Das Leben als Student in Weihenstephan hat durchaus seine Vorteile. Mal abgesehen von dem größten Freibierfest der Welt, an dem leider nur Studenten und Angestellte der Universität teilnehmen dürfen, gibt es auch die Möglichkeit diverse Biermessen auf Kosten der Uni zu besuchen. Am 10.03. war es wieder soweit und es wurde eine Exkursion zur Braukunst Live! angeboten. Diese fand im Münchner MVG-Museum statt, einer Location die der geneigte Spirituosengenießer bereits von der Finest Spirits kennen dürfte.
Bei der Braukunst Live! handelt es sich um eine öffentliche Messe, deren Idee es ist, für ein neues Verständnis und eine neue Bierkultur auf deutschem Boden zu sorgen. Die Messe fand 2012 zum ersten Mal statt und ist die erste größere Messe für internationale Bierspezialitäten in Deutschland – So erstaunlich dies auch klingen mag! Unsere Exkursionstruppe traf sich zu humaner Zeit am Lehrstuhl und mit zwei Bussen ging es von Freising aus nach München. Nachdem wir auf der Messe angekommen waren, mussten zuallererst Biermarken gekauft werden. Diese kosteten pro Stück 0,50 € und ermöglichten die Verkostung von jeweils 0,1 L Bier (Spezialitäten kosteten 2-6 Chips). Auf den ersten Blick mag dies viel erscheinen, war aber auf Grund des öffentlichen Charakters der Messe mehr als sinnvoll. Selten habe ich auf einer Messe für Alkoholika so wenige Schnapsleichen gesehen wie hier. Da sieht es oft sogar auf Fachmessen (Grüße nach Düsseldorf) wesentlich schlimmer aus. Generell war das gemischte Publikum aus Brauern und Bierfreunden sehr angenehm und interessiert, was für mich ein wesentlicher Wohlfühlfaktor auf Messen dieser Art ist.
Kommen wir nun aber zum Herzstück der Messe – Dem Bier! Auf dem recht überschaubaren Messegelände tummelten sich über 80 ausstellende Brauereien aus allen Teilen der Welt und boten mehrere hundert Biere an. Meine kleine Rundreise über die Messe begann am Stand der TU München/Weihenstephan. Dort unterhielt sich der mitgereiste Prof. Dr. Narziß, eine absolute Koryphäe in der Welt des Brauwesens, angeregt mit interessierten Gästen und verkostete einige von den Studenten selbst gebraute Biere. Auch ich probierte natürlich ein von den Kommilitonen hergestelltes Bier. Dabei handelte es sich um das BanX – Black Nude, ein experimentelles Ale, welches mit dem seltenen und momentan sehr begehrten Mandarina Bavaria-Aromahopfen hergestellt wurde. Das BanX offenbarte an der Nase viele verschiedene Zitrus- und eine besonders ausgeprägte Grapefruitnote. Der Gaumen wirkte dann etwas konträr und lies die Zitrusaromen vermissen, zeigte dafür jedoch eine sehr angenehmen Bittergeschmack und eine schöne Rezenz. Weiter ging es zu einer etwas ausführlicheren Verkostung zum Stand von Schneider Weisse. Dort trank ich zuerst die Hopfenweisse, ein Weissbier bei dem die Methode des Hopfenstopfens angewandt wurde. Das Hopfenstopfen ist eine momentan sehr angesagte Methode, bei der dem Bier im Lagerkeller (also nach der Hauptgärung) Hopfen zugefügt wird. Dadurch lösen sich die natürlichen Aromastoffe des Hopfens und geben diese an das Bier weiter. Das besondere ist jedoch, dass dieser Prozess ohne zusätzliche Erhitzung stattfindet und die Bitterstoffe des Hopfens somit in den Dolden verbleiben. Das Ergebnis ist ein markantes Bier, welches von tropischen Aromen geprägt ist und mittlerweile zu einer meiner favorisierten Weissbiere geworden ist. Der einzige „Nachteil“ dieses, auch bei Frauen sehr beliebten, Bieres ist der hohe Alkoholgehalt von 8,2 % vol. alc. Diesen Fakt erkannten auch die Brauer von Schneider Weisse und präsentierten auf der Braukunst Live! erstmals ihr neues TAPX. Bei TAPX handelt es sich um eine jährlich erscheinende Sonderedition, die streng limitiert hergestellt wird und die Grenzen der Braukunst aufweisen soll. Dieses Jahr trägt das TAPX den Namen „Meine Sommer Weisse“. Dabei handelt es sich um eine Kreation die dem Hopfenweisse geschmacklich ähneln soll, jedoch ohne dessen alkoholische Wucht. Dazu wurde ein neuer Aromahopfen aus der Hallertau verwendet, der dem Bier neben Zitrusaromen auch eine Nuance von Nelken verleiht. Mit 5,4 % vol. alc. wirkt es dabei am Gaumen tatsächlich deutlich erfrischender als die Hopfenweisse und lässt sich gut in größeren Schlücken trinken. Ohne Frage ein großartiges Weissbier, dennoch vermisse ich das besondere Etwas, welches die anderen Biere der TAPX-Reihe (z.B. Lagerung im Rotweinfass) bisher auszeichnete.
