The Empire Cocktail – Ein königlicher Genuss

Der Empire Cocktail – nicht nur ein sommerlicher Genuss

Der Schweizer Harald Schraemli war einer der Cocktailpioniere für den deutschsprachigen Raum. Die Bücher des Gastronomen und Meistermixers waren grundlegende Werke für die Verbreitung der Barkultur in unseren Breiten. Auf der Suche nach historischen Belegen für das Rezept des Empire Cocktails mit der Zutat Cognac (statt Calvados wie in Harry Cradocks „Savoy Cocktail Book“ von 1930) wurde ich in Schraemlis „Universal Getränkebuch“ von 1935 fündig. Die Verwendung von Cognac in diesem Drink scheint so etwas wie eine GSA (ist das nicht eine grässliche Abkürzung? Ich werde sie nicht wieder gebrauchen) Spezialität zu sein.
Empire Cocktail im Getränkebuch von Harald Schraemli 1935

Will man die 1:1:1 Rezeptur der drei Zutaten ernst nehmen und sich auf sie einlassen (worüber ich mir in Teil 2 einige Gedanken gemacht habe), ist die rechte Auswahl der Zutaten von entscheidender Bedeutung für die Harmonie des Drinks und damit für das Genusserlebnis.
Will man schon nicht die Quantitäten verändern, so doch die Qualitäten der Zutaten. Bleiben die Proportionen, variiert man in der Komposition. Auch bei beim Rezept des alten Empire Cocktail wenden wir den Dreischritt „Denken – Schmecken – Genießen“ an:

Apricot Brandy

Ich finde, den besten, gründlichsten und tiefsten Beitrag zum Thema Apricot Brandy hat Philipp vor einiger Zeit unter der Überschrift: Apricot Brandy – Gestern und Heute dasselbe Produkt? gebracht. Dieser goldfarbene, aromastarke Fruchtbrandy ist auch eine meiner Lieblingszutaten. Ich liebe diese charakteristische Mischung aus Zitrus-, Kräuter-, blumigen und pfirsichähnlichen Noten. Werden die Aprikosenkerne mit verarbeitet erhält der Fruchtaromalikör eine zusätzliche mandelartige Geschmacksdimension. Was für eine kulinarische Delikatesse: Ein Aprikosenlikör mit einem hohen Obstbrandanteil, der den Likör zu einem sogenannten Fruchtbrandy veredelt. Apricot Brandy auf Eis gehört zu meinen Standardbegrüßungsgetränken, wenn ich Gäste empfange. Eine entspannte, schnellgemachte Köstlichkeit zum Beispiel mit Giffards exzellenten, frischen Apricot du Roussillon. Dieser fruchtige, duftige Spross der Aprikose ist vorzüglich, aber, wie auch der Apricot Brandy von The Bitter Truth, für den Empire Cocktail nicht geeignet. Ihm fehlen die Mandeltöne des Aprikosenkerns. Diese gehören nach meiner Einschätzung unbedingt zu einem Apricot Brandy, der auch als Zutat in Weltklasse-Drinks wie dem Claridge oder Pendennis Cocktail dienen soll. Aprikosenkerne und Mandeln ähneln einander. Ist die Mandel eine Hauptzutat fürs Marzipan, so ist es der Aprikosenkern für das unbekanntere, aber ähnliche Persipan.

Apricot Brandy

Welcher Apricot Brandy passt nun zum Empire? Die angenehmen, natürlich fruchtigen Liköre von TBT und Giffard, wie gesagt, eher nicht. Die leicht künstlichen Standardprodukte von Amanda, De Kuyper (fad) und Bols (zu süß) sind weit davon entfernt kulinarische Highlights zu sein. Wer sich da schlau machen möchte, dem empfehle ich einen Blick in den Tasting-blog. Die Ergebnisse der Blindverkostungen finde ich immer wieder recht relevant.

