Guter Alkohol – Böser Alkohol – Teil1

Nein, das Panschen von Wein oder die Schwarzbrennerei von Schnäpsen wird unter der Überschrift „Guter Alkohol – Böser Alkohol“ kein Thema sein: „Ach hätte ich doch nur den guten Alkohol aus dem Supermarkt getrunken und nicht den günstigen, den Igor in seiner Wald-Destille gebrannt hat – Böse Sache, nun bin ich blind.“ – Das ist nicht unsere Thematik.

Auch um die Folgen übermäßigen Alkoholkonsums wie Übelkeit und Kopfschmerzen werden uns nicht beschäftigen. „Ach hätte ich doch gestern Abend nur rechtzeitig aufgehört. Das letzte Glas Bier muss schlecht gewesen sein. Böse Sache, nun ist mir übel. – Solche Plattitüden passen nicht in den Rahmen von trinklaune.de.

Alkohol, genauer gesagt Ethanol ist ein Zwitter. – Immer. Überall.
Er ist lipophil und hydrophil, bringt Lust und Last, Freuden und Frust ganz nach dem Motto: „Alkohol ist ein hervorragendes Lösungsmittel: Es löst Familien, Ehen, Freundschaften, Arbeitsverhältnisse, Bankkonten, Leber- und Gehirnzellen auf. – Böse, böse, es löst nur keine Probleme.“ – Auch das wird uns nicht weiter interessieren.

Guter Böser Alkohol Genussmittel
In dem Aufsatz von Hasso Spode: „Alkoholische Getränke“ aus dem empfehlenswerten Buch „Genussmittel – Ein Kulturgeschichtliches Handbuch“ fand ich folgende Fakten, die ich zusammengefasst wiedergebe:

Der Beginn der „alkoholischen Moderne“ wird durch den stark gestiegenen Brandweinkonsum der unteren Schichten, im endenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert markiert. Die Oberschicht trank Brandwein hoher Qualität und häufig in Mixgetränken, während das Proletariat schlechten „Fusel“ konsumierte, häufig aus eigener Herstellung. Die alten Trinkgewohnheiten, sprich Menge und Periodizität, wurden nahezu unverändert auf die hochprozentigen Getränke übertragen, was zu einer sozialen und gesundheitlichen Verwahrlosung ganzer Schichten führte. In den USA und Großbritannien, vereinzelt auch in Kontinentaleuropa, bildeten sich erste Zusammenschlüsse, die Mäßigkeit oder gar Abstinenz im Umgang mit Alkohol propagierten. Gleichzeitig mit dieser Entwicklung kam das erste mal die Auffassung auf, das schwerer Alkoholmissbrauch eine Krankheit mit dem Namen „Alkoholismus“ sei. Ausgehend von der Stigmatisierung der hochprozentigen Getränke als „Feind der Arbeiterklasse“, dehnte sich die Auffassung, Alkohol sei „ein künstliches Keimgift“ aus:
Der Konsum führe dazu, dass die Gesellschaft durch diejenigen belastet würde, die nicht maßvoll damit umzugehen wüssten. Die Prohibition von Alkohol wäre also nur eine Form der Notwehr der „anständigen Bevölkerung“ und deshalb durchaus als legitim anzusehen. In Europa unterschied man nun wie schon während der „Gin-Epidemie“ zwischen „gutem“ (sprich Bier und Wein) und „schlechtem, bösen“ Alkohol (sprich Brandwein).

Guter Alkohol – Böser Alkohol. Unter dieser plakativen Überschrift wollen wir nun in den nächsten Wochen aktuelle Beobachtungen sammeln. Diese Unterscheidung, die die Welt der alkoholhaltigen Getränke aufsplittet, in gut und schlecht, gut und böse, wird uns die nächsten Wochen beschäftigen. Hier zeichnet sich eine gesellschaftliche Entwicklung ab, die immer stärker Fahrt aufnimmt und die erkannt und benannt werden soll. In einer kleinen Serie werden wir typische Beispiele aufzeigen und sie kommentieren. In den kommenden Tagen mit dem nächsten Beitrag: „Guter Alkohol, böser Alkohol – Der Freiheitsindex“

Alchemyst

Alchemyst, geboren in den fünfziger Jahren, studierte Philosophie, Theologie und Pharmazie. Heute leitet er eine öffentliche Apotheke in Norddeutschland. Alchemyst ist nicht selten in Champagnerlaune.

