Mittlerweile ist es schon zu einer kleinen Tradition geworden, dass sich das Trinklaune-Team, mal mehr, mal weniger vollständig, zusammen mit guten Freunden am letzten Samstag im April im Gourmetrestaurant Lerbach zum Lunch trifft.
Jeder, der das Schlosshotel Lerbach schon einmal besucht hat, kennt das Gefühl der Entspannung wenn man mit dem Taxi durch den imposanten Schlosspark fährt und weiß, dass man jetzt für mehrere Stunden Körper und Seele baumeln lassen kann. So ging es auch uns letzte Woche, als wir mit großer Vorfreude auf die Küche von Nils Henkel aus allen Winkeln der Republik nach Bergisch-Gladbach reisten.
Ohne Zeit zu verlieren begaben wir uns nach der Ankunft ins Restaurant, wo wir vom Team um Désirée Steinheuer und Peter H. Müller herzlich empfangen wurden. Wir entschieden uns für eine leicht geänderte Variante des preislich fair kalkulierten Gourmet-Lunch, der mit einem Glas 2008er Blanc de Blancs Millesime 1er Cru von Vve Fourny & Fils begann. Der noch recht junge Champagner zeigte bereits eine deutliche Reife mit kräftigen Aromen ohne dabei seine jugendliche Frische zu verlieren. Begleitet wurde er von einer Amuse-Trilogie zum Thema Liebstöckel. Bereits dieser kleine Auftakt zeigte deutlich, dass Nils Henkel seine Linie der kräuter-orientierten Küche weiterhin konsequent verfolgt und auf ein immer höheres Niveau hebt. Trotz hochwertiger Komponenten wie Jakobsmuschel, Sot-l’y-laisse und Mozzarella-Blini spielten die Aromen des Liebstöckel die erste Geige, ohne dabei die anderen Zutaten zu übertönen. Schön!
Nach dieser vielversprechenden Kostprobe ging es weiter mit Bachkrebsen – Sauerampfer, Couscoussalat, eingelegte Gurke. Die sanften aber dennoch unterschiedlichen Texturen von knackiger Gurke, angenehm körnigem Couscous, zarten Backkrebsen und weichen Krustentiergelee passten wunderbar zu dem milden Geschmacksbild dieser kalten Vorspeise. Nach dem gemeinsamen Champagner entschieden wir uns für zwei unterschiedliche Getränkebegleitungen. Vergoren und Unvergoren. Bei der Variante ohne Alkohol wurde ein Fever Tree Mediterranean Tonic mit gefrorenem Gurkenstick gereicht. Eine wohl überlegte Kombination, denn das kräuter-lastige Mediterranean Tonic griff zusammen mit der Gurke die Aromen des Ganges perfekt auf. Als vergorene Begleitung wurde der mineralische und würzig-frische 2011er Mademoiselle T. von Domaine Jean Teiller gereicht, der weder zu kräftig noch zu leicht war und dem Gang somit genug Raum zur Entfaltung gegeben hat.
Es folgte Bretonische Scholle – Frühlingsmorcheln, Schnittlauchsud, Radieschen. Dieser optisch sehr schöne Gang überzeugt vor allem durch die sehr hohe Qualität der Zutaten. Das zarte Fleisch der Scholle war von perfekter Frische und die kräftig angebratene Haut brachte eine substanzreiche Geschmacksnote an den Plattfisch. Morcheln, Schnittlauch und Radieschen brachten den Frühling in perfekter Form auf den Teller. Begleitet wurde der Gang von einem erstaunlich reif wirkenden 2007er Josephshöfer Riesling GG von Reichsgraf und Kesselstatt. Die Variante ohne Alkohol war ein in der Küche von Herr Henkel gekochter Morcheltee. Eine klare Essenz aus Waldpilzen, die zeigt, wie viel Mühe sich bei der unvergorenen Variante gegeben wird und dass man auch ohne Alkohol tolle und spannende Genusskombinationen erleben kann.
Soviel vorweg: Mit Gebeizter Bachsaibling – Fermentierter Fenchel, Bouillon von gegrilltem Sellerie folgte ein Highlight des Menüs. Mit nur drei Komponenten schaffte es Henkel einen kulinarischen Spannungsbogen aufzubauen, der uns restlos begeisterte. Der fermentiere Fenchel und die verschiedenen Variationen des Selleries zeigten eindrucksvoll, welches Potential in diesen doch eher unscheinbarem Gemüsen schlummert. Besonders die intensiven Röstaromen des gegrillten Fenchels werden uns dauerhaft in Erinnerung bleiben. Und dann war da noch der Saibling… Leicht süßlich gebeizt, von idealer Konsistenz. Perfekt. Auch die Getränkebegleitung zeigte, dass es nicht immer klanghafte Namen oder sündhaft teure Produkte braucht um ein gelungenes Geschmackerlebnis zu kreieren. Ein uns gänzlich unbekannter 2012er Trenzado vom Weingut Suertes del Marquez aus Teneriffa aus größtenteils autochthonen Reben, begleitete den Bachsaibling. Mit sehr komplexen, amphorenwein ähnlichen Aromen und einem leicht nussig-salzigem Geschmack wusste dieser trockene Weißwein ebenso zu überzeugen wie Nils Henkels kalt extrahierter Ayuverda Tee auf Basis von Süßholz, Fenchelsaat und Minze.