Ich persönliche empfehle Apry von Marie Brizard. Ein deliziöser Allrounder, fruchtig, nicht zu süß und mit deutlicher Mandelnote. Perfekt für den Empire Cocktail, denn Apry harmoniert wunderbar mit den Karamell- und Vanille-Noten des fassgereiften Cognacs. Wer schon einmal frisches Bourbon-Vanille-Eis mit Apricot Brandy on top genossen hat, weiss was ich meine……

Cognac

Dieser königliche Drink bedarf des Königs der Brandys, dem Cognac. Nicht immer müssen es in Drinks Spitzenqualitäten sein… Hier schon finde ich.

Cognac, die „kondensierte Seele der verflüchtigten Rebe“

Fruchtaromen bringt der Apricot ein, der Part des Cognac ist es, den Drink mit Reifetönen zu grundieren und ihm Komplexität und Tiefe zu geben.
Erst kürzlich haben wir uns hier ausführlich dem Cognac gewidmet und wer nach anregenden Verkostungsnotizen sucht, wird in Robins „Trinklaune in Cognac“-Serie fündig.
Ich selber leistete mir aufgrund von Robins Empfehlung hier, Prince Hubert de Polinac EXTRA, ein rund 35 Jahre alter Cognac, 100% Grande Champagne. Ein Prince der perfekt einen Empire-Cocktail regiert.

Gin

Was soll jetzt noch Gin im Drink mag man fragen. Von der Entstehung her kann man wohl davon ausgehen, dass im Ursprung im fernen Indien Gin mit Apricot gemixt wurde zu dem sich dann später Calvados oder Cognac gesellte. Der Empire wurde als Gin Drink interpretiert.
Gin, die englischte aller Spirituosen, ist ein filigranes Destillat und hat im Drink mit zwei aromastarken Partnern zu kämpfen. Hier passt kein milder, langweiliger Allerwelts-Gin wie z.B. Bombay Sapphire. Hier brauchen wir einen Gin mit Ecken und Kanten wie den charakterreichen, 48%igen Adnam First Rate Finest Cut Gin , den Oliver hier empfahl. Obwohl der Gin auch ein Drittel des Drinks besetzt, wirkt er wie ein sogenannter Modifier, bewirkt Abrundungseffekte dank sensorischer Akzentuierungen und gibt dem Drink Wucht und Würze..

Hier nun mein Rezept

Empire Cocktail

2,5cl Cognac XO
2,5cl Adnams First Cut Gin
2-2,5cl Apry Marie Brizard
Lange, intensiv auf Eis rühren („Dilution is the key to success“) und in ein Cocktailglas abseihen.

The Empire Cocktail – ein königlicher Genuss.
Zum Wohl!

Alchemyst

Alchemyst, geboren in den fünfziger Jahren, studierte Philosophie, Theologie und Pharmazie. Heute leitet er eine öffentliche Apotheke in Norddeutschland. Alchemyst ist nicht selten in Champagnerlaune.

Geschmortes Kalbsbäckchen

4 Kommentare

  1. Julius

    Zu einem Empire passt auch eine Elisabeth http://www.cocktailscout.de/cocktail_Elisabeth_rezept_237.html Ich finde, dass Cocktails mit Apricot Brandy eine besondere Note bekommen und bedanke mich für den sehr guten Beitrag.

  2. Alchemyst

    Danke für deinen freundlichen Kommentar Julius.
    __________________________________

    Aus irgendeinem Grund kommt mir gerade ein Zitat von Edgar Allan Poe in den Sinn: „Alle Dinge sind nur durch Vergleich gut oder schlecht. Eine genügende Analyse wird zeigen, daß in allen Fällen der Genuß nur der Kontrast des Schmerzes ist.“

  3. Mangomix

    Deine Beiträge lese ich immer wieder gerne, Alchemyst. Danke für diese schöne Serie! Philipps Artikel zum Apricot Brandy kannte ich auch noch nicht – sehr lesenswert! Deine Abneigung gegen „GSA“ teile ich, überflüssiges „Denglisch“, das außerhalb der Mixology-Leserschaft kein Mensch versteht. Gibt ja auch schon „DACH“ – na, wer’s mag …

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