Robin und ich konnten ein weiteres Mal ein schönes Champagnertasting auf die Beine stellen – mit von der Partie waren erfreulicherweise zwei weitere Fünftel der Trinklaune – Philipp und Oliver. Weiterhin unsere (z. T. ehemaligen) Gastblogger Marius und Daniel sowie Markus Budai. Eine fröhliche Runde traf sich demnach vergangenes Wochenende in Bad Münstereifel, um nach unserem Vendôme-Besuch die Geschmacksknospen noch etwas weiter zu fordern.
Unser übergeordnetes Thema lautete diesmal: Jacques Selosse. Eigentlich schon etwas spät, gehen die Preise momentan ziemlich durch die Decke – weswegen wir die neuen Einzellagenweine aussparten und uns auf die vier gängigen Weine von Selosse sowie eine Jahrgangsabfüllung aus 1999 stürzten.
Auch dieses Mal haben wir dazu ein wenig die Küche verwüstet – ein paar Notizen zum passenden Gang werden sich also auch finden. Des Weiteren haben wir die Champagner noch um ein paar weitere Weine zum Menü ergänzt.
Zu Jacques Selosse muss man nicht mehr viele Worte verlieren – die geringe Produktion (ca. 50.000 Flaschen) des Königs der Winzerchampagner ist immer begehrter und im Regelfall schlecht zu bekommen. Ein paar deutsche Fachhändler bieten die Weine jedoch an – zu entsprechenden Preisen. Selosse selbst empfiehlt, seine Champagner zu dekantieren, sollten sie nicht mindestens sechs Monate nach Degorgement geöffnet werden. Davon konnten wir – trotz relativ frisch degorgierter Flaschen – erfreulicherweise absehen, zu groß war doch die Angst um die Perlage.
Die Trauben werden bei Selosse spät gelesen, was zu einer hohen Reife und damit zu einem für Blanc de Blancs in der Regel außergewöhnlich ausgeprägtem Körper führt. Die Dosage ist sehr gering gehalten und bis zu 10 % der ausschließlich genutzten Holzfässer sind neu. Sie stammen von der Domaine Leflaive aus Burgund. Anselme Selosse vermeidet die malolaktische Gärung – außerdem werden seine Weine während der Gärung aufgerührt (batônnage), eine ebenfalls burgundische Technik, die den Weinen weiteren Körper verleiht.
Generell lässt sich sagen, dass jeder der verkosteten Weine mit Temperatur und Luftkontakt enorm zugelegt hat, zunehmend ausdifferenzierter und runder wurde.
Jacques Selosse Brut Initial
Vom ‚Basiswein‘ zu sprechen klingt fast nach Frevel – jedoch entfällt der Großteil der Produktion von Selosse mit 33.000 Flaschen auf diese Cuvée, die aus drei aufeinander folgenden Jahrgängen vinifiziert wird. Unsere Flasche ruhte nur ein halbes Jahr seit Degorgement (07/12), ich war skeptisch, inwieweit sie schon glänzen würde. Erfreulicherweise war diese Sorge unbegründet. 85,00 € – 100 % Chardonnay.
Nase:
Frische, Zitrusaromen, durchsetzt mit einem präsenten Ton frischer und getrockneter Kräuter sowie etwas Ananas.
Gaumen:
Klar, rein und frisch. Kräuter und Würze gesellen sich zu einer Frucht, die sich vor allem an den Außenseiten der Zunge beerkbar macht und somit an das Mundgefühl einer trockenen Riesling Auslese erinnert. Auf der Zunge ist von dieser Frucht weniger zu spüren, von einem perfekten Säuregerüst getragen rauscht der Brut Initial über die Zunge und erinnert an eine kristallklare Bergfrische. Verbene und Zitronenthymian machen sich bemerkbar.
Abgang:
Klar von der kräftigen Säure dominiert und außerordentlich frisch und klar. Ein Wein, wie er besser nicht vorstellbar wäre als Aperitif in einem guten Restaurant. Außerdem erfreulich: Beim Brut Initial handelt es sich nicht um einen reinen Freak-Wein – dieser Champagner dürfte den meisten Trinkern gefallen, da seine Frucht die kräftige Säure wundervoll balanciert.
Jacques Selosse Version Originale
Der Bruder des Brut Initial kommt hier ins Glas. Dasselbe Vinifizierungskonzept, jedoch undosiert. In unserem Fall etwas länger von der Hefe – degorgiert 04/12. 89,00 € – 100 % Chardonnay.
Nase:
Dem Initial außerordentlich ähnlich. Vielleicht mit mehr Lagerzeit ausdifferenzierter. Minimal konzentrierter.
Gaumen:
Auch hier ein sehr ähnliches Geschmacksbild, jedoch mit noch mehr Zug und Energie. Die Säure ist etwas dominanter, erneut ein ‚Rachenputzer‘ mit enorm viel Kraft, feiner Frucht und beeindruckender Säure. Mit Zeit, Luft und Temperatur zeigen sich Vanille, Haselnüsse und Rösttöne.
Abgang:
Erneut: starke Zitrustöne, viel Säure. Momentan würde ich kein Wein dem anderen vorziehen, mit der Zeit gewinnt der V.O. vermutlich einen kleinen Vorsprung. Auch hier ein außerordentlich gelungener Wein.
Jacques Selosse Brut Rosé
Bei Rosés von Winzern, die auf Chardonnay spezialisiert sind, bin ich immer skeptisch. Zu oft habe ich langweilige und kraftlose Weine getrunken. In diesem Fall treffen 10 % Pinot Noir auf 90 % Chardonnay – degorgiert wurde unsere Flasche 10/11, die Kosten belaufen sich auf 98,00 €.
Nase:
In der Nase recht zurückhaltend mit dezenter Frucht. Weniger fordernd als die weißen Kollegen – aber auch weniger ausdrucksstark.
Gaumen:
Erstaunlich wenig körperreich, vage und wenig differenziert. Etwas massig und breiig für meinen Geschmack – dem Rest der Verkostungsrunde gefiel der Wein besser. Mit Zeit eine dezente, angenehme Fruchtigkeit.
Abgang:
Von allen getrunkenen Champagnern der kürzeste Abgang – dieser Wein konnte sich nicht in meinem Gedächtnis einbrennen. Vielleicht erneut das angesprochene Problem der Rosés oder aber wir erwischten den Wein in einer recht verschlossenen Phase. Für diesen Preis war es für mich jedoch viel zu wenig, was der Selosse Rosé liefern konnte.
1 Kommentar