Weiter ging es mit dem Aventinus Eisbock. Der Eisbock basiert auf dem Aventinus Starkbier, welches eingefroren wird und die Eiskristalle anschließend entfernt werden. Dadurch wird das Bier auf natürliche Weise aufkonzentriert und erhält neben einem höheren Alkoholgehalt auch ein sehr intensives Aroma. Einen vergleichbaren Prozess nutzen übrings auch die Winzer bei der Zubereitung von Eiswein. Der fast schwarze Eisbock zeigte an Nase und Gaumen intensive Trockenfruchtaromen und präsentiert sich im positiven Sinne sehr ölig und wuchtig. Definitiv kein Bier für zwischendurch aber ein idealer Schlummertrunk. Eisbock ist dann auch das richtige Stichwort, als es weiter zum Stand von Bukanter, einer Firma für Sensorikgeräte, ging. Dort wurde eine Art Karaffe aus Glas präsentiert, mir der es möglich ist einen Eisbock in den eigenen vier Wänden herzustellen. Eine durchaus nette Idee, allerdings ließ der verkostete Eisbock logischerweise die Kohlensäure vermissen, welche beispielsweise bei dem Eisbock von Schneider Weisse durch eine zusätzliche Gärung wieder hinzugefügt wird. Wer es braucht, hat mit dem Gerät sicherlich viel Spaß – Ich brauche es allerdings nicht.
Nach einer kurzen Mittagspause ging es weiter in den Vortragsraum, wo ich mir einen Vortrag von Dipl. Braumeister Georg Schneider zum Thema „Biervielfalt trotz Reinheitsgebot“ anhörte. Der Chef von Schneider Weisse präsentierte auf anschauliche und unterhaltsame Art und Weise, welche Biervielfalt sich mit dem deutschen Reinheitsgebot erzielen lässt. Dies näher aufzuführen würde hier leider den Rahmen sprengen, aber es sei erwähnt, dass sich durch die Kombination von Wasser, Gerstenmalz, Weizenmalz, Hopfen und Hefe genau 28.191.744.000 verschiedene Biere herstellen ließen. Die Anwendung von Verfahren wie beim Hopfenweisse oder Eisbock mal außen vorgelassen. Wer sich näher für dieses Thema interessiert, der kann mir gerne schreiben und ich lasse ihm die nötigen Informationen hierzu zukommen.
Nach diesem wirklich lehreichen Vortrag neigte sich die Messe auch langsam dem Ende entgegen und ich verkostete mit den restlichen Chips noch diverse Bierspezialitäten wie Indian Pale Ale, Kölsch und Barrel Aged Bier. Ein ganz besonderes Bier möchte ich euch zum Ende dieses Artikels jedoch nicht vorenthalten. Es war das Oyster Stout. Wie der Name schon sagt, wird dieses von der dänischen Brauerei Fanø Bryghus hergestellte Bier unter der Zugabe von frischen Austern gebraut. Pro Hektoliter Bier wird dabei ca. eine Auster aus der Nordsee hinzugegeben, die sich beim Kochvorgang nahezu vollständig auflöst. An sich stehe ich solchen Experimenten immer recht positiv gegenüber, allerdings nur dann, wenn diese auch konsequent umgesetzt werden. Dies war beim Oyster Stout leider nicht der Fall, da die intensiven Aromen der stark gerösteten unvermälzten Gerste jeglichen Austerngeschmack vollständig überdeckten. Ein netter Werbegag, mehr jedoch nicht. Abschließend erfrischte ich mir mit einem leckeren Pilsner Urquell den Gaumen und begab mich mit meinen Kommilitonen auf die Heimreise.
Zusammenfassend kann man sagen, dass mich die Messe sehr positiv überrascht hat. Meine Erwartungen an eine öffentliche Biermesse im kleinen Rahmen waren eher gering, auf der Braulive wurde jedoch bewiesen, dass es möglich ist mit viel Passion, Willen und den richtigen Partnern eine Veranstaltung höchster Güte auf die Beine zu stellen. Ich jedenfalls habe mir die Braukunst Live! 2014 schon in den Kalender eingetragen und würde mich freuen den ein oder anderen von euch auch dort begrüßen zu dürfen. Prost!
Ich war auch dort und war ziemlich begeistert, was man alles aus Hopfen, Gerste und Wasser machen kann. Wir haben das Seminar von Campa Bavaria, die ihre Biere in Bourbon- und Rumfässern gelagert haben. Interessant, aber nicht ganz mein Fall. Aber definitiv ein toller Besuch! Freue mich auf`s nächste Jahr!