Trinklaune in Roussillon – Tag III

Auch der dritte Tag unseres Aufenthaltes in Südfrankreich stand im Zeichen von Rebe, Küche und Sonne.

Der erste Besuch des Tages führte uns zur Domaine de Lauriga, einem Betrieb, der schon in vierter Generation Wein produziert, jedoch erst seit 2001 als eigenes Haus firmiert. Früher gingen große Teile der Weine in den Byrrh, den großen Aperitifwein des Roussillon, der im Rahmen der Wermut-Renaissance auch an deutschen Tresen wieder häufiger gesichtet wird. Die Hälfte der Weinberge Laurigas liegt direkt in Sichtweite zum Pic de Canigou, dem östlichsten Ausläufer der Pyrenäen, der der stumme, schneebedeckte Begleiter unserer Reise war und immer über dem Panorama thronte.

Pic de Canigou

Pic de Canigou

Weiter ging es zur Domaine de la Perdrix., einem sehr dynamischen Weingut, das kürzlich den kompletten Keller neu gestalten ließ und auf die traditionellen Rebsorten des Roussillon setzt: Grenache, Carignan und Muscat zum Beispiel – auf modische Neupflanzungen wie Merlot, Chardonnay oder Cabernet Sauvignon wird verzichtet. Die Weine konnten durch die Bank überzeugen (siehe abschließender Teil der Roussillon-Reihe) und der umtriebige Chef und seine Gattin präsentierten uns ihr Haus und ihre Weine außerordentlich sympathisch und selbstbewusst und ohne Fragen zu scheuen. Letzteres auch vollkommen zu recht – tolle Weine zu fairen Kursen und ebenfalls gelungene Vins Doux Naturels.

Domaine de la Perdrix

Domaine de la Perdrix

Domaine de Nidolères

Domaine de Nidolères

Unsere Fahrt führte uns mittlerweile durch karger werdendes Terrain und die Weiler, die wir passierten, wurden kleiner. In der Mitte des Nirgendwo bogen wir in einen Feldweg ein, dem es zu folgen galt. Diese Landpartie lohnte sich allerding in vollstem Maße: Die Domaine de Nidolères empfing uns in paradiesischer Ruhe und Abgeschiedenheit. Eine Unterkunft für Touristen mit Grillmöglichkeit unter dem Terrassendach,  ein Weingut, ein Restaurant – all das firmiert unter einem Dach. Wir blieben zwar nicht über Nacht, sind uns aber sicher, dass sich die charmante Gastgeberin so gut um ihre Gäste kümmert, wie sie kocht. Denn dass sie letzteres versteht, wurde schnell unter Beweis gestellt. Eine klassisch katalanische Küche wurde uns präsentiert: würzig, intensiv, wenig fett, salzig – herrlich! Der Vorspeisenteller mit Anchovis, gegrillter Paprika, einer Art Ceviche und  einem klassischen Gericht zu Ostern, bestehend aus Eiern, Spargel und weiteren frischen Köstlichlichkeiten konnte den ganzen Tisch in Entzückung versetzen. Die dazu servierten Weine der Domaine werden vom Ehemann der Köchin gekeltert und waren allesamt einzigartig. Am ehesten mit dem – schwierigen – Label Vins Naturels zu versehen, dabei aber nicht unerfreulich und unsauber, sondern von großer Klarheit und Präzision und großem Alterungspotential und -bedürfnis. Der 2005er La Justine, hauptsächlich aus Grenache Noire gekeltert, wartete mit sehr viel Kraft auf, dazu Veilchen, eine angenehme Säure und viel Struktur. Hervorragend!

Doch das Erlebnis hier wäre wohl nicht halb so schön gewesen, hätten wir nicht auf der Terrasse gesessen, angenehm im Schatten, mit Blick auf Reben, Berge und blauen Himmel. Wer in der Gegend weilt – stattet der Domaine einen Besuch ab!

Tag3 Nidoleres Weine

Hiermit sollte der Tag aber noch nicht ausklingen. Weiter ging es in Richtung Mittelmeerküste, direction Collioure! Auf dem Weg legten wir noch eine kurze Pause ein, um Anchois Roque einen Besuch abzustatten. Von ehemals 60 Betrieben in der Anchovis-Industrie in Collioure sind mittlerweile nur noch zwei übrig geblieben, zu übermächtig und zu billig ist die hochtechnisierte Konkurrenz geworden. Doch noch heute kommen 70 % der verabeiteten Fische direkt aus dem Mittelmeer, die verbliebenen 30 % kommen aus atlantischen Fanggründen. 300 Tonnen werden pro Jahr verarbeitet und in den letzten Jahrzehnten wurde niemandem gekündigt – ein erfreulicher Lichtblick in einer Gegend, in der Arbeitsplätze rar sind. Die Anchovis sind nach ihrer 100tägigen Lagerung in Meersalz von herrlichem Geschmack, würzig, salzig, mediterran!

Anchois Roque

Anchois Roque

Nun aber tatsächlich: Ab ins Zentrum von Collioure! Eine äußerst charmante Stadt mit wunderbarer Bausubstanz, einem kleinen Hafen und einer Festung. Nur leider bereits an diesen sonnigen Apriltagen von Touristen vollkommen überlaufen, sodass vom Charme des Ortes nicht mehr viel geblieben ist. Für einen entspannten Urlaub sicherlich eher ein Tagesziel… Die Sonne am Hafen haben wir trotzdem genossen!

Collioure

Collioure

Im nächsten Teil meines Reiseberichts kommen wir endlich zu den legendären Vins Doux Naturels, meines Erachtens dem Schatz des Roussillon!

 

 

Es gilt unser Disclaimer: Wir schreiben nur über das, was wir mögen!
Trinklaune.de wurde auf eine Pressereise ins Roussillon eingeladen. Daran geknüpft war weder die Verpflichtung zur Berichterstattung noch eine Einflussnahme auf den Inhalt des Artikels.

Torben Bornhöft

Torben Bornhöft beschäftigt sich seit 2004 leidenschaftlich mit Themen rund um Bar, Cocktails und Genuss. Nachhaltig geprägt durch fünf Jahre im Hamburger Le Lion und die Likörproduktion mit Forgotten Flavours liegt Torbens Fokus hier mittlerweile auf den Themen Champagner, Infusionen und Twists auf Klassiker.

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