Pierre Ferrand - Mémorable 26/30

Trinklaune in Cognac – Tag 2 / Teil 2

Wie in Tag 2 / Teil 1 bereits erwähnt, fuhr ich nach dem Lunch mit Vertretern von Cognac Prince Hubert de Polignac zum Hauptsitz des Unternehmens um dort den Rest der Gruppe zu treffen. Der Hauptsitz von Polignac liegt übrigens direkt neben der Produktionsstätte von Grey Goose, der bekannterweise auch in Cognac produziert wird.
Nach einer kurzen Begrüßung durch den Kellermeister führte uns dieser durch die Lagerhäuser und zeigte uns zum Schluss noch die imposante Schatzkammer des Unternehmens, die einige Demijohns aus dem 19. Jahrhundert enthielt. Ebenfalls im Schatzkeller fand sich folgende Flaschenreihe, die den farblichen Einfluss der Fasslagerung auf das Ausgangsprodukt sehr gut verdeutlicht.

farbliche Abstufungen

farbliche Abstufungen

Während ganz links ein frisch gebrannter eau-de-vie zu sehen ist, reicht die farbliche Abstufung bis zu einem ca. 50 Jahre alten Brand, der quasi keinen Farbstoff mehr aus dem Fass aufnimmt. Auf dem Bild lässt sich ebenfalls der schwarze Schimmel (Torula Compniancensis) gut erkennen, der sämtliche alten Fasskeller in Cognac besiedelt und durch den Part des Anges (Verdunstung) genährt wird. Nach dem Schatzkeller wurden wir in das Blending-Office des Kellermeister geführt, welches nicht nur imposant anzusehen war, sondern auch zeigt wieviel Arbeit und Fachwissen hinter der Kreation eines guten Blends steckt.

Blending-Office

Blending-Office

Was nun noch fehlte, war natürlich die Verkostung der Produkte von Cognac Prince Hubert de Polignac. Glücklicherweise lag der Tasting-Raum direkt neben dem Blending-Office, so dass es direkt losgehen konnte:

1.) Reynac „Vieux Pineau Blanc“

Als erstes verkosteten wir einen Pineau de Charentes von Reynac, einer Firma, die ebenso wie Cognac Prince Hubert de Polignac, zu der Gruppe H. Mounier gehört. Pineau de Charentes ist ein für die Cognac-Region typisches Produkt, welches aus Cognac und unvergärtem Traubenmost besteht und sowohl als Aperitif als auch begleitend zum Dessert getrunken werden kann. Der von uns verkostete Pineau wurde mind. 15 Jahre gelagert und zeigte eine schöne Dörrobst-Aromatik mit Noten von Rosinen, Aprikosen und einen angenehmen Rancio-Geruch.

2.) V.S.O.P.
Der VSOP von Polignac war anfangs etwas verschlossen, öffnete sich jedoch immer mehr und zeigte deutliche Nuancen von Kalk, Feigen und Bitterorangen. Ingesamt wirkte er älter als erwartet und hat mir sehr gut gefallen.

3.) X.O. Royal (~25 Jahre alte Cognacs)
Anfangs ebenfalls etwas verschlossen, öffnete sich dann jedoch schnell und war an der Nase sehr würzig. Am Gaumen einen Tick süßer als der V.S.O.P., aber auch deutlich komplexer. Der lang präsente Nachklang zeigte deutliche Noten von Bitterorangenmarmelade.

4.) EXTRA (~35 Jahre alte Cognacs, 100% Grande Champagne)
Der an der Nase trockene und sehr finessenreiche EXTRA, zeigte sich am Gaumen sehr explosiv und erfüllte schnell den gesamten Mundraum mit Dörrobst und Eichenaromen. Hat mir sehr gut gefallen.

5.) Réserve du Prince (~70 Jahre alte Cognacs, bis zu 100 Jahre alt)
Der in Deutschland (noch) nicht erhältliche Réserve du Prince ist eines der Premium Produkte von Polignac und zeigte eine äußerst reine und puristische Nase. Am Gaumen wiederum ein explosiver Auftritt und ein immens langer Nachklang. Trotz des hohen Alters der verwendeten eau-de-vie wirkt dieser Blend zu keiner Zeit überaltert, aber natürlich auch nicht zu jung.

Verkostung bei Polignac

Verkostung bei Polignac

Die sympathischen Mitarbeiter von Cognac Prince Hubert de Polignac verabschiedeten uns mit einem netten Give-Away und wir fuhren direkt weiter zu:

Cognac Ferrand

Nach kurzer Fahrt durch die Weinberge der Grande Champagne erreichten wir Cognac Ferrand, wo uns Monsieur Alexandre Gabriel (Präsident des Hauses Ferrand) persönlich empfing und uns einen ausführlichen und leidenschaftlichen Vortrag über die verwendeten Brennblasen und die Produktionsmethden von Cognac Ferrand hielt. Nach der Verkostung des hochprozentigen aber sehr fruchtigen „Coeur“ (Herzstück) von Ferrand, ging es weiter in den ersten Keller des Hauses.

