Gastblogger Erhard Ruthner: Gin made in Austria

Der heutige Artikel stammt aus der Feder von Erhard Ruthner aus Wien. Erhard  kommt ursprünglich aus der Hotellerie, wo seine Begeisterung für Weine, Spirituosen und feine Speisen entflammte. Seine hier erworbenen umfassenden Kenntnisse ergänzte er mit einer Ausbildung zum Diplom-Sommelier. Bis vor kurzem betrieb er noch ein kleines, feines Fachgeschäft für Spirituosen in Wien, stellt sein profundes Fachwissen aber seit neuestem dem Wiener Getränkegroßhandel Del Fabro zur Verfügung. Viel Spaß mit Erhards Artikel zum österreichischen Gin!

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Brennapparate von Guglhof.

 

Von Kranwitter zum Austro-Gin
Die Tendenz österreichischer Edelbrenner hin zur Herstellung internationaler Spirituosen hat eine neue Dimension erreicht. Nach dem von mehr als 15 Jahren sich die ersten Destillateure angefangen hatten sich mit Whisky zu beschäftigen (derzeit gibt es bereits mehr als 50 österreichische Whiskybrenner), treten nun verstärkt Gin-Varianten zu Tage. Einerseits ist dieser Trend wohl dem allgemeinen Gin Boom der letzten Jahre geschuldet, es vergeht kaum ein Monat, ohne dass irgendein neuer Gin seine Markteinführung erlebt, andererseits ist es für Edelbrenner durchaus attraktiv sich mit dieser Spirituosenkategorie auseinanderzusetzen, da man im Gegensatz zu Whisky keine langen Reifezeiten einplanen muss. Wacholderbrände herzustellen ist, besonders in Westösterreich nicht unbedingt neu. Traditionell spricht man von Kranewitter, hergeleitet vom Wort Kranewitt, das einfach Wacholder bedeutet. Bei diesem traditionellen Schnaps steht allerdings rein der Wacholder im Vordergrund, während er beim Gin ja laut Definition lediglich neben anderen Botanicals die erste Geige spielen soll. Derzeit ist mir kein traditioneller Kranewitter bekannt, was nicht bedeutet, dass er nirgendwo mehr hergestellt wird. Dem Vernehmen nach soll er allerdings in etwa vergleichbar mit dem Steinhäger sein, der sich ja über seine ostwestfälische Heimat hinaus einen Namen gemacht hat. Wer wirklich den ersten Gin in Österreich auf den Markt gebracht hat, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Die ersten, denen es gelang mit ihrem Gin breitere Aufmerksamkeit zu erregen, waren sicherlich Hans Reisetbauer mit dem Blue Gin und die Eigentümer des Weinguts Schloß Halbturn mit dem Le Gin. Bei beiden handelt es sich um ziemlich klassisch gehaltene Varianten, die der Tradition des London Dry Stils folgen. Besonders der, in der österreichischen Brennerszene als Visionär bekannte Hans Reisetbauer unterstrich als Erster den internationalen Anspruch seines österreichischen Gins. Aus allen Teilen der Welt bezieht er die pflanzlichen Rohstoffe, die dann in Oberösterreich mit viel Geschick und einem ausgeklügelten Herstellungsverfahren in Blue Gin verwandelt werden. Die eigentlichen Zutaten, wie u.a. Zitronenzesten, Angelikawurzeln, Koriandersamen, Kurkuma und Süßholz überraschen Ginkenner nicht besonders und gelten quasi als eher konservativ. Nichts desto trotz gelang mit dem Blue Gin ein beachtlicher Erfolg, ist er doch längst in hochwertigen Cocktailbars weltweit zu finden

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Hermann Rogner beim Brennen.

Gin Austrian Style?
Ist es möglich einen eigenen Österreich- Stil bei Gin festzustellen? Bisher sind drei grobe Richtungen auf dem österreichischen Gin Sektor zu beobachten. Die „konservativen“ Brenner, die sich an klassischen Botanicals halten und einen meist wacholderlastige Destillate präsentieren, die locker als (London) Dry Gin durchgehen würden. Mit etwas ausgefalleneren und in Österreich nicht heimischen Rohstoffen beschäftigen sich andere Hersteller, die somit am ehesten unter der Rubrik „New Western Dry Gin“ zusammenzufassen wären. So verwendet die älteste Destillerie Salzburgs Guglhof für ihren Gin Alpin (ehemals Vir Gin) Granatäpfel als besondere Zutat. Die dritte Kategorie geht einen heimatverbundenen Weg. So werden pflanzliche Rohstoffe in unmittelbarer Umgebung gesucht und in mühevoller Entwicklungsarbeit zusammengestellt. Hermann Rogner aus dem niederösterreichischen Waldviertel hat auf diese Weise aufwendig den Geist seiner Botanicals, wie Quendel (wilder Thymian), Waldmeister und andere Kräuter, die in der Umgebung wachsen, eingefangen. Selbst der Wacholder stammt aus dem Norden Niederösterreichs. Das Ergebnis, der W4 Waldviertel Dry Gin, ist eine ganz eigene, spannende Art sich dem Thema zu nähern. Diese Regionalität, die in der österreichischen Lebensmittelbranche derzeit generell spürbar ist, hat auch bei den Edelbrennern Einzug gehalten.