1 Kommentar

  1. „Alkohol ist keine Lösung, sondern ein Destillat.“ Nur um obige Kneipenwahrheit zu korrigieren und zeitgleich einen Kalauer zu ergänzen…

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Guter Alkohol – Böser Alkohol – Teil1

Nein, das Panschen von Wein oder die Schwarzbrennerei von Schnäpsen wird unter der Überschrift „Guter Alkohol – Böser Alkohol“ kein Thema sein: „Ach hätte ich doch nur den guten Alkohol aus dem Supermarkt getrunken und nicht den günstigen, den Igor in seiner Wald-Destille gebrannt hat – Böse Sache, nun bin ich blind.“ – Das ist nicht unsere Thematik.

Auch um die Folgen übermäßigen Alkoholkonsums wie Übelkeit und Kopfschmerzen werden uns nicht beschäftigen. „Ach hätte ich doch gestern Abend nur rechtzeitig aufgehört. Das letzte Glas Bier muss schlecht gewesen sein. Böse Sache, nun ist mir übel. – Solche Plattitüden passen nicht in den Rahmen von trinklaune.de.

Alkohol, genauer gesagt Ethanol ist ein Zwitter. – Immer. Überall.
Er ist lipophil und hydrophil, bringt Lust und Last, Freuden und Frust ganz nach dem Motto: „Alkohol ist ein hervorragendes Lösungsmittel: Es löst Familien, Ehen, Freundschaften, Arbeitsverhältnisse, Bankkonten, Leber- und Gehirnzellen auf. – Böse, böse, es löst nur keine Probleme.“ – Auch das wird uns nicht weiter interessieren.

Guter Böser Alkohol Genussmittel
In dem Aufsatz von Hasso Spode: „Alkoholische Getränke“ aus dem empfehlenswerten Buch „Genussmittel – Ein Kulturgeschichtliches Handbuch“ fand ich folgende Fakten, die ich zusammengefasst wiedergebe:

Der Beginn der „alkoholischen Moderne“ wird durch den stark gestiegenen Brandweinkonsum der unteren Schichten, im endenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert markiert. Die Oberschicht trank Brandwein hoher Qualität und häufig in Mixgetränken, während das Proletariat schlechten „Fusel“ konsumierte, häufig aus eigener Herstellung. Die alten Trinkgewohnheiten, sprich Menge und Periodizität, wurden nahezu unverändert auf die hochprozentigen Getränke übertragen, was zu einer sozialen und gesundheitlichen Verwahrlosung ganzer Schichten führte. In den USA und Großbritannien, vereinzelt auch in Kontinentaleuropa, bildeten sich erste Zusammenschlüsse, die Mäßigkeit oder gar Abstinenz im Umgang mit Alkohol propagierten. Gleichzeitig mit dieser Entwicklung kam das erste mal die Auffassung auf, das schwerer Alkoholmissbrauch eine Krankheit mit dem Namen „Alkoholismus“ sei. Ausgehend von der Stigmatisierung der hochprozentigen Getränke als „Feind der Arbeiterklasse“, dehnte sich die Auffassung, Alkohol sei „ein künstliches Keimgift“ aus:
Der Konsum führe dazu, dass die Gesellschaft durch diejenigen belastet würde, die nicht maßvoll damit umzugehen wüssten. Die Prohibition von Alkohol wäre also nur eine Form der Notwehr der „anständigen Bevölkerung“ und deshalb durchaus als legitim anzusehen. In Europa unterschied man nun wie schon während der „Gin-Epidemie“ zwischen „gutem“ (sprich Bier und Wein) und „schlechtem, bösen“ Alkohol (sprich Brandwein).

Guter Alkohol – Böser Alkohol. Unter dieser plakativen Überschrift wollen wir nun in den nächsten Wochen aktuelle Beobachtungen sammeln. Diese Unterscheidung, die die Welt der alkoholhaltigen Getränke aufsplittet, in gut und schlecht, gut und böse, wird uns die nächsten Wochen beschäftigen. Hier zeichnet sich eine gesellschaftliche Entwicklung ab, die immer stärker Fahrt aufnimmt und die erkannt und benannt werden soll. In einer kleinen Serie werden wir typische Beispiele aufzeigen und sie kommentieren. In den kommenden Tagen mit dem nächsten Beitrag: „Guter Alkohol, böser Alkohol – Der Freiheitsindex“

Alchemyst

Alchemyst, geboren in den fünfziger Jahren, studierte Philosophie, Theologie und Pharmazie. Heute leitet er eine öffentliche Apotheke in Norddeutschland. Alchemyst ist nicht selten in Champagnerlaune.

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  1. „Alkohol ist keine Lösung, sondern ein Destillat.“ Nur um obige Kneipenwahrheit zu korrigieren und zeitgleich einen Kalauer zu ergänzen…

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