Wer in den letzten Jahren die deutsche Weinlandschaft verfolgt hat, der wird um einen Namen nicht herumgekommen sein – Gut Hermannsberg.
Das Weingut entstand zwischen 1901 und 1910 als Musterweingut des preußischen Staates und diente dazu die schulische Theorie des Winzernachwuchses in weinbauliche Praxis umzusetzen. Mit großem Aufwand wurden in der damaligen Zeit die heutzutage weltbekannten Weinlagen Schloßböckelheim Kupfergrube und Niederhausen Hermannsberg arrondiert und damit der Grundstein für eine erfolgreiche Arbeit gelegt. Bis in die 1980er Jahre hinein erzeugte, dass damals unter dem Namen Königlich-Preußische Weinbaudomäne Niederhausen-Schloßböckelheim geführte Weingut Weine von erstklassiger Qualität und hatten entscheidenden Anteil daran, der Herkunftsbezeichnung Nahe ein eigenständiges Profil zu geben. Im Jahre 1998 wurde das Weingut schließlich privatisiert und in Gutsverwaltung Niederhausen-Schlossböckelheim umbenannt. Weitere elf Jahre später wurde das Gut von Jens Reidel und Dr. Christine Dinse erworben und 2010 unter dem Namen Gut Hermannsberg neu eröffnet. Durch umfassende Investitionen in Weinberge und Keller und eine Neuorientierung des Qualitätskonzeptes soll an die Erfolge vergangener Tage angeknüpft werden. Mittlerweile verfügt Gut Hermannsberg wieder über knapp 30 Hektar bewirtschaftete Weinlagen, die gemäß VDP allesamt als Erste Lagen klassifiziert sind. Unter der Ägide von Betriebsleiter und Kellermeister Karsten Peter wird dort besonders Wert auf eine Rebsorte gelegt: Riesling!
Mit teils sensationellen Bewertungen, wie z.B. 94/100 Punkten für den 2011er Schlossböckelheimer Kupfergrube Riesling Auslese AP #100 im Wine Advocate, schloss Gut Hermannsberg innerhalb kürzester Zeit zur Spitze der deutschen Weingüter auf und wurde schließlich im aktuellen Gault Millau Weinguide als „Aufsteiger des Jahres“ prämiert. Auch wir bei Trinklaune hatten bereits auf die hohe Qualität der Weine von Gut Hermannsberg hingewiesen. So wurde beispielsweise der Gutswein „Just Riesling“ von Oliver Steffens in seiner Artikelreihe 100 Rieslinge als bester Nahe-Riesling unter 15 Euro gelistet. Auch bei einer von mir veranstalteten studentischen Weinprobe fand der „Just Riesling“ großen Anklang und ging als Sieger aus der Verkostung hervor.
Letzten Freitag hatte ich nun endlich die Gelegenheit auch einmal höherwertige Weine aus dem Portfolio von Gut Hermannsberg zu verkosten. Im Rahmen einer von Smart Wines organisierten Verkostung im Münchner Restaurant Garpunkt wurden in entspannter Atmosphäre insgesamt 16 aktuelle Weine und Raritäten aus dem Weingut ausgeschenkt.
Nach einer freundlichen Begrüßung durch die Gastgeber Hermann Stöckmann (Smart Wines), Nico Romano (Garpunkt), sowie Christoph Friedrich und Karsten Peter vom Gut Hermannsberg sollte es auch schon mit dem ersten Flight losgehen.
Flight 1
2012 Steinterrassen
Für den Steinterrassen Riesling wird das Lesegut der drei Lagen Steinberg, Altenbamberger Rotenberg und Kertz verwendet. Der an der Nase recht dichte Steinterrassen Riesling präsentiert sich sehr kräuterig und würzig und verfügt über eine prägnante Mineralität, die sich auf den größtenteils vulkanischen Ursprung der Böden zurückführen lässt. Schöner Beginn!