Brouilly (Raubrand), Coeur (Herzstück) und Secondes (Nachlauf)

Brouilly (Raubrand), Coeur (Herzstück) und Secondes (Nachlauf)

Den ersten Keller den Monsieur Gabriel uns zeigte wurde nicht nur von einer Cognac liebenden Katze bewacht, sondern war auch ausgesprochen trocken. Er erzählte uns daraufhin, dass es sein Ziel ist uns einen trockenen und einen feuchten Keller zu zeigen, damit wir die Unterschiede in der Reifung wahrnehmen können. Um Unterschiede wahrnehmen zu können muss natürlich verkostet werden und so zog  Monsieur Gabriel eine Fassprobe vom 2010er mit 54% vol.

2010er Fassprobe bei Cognac Ferrand

2010er Fassprobe bei Cognac Ferrand

Die Fassprobe zeigte eine ähnliche Fruchtigkeit wie das „Coeur“, wirkte jedoch bereits etwas würziger und zusätzlich leicht floral. Vom Fass selbst war noch nicht sehr viel zu schmecken, was daran liegt, dass hier ein altes Fass zur Lagerung verwendet wurde. Ferrand experimentiert jedoch gerade ein wenig mit den Fasslagerungsmethoden, was man an der obersten Daube erkennt. Diese new oak Daube wurde neu eingesetzt, damit das Produkt nur leichte Holznoten aufnimmt und nicht direkt dem starken Holzkontakt eines kompletten new oak Fasses ausgesetzt ist. Nach dieser Probe ging es in den feuchten Keller des Hauses, den aus Sicherheitsgründen immer nur fünf Leute gleichzeitig betreten durften. Da der Keller bereits 1776 erbaut wurde, sind die französischen Behörden hier leider nicht besser als die Kollegen in Deutschland. Als ich den Keller betrat, fühlte ich mich zwischen den alten Fässern allerdings direkt sehr sicher und hätte diesen am liebsten für lange Zeit nicht verlassen. Dies lag sicherlich auch an den spannenden Proben, die  Monsieur Gabriel uns hier unten probieren lies.

1.) Fassprobe – 1976, 45%
Sehr wuchtig, intensiv und komplex. Von der Stilistik her allerdings nicht mit der jungen 2010er Probe aus dem trockenen Keller vergleichbar.

2.) Demijohnprobe – 1936
Hier zeigte  Monsieur Gabriel zum ersten Mal seine Großzügigkeit und offerierte uns eine Probe aus einen der sehr raren 1936er Demijohns. Dieser reifte ca. 70 Jahre im Fass und die Engel beraubten ihn in dieser Zeit um die 90% seines Volumens. Wir hatten hier also die volle Cognac-Konzentration im Glas und es war spannend ein Produkt zu probieren, welches die Kellermeister für so gut hielten, dass es keine Fassreife mehr benötigt. Quasi ein vollendeter Cognac. An der Nase zeigte sich der 1936er zuerst etwas zurückhaltend, öffnete sich jedoch immer mehr und wurde sehr nussig, würzig und leicht toastig. Am Gaumen dann unheimlich explosiv, was mich bei diesem Alter wirklich verwundert hat. Ein großartiger Moment und ein großartiger Cognac!

Die Demijohns von Cognac Ferrand

Die Demijohns von Cognac Ferrand

Mit diesem phantastischen Cognac endete die Führung bei Cognac Ferrand und wir fuhren zu dem zugehörigen „Château de Bonbonnet“ um dort zu dinieren. Nach einem entspannten Aperitif mit Pierre Ferrand’s Pineau de Charentes und leckeren Tapas im Garten des Châteaus zeigte uns  Monsieur Gabriel noch die Lagertanks für den von ihm produzierten Citadelle Gin und eine Lager für Rumfässer, die vermutlich für den Plantation Rum verwendet werden.

Rumfässer in Cognac

Rumfässer in Cognac

Da der ganze Alkohol natürlich auch hungrig macht, war ich froh, dass nun das Dinner begann.

Als ersten Gang servierte man uns:

Napoleon de saumon fumé et foie gras, artichaut et citron confit
Die für mich eher ungewohnte Kombination von Lachs und Gänsestopfleber funktionierte wunderbar, da der Lachs der Leber etwas von der fettigen, schweren Art nahm. Das hocharomatische Zitronenconfit wusste die beiden Protagonisten zudem wunderbar zu verbinden.

Die Hemingway-Methode: Vor dem Hauptgang demonstrierten der Cocktail-Historiker David Wondrich und Derek Brown aus Washington D.C. uns eine von Hemingway beschriebene Trinkmethode. Dabei wird ein Glas Cognac komplett in den Mund genommen, für 30 Sekeunden gegurgelt, sich nach vorne gebeugt, der Cognac schnell geschluckt und anschließend richtet man sich schnell wieder auf und atmet dabei tief ein. Nach einem mutigen Selbstversuch entschloss ich mich jedoch Cognac weiterhin nach der traditionellen Methode zu verkosten 😉

Wondrich und Brown bei der Hemingway-Verkostung

Wondrich und Brown beim Hemingway-Toast (©Cognac Ferrand)

Veau de Chalais aux morilles
Das Kalb mit Morscheln war von bester Qualität und mehr gibt es hier eigentlich auch nicht zu sagen.