Zusammenfassend lässt sich der Trend zum heimischen Gin nicht nur feststellen, er wird vom Publikum auch mit großer Aufmerksamkeit und kritischem Wohlwollen begleitet. Alleine durch die Struktur der österreichischen Brennerszene wird Gin aus der Alpenrepublik international gesehen mit wenigen Ausnahmen wohl eher eine Randerscheinung bleiben. Das soll jedoch der Freude an den Produkten keinerlei Abbruch tun.
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Einige österreichische Gins:
Le Gin, Schloß Halbthurn, Burgenland
Klassisch gehaltener Gin in einer eigenen Designerflasche. Bei den Botanicals gibt es keine Überraschungen (ua. Ingwer, Koriande, Zitronen)

Blue Gin, Hans Reisetbauer, Oberösterreich
Wohl das internationale Aushängeschild österreichischen Gins. Auf Basis von Weizen und Maisdestillaten werden 27 Botanicals (ziemlich klassisch, wie Zitronenzesten, Angelikawurzel, Koriandersamen, Kurkuma, Süßholz, ua.) ausmazeriert. Ein frischer Gin mit feiner Zitrusnote und fein-würzigem Abgang.

Nord-Süd Gin, Hermann Rogner, Niederösterreich
Die in Getreidealkohol ausgelaugten Botanicals (15 verschiedene mit Fokus aus Zitrusfrüchte) werden in einer 150l Brennblase schonend ausdestilliert. Frische Mandarinen- und Zitronennoten bestimmen den Geruch. Sehr frisch und fein-würzig am Gaumen.

W4 Waldviertel Dry Gin, Hermann Rogner, Niederösterreich
Die Besonderheit liegt darin, dass alle Kräuter (22 botanicals, ua. Waldmeister, Quendel) frisch verwendet werden. Da diese allerdings nicht gleichzeitig reif sind, müssen sie einzeln destilliert werden. Dieses sehr aufwendige Verfahren garantiert einen sehr ausgewogenen, von Kräutern des Waldviertels getragenen Dry Gin.

Uuahouua Classic Gin, Markus Wieser, Niederösterreich
Der Name Uuahouua bezieht sich auf die erste urkundliche Erwähnung der Wachau. Die Botanicals sind zwar geheim, eine starke Zitrusnote ist allerdings vordergründig. Dazu gesellen sich Noten von frischem Steinobst, der Wacholder ist erst am Gaumen präsent.

Gin Alpin, Destillerie Guglhof, Salzburg
Granantapfel ist wohl die ausgefallenste Frucht unter den insgesamt 23 Botanicals. In einer kleinen Brennblase werden die mazerierten Zutaten schonend destilliert. Die Wacholdernote ist deutlich, aber nicht übermäßig, Frucht und Würze umspielen sie sehr schöne. Überhaupt zeigt er sich vielschichtig am Gaumen und hat eine langen, würzigen Abgang.

Monopolowa Gin, J.A. Baczewski, Wien
Die Altvater Gessler – J.A. Baczewski Likörerzeugung GmbH hat eine lange, bewegte Geschichte, die sowohl von Höhen als k.u.k. Hoflieferanten als auch von Tiefen bis hin zur Verstaatlichung ihrer Produktionsstätten in Osteuropa nach dem II. WK reicht. Eigentlich spezialisiert auf Magenbitter und Kräuterliköre („Altvater“), bereichert nun auch Monopolowa Gin die Palette. Ein sehr trockener, würziger Gin, bei dem die Kräuter (Anis, Fenchel) schon in der Nase gut erkennbar sind. Besonders in den USA ist er begehrt. Auffallend ist das gute Preis-Leistungsverhältnis.

Lebenstern Dry Gin, Destillerie Freihof, Vorarlberg
Dieser Gin wurde exklusiv für die Lebenstern Bar in Berlin entwickelt. Hergestellt wird er allerding bei Freihof im vorarlbergischen Lustenau. Über die Zusammensetzung der Botanicals ist nichts bekannt, er rangiert allerdings sowohl im Duft als auch am Gaumen eher unter den puristischen, klassischen Dry Gins.

Hågmoar Gin, Destillerie Herzog, Salzburg
Der sehr umtriebige Brenner Siegfried Herzog hat seine beachtliche Produktpalette um Gin erweitert. Insgesamt 16 pflanzliche Rohstoffe finden Eingang in das Rezept. Frucht, Kräuter, Würze, Limette, Zitronengras, Zitruszesten, Wacholder waren die Eindrücke, die sich in der Nase ergaben. Die feine Kräuterwürze bleibt am Gaumen lange erhalten.

Mühlviertler Long Dry Gin, Dambachler Brände, Oberösterreich
Ebenfalls auf Regionalität setzt Florian Prückl aus dem Mühlviertel. Bergkräuter aus der Umgebung geben dem Gin seinen Schliff. Nach der Mazeration in Weizenalkohol werden die Botanicals zu einem feinen Gin herausdestilliert. Der Wacholder bleibt dominant, interessant ist eine leicht mineralische Note.

Gastblogger

3 Kommentare

  1. Tim Weber

    Cooler Artikel, ich bin auch der Meinnung dass dass Österreich noch viele Spitzengins hervorbringen wird. Blue Gin und Lebenstern Gin waren da meiner Meinung nach nur der Anfang. Auch die Ausgefallenen Gin mit (Granat) oder richtigem Apfel werden sich meiner Meinung nach durchsetzten. VG Tim

  2. Erhard Ruthner

    in kleiner, aktueller Nachtrag, der zeigt, dass der Ginboom auch in Österreich noch nicht vorbei ist. Gestern hat Jürgen Datzberger, der „Juniorbrenner“ von Seppelbauers Obstparadies im niederösterreichischen Mostviertel bekannt gegeben, dass er den Prime Of Life Gin nach 2 jähriger Entwicklungszeit fertiggestellt hat. 27 botanicals sind darin vereinigt. Freue mich schon auf´s verkosten.

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