2012 Bastei Großes Gewächs
Die Lage Traisen Bastei ist bedingt durch eine starke Sonnenreflexion die wärmste Lage Deutschlands. Nur die kühle Luft aus dem Tal sorgt dafür, dass hier überhaupt Riesling angebaut werden kann und sich teils großartige Trauben bilden. An der Nase zeigt der Bastei GG eine fast explosive Frucht und deutlich dunklere Aromen als der 2012er Steinterrassen. Insgesamt präsenter, wärmer als 2012er Steinterrassen und mit einer festen, gut ausgeprägten Tanninstruktur.
2012 Hermannsberg Großes Gewächs
Der knapp 6 ha große Niederhausen Hermannsberg befindet sich im Monopolbesitz von Gut Hermannsberg und gilt als eine der renommiertesten Lagen an der Nahe. Im Vergleich zur 2012er Bastei GG ist der Hermannsberg GG kühler in der Aromatik und generell etwas zurückhaltender. Seine enorm feine Frucht und die rassige Mineralität sorgen für ein ganz anderes Genusserlebnis. Erstaunlich wie unterschiedlich sich die Weine aus den nur wenigen Kilometern entfernten Lagen präsentieren!
2012 Kupfergrube Großes Gewächs
Die extrem steile Lage Schloßböckelheim Kupfergrube wurde damals von der Staatsdomäne auf dem Gebiet einer ehemaligen Kupfergrube angelegt und trägt daher bis heute diesen Namen. Der extrem würzige Wein präsentiert sich sehr elegant und mineralisch und legt einen voluminösen Antritt am Gaumen an.
Fazit: Obwohl die 2012er Weine noch etwas von der Hefe geprägt sind, lässt sich bereits jetzt die große Eleganz dieses Jahrgangs erkennen.
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Flight 2
2011 Steinterrassen
Sowohl von der Farbe als auch von der Säure merkt man diesem Wein an, dass er bereits ein wenig Flaschenreife hinter sich hat. Insgesamt ruhiger, harmonischer und länger als der 2012er. Gefällt mir besser.
2011 Bastei Großes Gewächs
Eine Bombe war dann der 2011er Bastei GG! Wuchtige Aromen in der Nase und ein sehr mundfüllender, cremiger Antritt am Gaumen. Dazu diese unheimliche Komplexität, Tiefe, Frucht und Mineralität – Genial!
2011 Hermannsberg Großes Gewächs
Leider etwas abgeschlagen zeigte sich der 2011er Hermannsberg GG. Der Wein wirkte von den Aromen zu kühl und vom Geschmack hohler als seine Kollegen. Außerdem vermisste ich die sonst so positiv prägnante Säure.
2011 Kupfergrube Großes Gewächs
Mit viel feiner Frucht, jedoch etwas weniger Würze als der 2012er Kupfergrube GG, zeigte sich der 2011er Kupfergrube GG im Glas. Zu diesem Zeitpunkt vor dem 2012er Kupfergrube GG, dem ich jedoch mehr Potential attestiere.
Fazit: Die 2011er Weine zeigen sehr schön, wie harmonisierend ein Jahr in der Flasche auf den Wein wirkt. Insgesamt kraftvoller und üppiger als 2012 jedoch auch ein Tick weniger elegant. Der 2011er Bastei GG geht für mich als Gesamtsieger aus Flight 1+2 hervor.
Flight 3
Im dritten Flight näherten wir uns den Süßweinen von Gut Hermannsberg an, die ca. 10-20 % der Gesamtproduktion ausmachen. Diese Probe war für mich besonders spannend, da ich bisher nur trockene Qualitäten von Gut Hermannsberg kannte. Wie Kellermeister Karsten Peter während der Probe erklärte, versucht er mit seinen Spätlesen die ehemalige Stilistik der Spätlesen von vor 30 Jahren zu rekreieren und damit an die glorreichen Tage des Hauses anzuknüpfen.