Assortiment de fromages
Es folgte eine kleine Käseplatte, auf der ich Roquefort und Reblochon identifizieren konnte, die jedoch zusätzlich noch einen Ziegen-Frischkäse enthielt. Die Käse waren von wundervoller Qualität, da uns die dazugereichten Weine (Domaine Reverdy,Ducroux (Sancerre), Blanc und Rouge) jedoch nicht schmeckten, servierte uns eine Mitarbeiterin von Ferrand kurzerhand den ca. 20 Jahre alten Ferrand – Réserve. Dieser wusste mit seinen leicht süßlichen Noten den Käse wundervoll zu ergänzen. Falls nun jemand ein Rum-Käse Tasting planen sollte, bitte ich um Einladung!

Glace au Curaçao Pierre Ferrand et aux écltas de chocolat
Gutes Straciatella-Eis, welches mit dem aktuell bei den Mixology Bar Awards als „Spirituose des Jahres“ nominierten Dry Curaçao von Ferrand, der in Zusammenarbeit mit David Wondrich entstand, verfeinert wurde. Wir genossen den Curaçao zum Dessert pur und erhielten so ein kleines perfect match.

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Nach Kaffee und Petit Fours mussten wir nochmal ran und einige Cognacs von Ferrand verkosten:

Abschließende Probe bei Cognac Ferrand

Abschließende Probe bei Cognac Ferrand

1.) 1840
Der Cognac 1840 von Ferrand ist kein Jahrgang, sondern ein moderner Blend, der den Geschmack der pré-phylloxéra Cognacs wiederbeleben soll, auf deren Geschmack die meisten alten Cognac-Cocktailrezepte aufbauen. Die hierzu verwendeten eau-de-vie sind hauptsächlich zwischen 5-6 Jahre alt. Der Cognac war an Nase und Gaumen etwas süßlicher als andere Ferrand Cognacs und hatte viel vibrierende Energie von jungen Cognacs, ohne dabei zu scharf oder unrund zu wirken. Ein schönes Produkt, ob man den Unterschied in Cocktails jedoch wirklich schmeckt, muss man ausprobieren.

2.) Sélection des Anges (~30 Jahre alt)
Laut  Monsieur Gabriel benötigt man 45-50 Flaschen Grundwein um eine Flasche Sélection des Anges herzustellen. Der Cognac zeigte sich an der Nase zuerst recht leicht, wurde jedoch immer ausgeprägter und tiefer. Sehr rund und ausgeglichen. Ein Cognac ohne Ecken und Kanten.

3.) Ancestrale
Abschließend verkosteten wir den Ferrand Ancestrale, von dem 450-500 Flaschen pro Jahr hergestellt werden, und der ausschließlich aus Demijohns geblendet wird. An der Nase viel Nuss und Dörrobst. Am Gaumen war der Cognac leicht adstringend, was ich bis dahin bei einer Spirituose noch nie wahrgenommen hatte, mir jedoch gut gefiel. Ingesamt ebenfalls ein sehr komplexer und runder Cognac, der jedoch ein paar sehr positive Ecken und Kanten hat. Schön!

Nach diesem absolut beeindruckenden Tag, wurde es langsam Zeit für uns die Heimreise anzutreten.  Monsieur Gabriel ließ uns jedoch nicht gehen, ohne uns vorher eine äußerst großzügige Überraschung zu überreichen. Eigens für die am nächsten Tag anstehende Charity-Auktion „Part des Anges“ hat er einen speziellen Blend hergestellt, der größtenteils aus dem legendären Vintage 1914 besteht, und der mit Bränden aus 1962 und 1806(!) „abgerundet“ wurde.  Von diesem „Mémorable“ genannten Blend stellte er nur eine einzige 0,7 l Flasche her, dachte jedoch glücklicherweise noch an uns und füllte exklusiv für diesen Abend eine kleine 0,2 l Auflage dieses vermutlich herausragenden Cognacs ab. Merci beaucoup Monsieur Gabriel!

Pierre Ferrand - Mémorable

Pierre Ferrand - Mémorable

Wie sich diese und viele weitere tolle Flaschen bei der Charity-Auktion verkauften und was ich sonst noch so in Cognac erlebt habe, lest Ihr morgen hier bei Trinklaune in Cognac – Tag 3!

Santé!

Robin Stein (†)

Robin Stein, Jahrgang 1987, war studierter Lebensmitteltechnologe und der Jüngste im Team. Sein Weg führte ihm nach dem Abitur 2006 über ein viermonatiges Praktikum in Pusser's New York Bar in München nach Bergisch-Gladbach, wo er eine Ausbildung als Hotelfachmann im Schlosshotel Lerbach absolvierte. Seine persönlichen Honigfallen waren Champagner, Obstbrände, Wein und Whisk(e)y.

Grande Champagne
Etikettierung der Flaschen

3 Kommentare

  1. Semyon

    Wirklich ein toller Reisbericht! Ich freue mich über jede neue Folge. Weiter so!

  2. Semyon

    Ich meinte natürlich Reis-e. 😉

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