Wenn wir ehrlich sind, so ist es mit den Weinen doch wie mit den Geschenken. Die Verpackung kann noch so schön sein, der Inhalt muss es noch lange nicht sein. So war es auch dieses Jahr an Heiligabend, als ich wieder die Gelegenheit hatten einige tolle Weine zu verkosten. Große Namen enttäuschten und kleine Gutsweine wussten zu überzeugen. Doch lest selbst:
Zum Aperitif durfte ich den wundervollen Champagner Toulette von Janisson-Baradon genießen. Der 1974 geborene Cyril Janisson stieg nach einem Studium im Burgund im Jahr 1997 in den elterlichen Betrieb ein und krempelte diesen gehörig um. Ähnlich wie Anselme Selosse, hat er einige Methode der Weinbereitung aus dem Burgund mitgenommen und produziert kräftige, reichhaltige und dennoch finessenreiche Champagner. Der Toulette 2006 ist eine 100% Chardonnay-Cuvée aus der Parzelle „Toulette“ und wird in kleinen Holzfässern ausgebaut. Das an Nase und Gaumen deutlich wahrnehmbare Holz war sehr gut eingebunden und unterstützte den kräftig-cremigen Grundcharakter des Champagners ohne diesen zu erschlagen. Durch die feine Perlage und den von Reifenoten geprägten Nachklang wirkte der Wein etwas älter als er tatsächlich ist, was mir jedoch sehr gut gefiel. Ein toller Start!
Zum Amuse bouche wurde der „Just Riesling!“ 2011 von Gut Hermannsberg serviert. Ich lernte den Wein erstmals vor gut zwei Wochen auf einer studentischen Weinverkostung kennen und war von dem gebotenen Preis-/Leistungsverhältnis begeistert. An der Nase zeigt der Wein eine enorme Fruchtiefe mit Noten von Mirabellen, Pfirsichen und weiteren gelben Früchten. Am Gaumen zeigt sich der Wein dann sehr saftig und mit einer dezenten Säure. Für einen 8-9 € teuren Gutsriesling ist es wirklich beeindruckend, was Gut Hermannsberg hier ins Glas gebracht hat. Auch Oli war in seiner Verkostungsreihe sehr angetan von diesem Tropfen und hat bereits seine Kaufempfehlung ausgeprochen.
Es folgte der Pettenthal Riesling GG 2011 von Kühling-Gillot, der in diversen anderen Blogs sehr gelobt wurde. Als dieser feine Tropfen ins Glas floss, war die Verwunderung am Tisch groß: „Der riecht ja komplett anders als der erste Riesling!“, „Das sind doch nicht beides Rieslinge?!“ waren einige der Reaktion nach dem zuerst der Just Riesling! getrunken wurde. Tatsächlich wirkte der Pettenthal an der Nase viel, viel feingliedriger und zeigte seine Fruchtaromen weniger deutlich als der Just Riesling!. Am Gaumen zeigte der Wein dann eine tolle Mineralität und eine wahnsinnge Tiefe. Insgesamt ein subtiles, dunkles Rieslingmonster, welches nicht leicht zu verstehen ist. Ich bin mir ehrlich gesagt auch nicht ganz sicher, ob ich ihn wirklich in all seiner Ausdrucksstärke und seinen zahlreichen Facetten begriffen habe. Zu groß war die Tiefe und Komplexität. Eines bleibt jedoch feszuhalten: Ein toller Riesling!
Der im Bowmore-Whiskyfass ausgebaute Wehlener Klosterberg* von Markus Molitor wurde bereits an anderer Stelle im Blog vorgestellt, allerdings sind seit der ersten Verkostung wieder ein paar Monate ins Land gezogen. Diese zusätzliche Reife hat dem Wein gut getan, da er ingsesamt etwas ruhiger wirkte und sich die Aromen noch eine Spur verwobener zeigten. Wirklich ein großer Tropfen, der Wein- und Whiskytrinkern gleichermaßen gefallen sollte.
Den folgenden Wein wählte ich ehrlich gesagt mehr oder weniger blind aus. Ich las bei einer Weinempfehlung, dass zum folgenden Gericht kalifornischer Pinot Noir gut passen sollte. Als ich dann einige Stunden später den Toulette bei dem Münchener Weinhändler NobleWine bestellen wollte, sah ich durch Zufall, dass der Pinot Noir „Alesia“ des kalifornischen Weingutes Rhys gerade im Angebot war. Der Wein wanderte also in den Warenkorb und diese Entscheidung sollte sich als vollkommen richtig erweisen. Der farblich sehr konzentrierte Pinot Noir zeigte ein tolles Bukett von roten Früchten und weihnachtlichen Gewürzen. Auch am Gaumen war der Wein sehr komplex und würzig mit fein eingebundenen Tanninen. Ein sehr lebendiger und faszinierender Pinot, den ich nur empfehlen kann!
Es folgte für mich das Highlight des Abends. So dachte ich zumindest. Schließlich gilt der von mir vorher noch nie verkostete Ygay als einer der besten Weine der Rioja. Die Enttäuschung folgte jedoch schnell, denn nachdem der an der Nase schon recht platte Wein auch am Gaumen nicht zu überzeugen wusste, bleibt mir leider nur eines zu sagen: Ein saures Tröpfchen und ist diesem Zustand alles andere als ein Spitzenwein. Da der gute Ruf des Weines jedoch sicherlich nicht von irgendwo kommt, werde ich demnächst nochmal eine Flasche Ygay verkosten. Es kann ja schließlich sein, dass ich einfach eine schlechte Flasche erwischt habe.
Den Abschluss bildete eine 2006er Beerenauslese vom österreichischen Weinlaubenhof Kracher. Dieser Beerenauslese überzeugte mit der gewohnt guten Qualität von Kracher, war allerdings kein „Kracher“. Zwar besitzt er eine angenehme Süße und Aromenstruktur, eine allzu herbe Säure trübt den Genuss jedoch.
Fazit: Auch dieses Jahr waren wieder einige Überraschungen dabei. Zwar enttäuschte der Ygay auf ganzer Linie, allerdings kann ich mit dem Just Riesling! und dem Alesia auch zwei tolle Empfehlungen aussprechen. Gerade der Just Riesling! ist ein wundervoller Begleiter für den Alltag und lohnt eine Bestellung von mindestens sechs Flaschen. Ich freue mich bereits jetzt auf die Weihnachtsweine 2013 und wünsche Euch erstmal einen guten Rutsch mit viel Champagner!
Schöner Bericht! Ich erinnere mich das ich auch erst bei der zweiten Flasche begeistert war, die erste war deiner recht ähnlich 😉 Dieser Ygay war aber dann besser.
Gruß Torsten