2012 Rotenberg Spätlese
Der Altenbamberg Rotenberg ist allgemein dafür bekannt kräftige Rieslinge mit großer Komplexität und Mineralität hervorzubringen. Dies zeigte sich auch bei der 2012er Rotenberg Spätlese, deren Süße und Säure perfekt balanciert war. Die Fruchtsüße präsentierte sich sehr akzentuiert und frisch. Eine tolle Spätlese!
2011 Rotenberg Spätlese
Etwas reduktiver und verschlossener im Glas war die 2011er Spätlese vom Rotenberg. Dies liegt laut Karsten Peter daran, dass der 2011er noch mit Schraubverschluss abgefüllt wurde, während 2012 wieder auf den altbewährten Korken setzt. Nach einiger Zeit öffnete sich der Wein zwar, konnte für mich jedoch nicht an die Qualität des 2012er heranreichen.
2012 Steinberg Spätlese
Die Lage Steinberg trägt ihren Namen wegen der steinreichen Porphyrböden, die für besonders markante Rieslinge sorgen. Deutlich kräutriger und mineralischer als die Rotenberger Spätlesen präsentierte sich dieser Wein aus dem Steinberg. Die 2012er Steinberg Spätlese wirkte stellenweise gar etwas rauchig und insgesamt bereits sehr harmonisch. Schöner Wein!
2011 Steinberg Spätlese
Der Stil des 2011er Steinberg ließ sich gut mit dem 2012er vergleichen. Jedoch wirkte, wie bereits beim Rotenberg, der 2011er etwas zurückhaltender als sein jüngerer Bruder.
Fazit: Die Spätlesen zeigten eindrucksvoll, dass Gut Hermannsberg nicht nur trockene Rieslinge produzieren kann! Die geniale Harmonie zwischen Süße und Säure und die teils umwerfenden Fruchtaromen sollten jedem Rieslingliebhaber Grund genug sein, die Spätlesen von Gut Hermannsberg ausführlich zu verkosten. Zudem waren die 2012er Spätlesen für mich fruchtiger, präsenter und einfach angenehmer zu trinken als die 2011er. Ob dies an der geänderten Verschlussart oder dem Jahrgang liegt, wage ich jedoch nicht zu beurteilen.
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Flight 4
Beim vierten und letzten Flight hatten die Macher von Gut Hermannsberg tief in ihre Schatzkammer geschaut und einige herausragende und teils unverkäufliche Flaschen mitgebracht.
1993 Hermannsberg Auslese
Die 1993er Hermannsberg Auslese brauchte zugegebenermaßen etwas Zeit um sich in ihrer vollen Schönheit zu präsentieren. Nachdem der Anfangs leicht muffige Ton jedoch verschwunden war, zeigte sich diese Auslese in ihrem vollen Glanz. Eine feine und elegante Kräuterwürze, die schon dezent in den Hintergrund getretene Süße und die sich langsam entwickelnden Petrolnote zeigen wozu Riesling-Auslesen fähig sind. So muss gereifter Süßwein schmecken!
2010 Kupferberg Auslese
Dass auch junger Süßwein schmecken kann, zeigte die 2010er Auslese vom Kupferberg. An der Nase zeigen sich Südfrüchte wie Ananas und Maracuja, die sich auch am Gaumen wiederfinden lassen. Frucht und Süße verbinden sich optimal und man hat den Eindruck feinen Maracuja-Zucker im Mund zu haben. Noch nicht ganz so fein und elegant wie die 1993er Auslese jedoch auf dem besten Weg diese zu erreichen.
1998 Hermannsberg Eiswein
Bedingt durch eine sehr gesunde Frucht beim Frost, zählt 1998 zählt zu den größten Eisweinjahrgängen der letzten 30 Jahre. Im Glas war ein glasklarer, brillianter Eiswein mit geiler Säure und ein wundervoller Beleg dafür, warum sich die Lage Hermannsberg mit ihrer gut abfließenden Kaltluft besonders für Eiswein eignet. Toll!
