Die Natur in der Flasche – Champagner und Geschichte

In unserem Gastbeitrag zum Champagnermonat unserer Freunde von Sternefresser.de, beende ich meinen Exkurs über Bollingers „Vieilles Vignes Françaises“ mit der Feststellung, „dass der Geschmack eines großartigen Produkts nicht unbedingt nur von den Fertigungsmethoden, sondern teilweise auch von der Natur- und Menschheitsgeschichte abhängt. “ Diese Idee habe ich in den letzten Tagen weiterverfolgt und in diesem Artikel kurz festgehalten, welche technischen und mikrobiologischen Errungenschaften den Genuss eines großartigen Champagners eigentlich erst möglich gemacht haben.

Die Natur in der Champagnerflasche

Um zu verstehen, welche industriellen und naturwissenschaftlichen Entwicklungen in einer Flasche Champagner stecken so muss man die evolutionäre Entwicklung des Weines etwas näher betrachten.
Bereits im altmesopotamischen Raum wurde mit Hilfe von Hefen – wenn auch unbewusst – Brot und Bier hergestellt. Auch früherer Wein basierte auf der Spontanvergärung von Traubensaft durch wilde Hefen aus der Umgebungsluft. Da zur Aufbewahrung des Weins über viele Jahrhunderte jedoch nur offene Gefäße, beziehungsweise mit hölzernen Zapfen undicht verschlossene Fässer dienten, war der Wein starker Oxidation ausgesetzt und seine Haltbarkeit somit relativ begrenzt. Erst als sich gegen Ende des Mittelalters die Glasflasche zur Getränkelagerung durchsetzte und der nach dem Untergang des römischen Reiches in Vergessenheit geratene Korken wiederentdeckt wurde, war es möglich das Eindringen von Luft zu verhindern. Durch die nun abgedichteten Flaschen entstand jedoch ein weiteres Problem. Es kam öfters zu einer ungewünschten zweiten Gärung in der Flasche, die durch das gebildete Kohlendioxid das fragile Glas bersten ließ. Erst als die Engländer Anfang des 17. Jahrhunderts eher zufällig damit begannen ihre Schmelzöfen anstelle von Holz mit heißer verbrennender Steinkohle zu befeuern, war es möglich deutlich robusteres Glas herzustellen. Dieses neue Glas war endlich in der Lage, die enormen Drücke (bis zu 6 bar) in einer Flasche auszuhalten, in der eine zweite Gärung stattfand. So entdeckten die Engländer also mehr oder weniger zufällig den Schaumwein und konnten diesen bereits einige Jahre vor den Franzosen genießen, die ihre Schmelzöfen weiterhin mit Holz befeuerten. Offensichtlich auf den Geschmack gekommen, erkannten die Engländern auch die Möglichkeit die zweite Gärung gezielt durch Zugabe von Zucker in Gang zu setzten ohne jedoch die Wirkung der Hefen im Gärprozess wirklich zu verstehen. Diese erkannte erst Louis Pasteur im Jahr 1857 und ermöglichte dadurch mit weiteren Forschern wie Chaptal und Robinet das Verständnis um die Produktion von modernem Champagner. Der Champagner hat also seinen Anteil an der Beherrschung des Drucks und zeigt auf verführerische Art und Weise zu welchen Genüssen uns der kontrollierte Einsatz von Mikroorganismen gebracht hat.

À votre santé!

Robin Stein (†)

Robin Stein, Jahrgang 1987, war studierter Lebensmitteltechnologe und der Jüngste im Team. Sein Weg führte ihm nach dem Abitur 2006 über ein viermonatiges Praktikum in Pusser's New York Bar in München nach Bergisch-Gladbach, wo er eine Ausbildung als Hotelfachmann im Schlosshotel Lerbach absolvierte. Seine persönlichen Honigfallen waren Champagner, Obstbrände, Wein und Whisk(e)y.

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