Nach drei leichteren Fisch- bzw. Krustentiergängen freuten wir uns nun auf das Lamm aus der Eifel – Anisjus, Artischocken, Stengelkohl. Die Qualität des Eifellammes kannten wir bereits von unserem Besuch aus dem letzten Jahr und es konnte uns erneut überzeugen. Eine überraschende Komponente wurde durch ein Stück eingelegte Schale der Zitronatzitrone auf den Teller gebracht. Unerwartet und gelungen. In diesem Fall konnte uns der im Geruch stark an Graubrot erinnernde alkoholfreie Artischockeneistee als Begleitung mehr überzeugen als der ebenfalls gute, allerdings nicht herausstechende 2009er Torroja – Terroir al Limit aus dem Priorat.
Es folgte eine von uns eingeschobene Rohmilchkäseauswahl von Maitre Affineur Antony. Hier zeigte dieser Meister seines Faches eindrucksvoll, zu welchen Weihen man klassische Produkte wie Comté & Co. verhelfen kann. Peter H. Müller reichte dazu einen Urakasumi Zen Junmai Ginjo Sake und einen 1996 Rivesaltes von Vigneron d’Agly. Unvergoren wurde ein Malzbier von Pinkus Müller aus Münster und ein Malzapfel genanntes Getränk aus Rubinettensaft, Pumpernickel und Gerstenmalz serviert. Die große Aromenvielfalt der Getränke, der verschiedenen Käse und Chutneys erlaubte eine hohe Anzahl an Kombinationsmöglichkeiten und machte diesen Käsegang damit zu etwas ganz Besonderem.
Da das Dessert dem letzten Jahr servierten stark glich, tauschten wir auf Empfehlung des Service mit einer à la carte Nachspeise. Blumenkohl – Erdnüsse, Karamell Ganache, Bulgur. Blumenkohl? Wir schauten uns skeptisch an. Da uns Pâtissier Frédéric Guillon allerdings schon oft mit ungewöhnlichen Kombinationen begeistere, ließen wir uns auf dieses Experiment ein. Dies sollte sich als goldrichtig erweisen, denn es folgte das wohl spannendste Dessert unserer noch jungen Genießerlaufbahn. Die Kombination aus Erdnüssen und Karamell Ganache erinnerte etwas an den Schokoriegel Snickers und harmonierte erstaunlich gut mit dem Blumenkohleis. Begleitet von Mirin, einem süßen Reiswein, und selbst gemachter Erdnussmilch erlebten wir hier Pâtisseriekunst auf höchstem Niveau!
Nach dem Kaffee und der dazu gereichten Süßen Nascherei erfrischten wir uns noch mit einer hervorragenden 0,375 L Flasche 2005er Scharzhofberger Riesling Auslese vom Weingut van Volxem, bevor wir im Park einen kleinen Spaziergang machten. Dieser tat äußerst gut und machte wieder etwas Platz in Bauch und Leber, so dass wir es uns nicht nehmen ließen, auf der Barterrasse noch zwei Flaschen Wein zu genießen. 2007er Diel – Burgberg GG und 2001er Koehler Ruprecht – Kallstadter Saumagen Riesling Auslese. Beides tolle Weine, aber leider nichts Unvergessliches. Dennoch optimal, um den Nachmittag mit guten Gesprächen ausklingen zu lassen und voller Vorfreude auf den letzten Samstag im April 2015 zu blicken!
Abschließend bleibt festzuhalten, dass es spannend ist die Küchenkunst von Nils Henkel zu verfolgen. Es ist immer wieder erstaunlich, welche Aromenvielfalt er aus vergleichsweise einfachen Kräutern und Zutaten wie Sellerie herauskitzelt. Hochwertige Produkte gut anzurichten ist die eine Sache, aber aus wenig viel zu machen: Das ist wahre Kochkunst! Neben der Küche entwickelt sich aber auch die Darbietung der flüssigen Produkte merklich weiter. Wohl einmalig ist die unvergorene Begleitung vom Team um Peter H. Müller, die wir jedem Trinklaunigen nur wärmstens empfehlen können!
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