesen Überlegungen touchiert man zwangsläufig den Aspekt der Textur. Auch der frische Ananassaft bringt eine recht hohe Viskosität mit sich und neigt dazu, sich zu entmischen. Püriert man gleich ganze Fruchtstücke, wird die Sämigkeit erhöht. Was man lieber mag, bleibt Geschmackssache.
Welches Kokosprodukt?
Kokosmilch – Cream of Coconut – Kokospüree. Diese drei Kontrahenten standen mir zur Verfügung. Kurz und knapp: Das Püree hat das Rennen gemacht. Die natürliche Fettigkeit erspart den Einsatz von Sahne, Kokosmilch blieb zu lasch im Aroma und Cream of Coconut bleibt ein Produkt, das mir suspekt ist. Durch das Püree kann man ein feines Kokosaroma in den Drink bekommen, das nicht dominiert. Ravifruit war die gewählte Marke, da Boiron ausverkauft war. Beide Produkte sind empfehlenswert.
Süße und Säure
Ich ging mit dem festen Vorsatz an meine Versuche, der Piña durch den Zusatz frischen Limettensaftes einen Teil ihrer Schwere zu nehmen. Meine erste Ananas hatte jedoch eine recht starke Säuerlichkeit, sodass ich am Ende sogar noch mit etwas Zuckersirup nachsüßen musste.
Rum Rum Rum
Diverse Rums standen zur Verfügung – in der ersten Runden namentlich Atlantico Platino und Reserva, Plantation Three Stars und New Grove Oak Aged. Konnten letztere überzeugen, gingen die Atlanticos unter. Tolle Rums, aber an dieser Stelle ungeeignet. In der nächsten Runde kamen noch einige kräfitgerer Rums zum Einsatz, Appleton 12 und Gosling’s Black Seal. Unabhängig vom zugrundegelegten Rezept waren meine Favoriten erneut die Versionen mit Plantation Three Stars und New Grove. Je nach Rum verändert sich der Charakter des Drinks, mit dem neuen weißen Plantation Rum, der sich aus Destillaten von Jamaica, Barbados und Trinidad zusammensetzt, bekommt man eine aromatische, etwas stringentere Piña Colada ins Glas, die dem Gedanken weißen Rums treu bleibt. New Grove hingegen ist eher der Schmeichler, fruchtig und samtig. Ebenfalls wirklich gelungen.
Fazit – mein Rezept
Final wurde für mich klar – macht man sich eine entspannte Piña Colada, kann man bei diesem Drink deutlich stärker als bei anderen Getränken dem eigenen Geschmack entsprechend variieren. Wichtig bleibt nur: Qualität. Reife und Güte der Ananas bestimmen maßgeblich, wie der Drink schlussendlich schmeckt. Ein tolles Kokosprodukt und guter Rum werten eine schwache Ananas nicht auf. Mein persönlicher Favorit sah am Ende so aus:
Piña Colada
5 cl Rum der Wahl (Plantation Three Stars / New Grove Oak Aged Rum)
5 cl Kokospüree
dashes Zuckersirup / Limettensaft (nach Geschmack und Säuregehalt der Ananas)
1/4 Ananas
Alle Zutaten mit Eis im Blender verarbeiten. Auf Eis servieren. Bob Marley hören.
Damit ist dieser Drink gewissermaßen der Anti-Mixologe. Kein tröpfchenweises Abschmecken, kein Rühren linksherum. Erlaubt ist, was schmeckt. Das Ergebnis wird stimmig bleiben, solange Qualität ins Glas wandert. Wunderbar, wie ich finde – das wichtigste Zeichen, um zu qualitätsbewusstem Trinken zu kommen und damit einer meines Erachtens höchst relevanten Facette der Sphäre gemischter Getränke. Cheers.
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