1989 Kupfergrube Trockenbeerenauslese
Wie oft bei derartigen Proben folgte der seltenste und exklusivste Wein zum Schluss. Gut Hermannsberg ließ sich nicht lumpen und brachte mit der 1989er Kupfergrube TBA ein wirkliches Highlight der deutschen Weinbaugeschichte mit. Die TBA wirkte trotz ihres schon recht stolzen Alters relativ jung und zeigte immer noch deutliche Fruchtnoten. Der lange Nachklang war von der Süße geprägt, die jedoch zu keiner Zeit zu dominant wirkte.
Fazit: Obwohl die verkosteten Süßweine größtenteils noch unter dem Label der Staatsdömane, und damit von einem anderen Kellermeister, abgefüllt wurden, zeigten sie deutlich welches Reifepotential in den Trauben der von Gut Hermannsberg bewirtschafteten Weinberge steckt.
Nach der Weinprobe folgte noch ein kleines Vier-Gänge Menü aus der Küche des Restaurant Garpunkt, welches ich Euch natürlich auch nicht vorenthalten möchte.
Oktopus mit orientalisch gewürztem Bulgur
Der leider etwas zu kalt servierte Oktopus war von guter Qualität und der Bulgur perfekt abgeschmeckt. Wegen der gesunden Grundwürze des Gerichts wählte ich als Begleitung die 2012er Steinberg Spätlese, die dem Bulgur wegen der Süße und feinen Kräuteraromatik gut Paroli bieten konnte.
Kalbstafelspitz mit Pastinaken, Steinpilzen und Rucolapesto
Steinpilze, Pastinaken und Tafelspitz von bester Qualität. Die kräftigen Aromen des Rucolapestos harmonierten perfekt mit dem 2012 Kupfergrube GG.
Risotto mit Lammfilet
Ein knackiges, und damit perfektes Risotto, und butterweiches Lamm mit einer kräftigen Soße wussten zu überzeugen. Ebenso wie die Kombination mit dem 2011er Bastei GG.
Pistazienmousse mit Feigen
Die Pistazienmousse war auf Basis von weißer Schokolade hergestellt und angenehm fluffig. Die sehr geschmackintensive Mousse zeigte eine schwere Süße, die mir gut gefiel. Der dazu gewählten 2012er Rotenberg Spätlese gefiel sie jedoch weniger, da deren Süße, und damit der Wein, komplett überdeckt wurde. Ein zweiter Versuch mit der 1993er Hermannsberg Auslese zeigte dann, wozu solche Gerichte und Weine gemacht werden.
Zusammen mit einem perfekten Espresso servierte Gastgeber Nico Romano mir dann noch einen von seinem Schwiegervater in Belgrad produzierten Slivovitz. Durch einige Erfahrungen in Kroatien stehe ich Slivovitz eigentlich kritisch gegenüber, musste meine Meinung nach diesem Glas allerdings revidieren. Der 10 Jahre lang im Fass gereifte Slivovitz zeigte eine glasklare Fruchtnote und wirkte trotz seiner 50 % vol. zu keiner Zeit stechend. Ein tolles Produkt, dass es locker mit jedem gelagerten Pflaumenbrand aufnehmen kann.
Gesamtfazit: Insgesamt ein mehr als angenehmer Nachmittag, der mir eindrucksvoll zeigte woher der gute Ruf der trockenen Rieslinge von Gut Hermannsberg stammt. Desweiteren kann ich nur dazu raten die Süßweine von Gut Hermannsberg zu probieren, da diese ebenfalls von herausragender Qualität sind und deutlich zeigen wie gut die Weine von Gut Hermannsberg reifen können. Wer sich in München befindet und gutes Essen in lockerer Atmosphäre genießen möchte, sollte außerdem das Restaurant Garpunkt auf seine Agenda setzen.
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