Guter Alkohol – Böser Alkohol : Der Freiheitsindex

Anlässlich des Tags der deutschen Einheit ist es interessant: Der Wert der Freiheit wird in Deutschland geringer gewertet als Werte wie Gerechtigkeit, Gleichheit oder Sicherheit. Zu diesem Ergebnis kommt das J. S. Mill Institut für Freiheitsforschung in seinem Freiheitsindex aus dem letzten Jahr. Dieser liegt aktuell bei minus 2,7 auf einer Skala von minus 50 bis plus 50.  –  Minus 2,7 – mich friert’s. Im Vorjahr lag der Wert noch bei minus 0,7.  Grundlage für den Index ist eine Umfrage und die Analyse überregionaler Printmedien.
Laut der Umfrage rufen die Deutschen nach allerlei Verboten. Eine große Mehrheit möchte harte Drogen, rechtsradikale Parteien und das Klonen von Menschen verboten sehen. Gut so.
Interessant finde ich, und das gehört in den Katechismus der grassierenden Gesundheitsreligion, dass eine Mehrheit von fast zwei Dritteln für ein Verbot! ungesunder Lebensmittel plädiert. Wirklich eine aparte Idee. Einfach verbieten. Was mehr schadet, als nützt, gehört eben verboten. Und ungesunde Lebensmittel sowieso. Das ist ja auch ein Widerspruch in sich: Ungesundes bedeutet Krankheit, Siechtum und letztlich Tod. Ungesunde Lebensmittel dienen mehr dem Sterben, denn dem Leben. Weg damit. Einfach mal verbieten. Deutsche kauft nicht bei Arko. – Was für eine putzig-abstruse Idee.

No fast food
Was aber sind ungesunde Lebensmittel? Sollen nun Currywürste verboten werden? Wie wäre es mit Kartoffelchips? Wenn man „ungesunde Lebensmittel“ googelt kommen eine Fülle von weiteren drolligen Vorschlägen: Weissmehl und Weissmehlprodukte, Fertiggerichte, Wurstwaren mit Nitriten, Mikrowellen Popkorn und z.B. Softdrinks. – 64% der deutschen Umfrageteilnehmer plädieren für ein Verbot ungesunder Lebensmittel. Chips-Hersteller, Pressfleischdönerproduzenten, Burgerbrater und Fertigpizzafabrikanten können jetzt jedenfalls einpacken. – Deutsche haben immer wieder ulkige Vorstellungen vom Verändern der Welt…..

Freiheitsindex

Eher im unteren Ende der Umfrageliste des Freiheitsindex steht das Verbot  harter Spirituosen. Immerhin 19%, also rund ein Fünftel der Umfrageteilnehmer sind für ein Verbot des Verkaufs von hochprozentigen Spirituosen. Im Vorjahr hatten nur 14% dieses Verbotsansinnen. Ein Plus von ganzen 5% also.
Hier haben wir es wieder: erst wird unterschieden zwischen sogenannten harten Drogen und sogenannten weichen Drogen und neuerdings auch vermehrt zwischen „harten“ Spirituosen und Getränken mit weniger Alkohol. Böser Alkohol, guter Alkohol. Und ein Fünftel der Deutschen sind dafür, den „bösen Alkohol“ zu verbieten.
Die Teil-Prohibition hochprozentiger Schnäpse wäre eine Absonderlichkeit: Beim Griechen gäbe es zum Gyros keinen Ouzo aufs Haus, bei Salvatore würde ich auf meinen Gratis-Grappa verzichten müssen und bei Hein aus dem Nachbarwirtshaus gäbe es auch keine Doppelkorn Runden mehr.
Sowenig wie ich die willkürliche Unterscheidung in „weich“ und „hart“ im Bereich der klassischen Drogen für sinnvoll halte, sowenig kann man diese Kategorisierung auf das Genussmittel Alkohol übertragen, wie wir in einem späteren Beitrag noch zeigen werden.
Aber allein die Tatsache, dass es der Verbotsvorschlag für „harte“ Spirituosen in den Freiheitsindex geschafft hat, ist ein Signal. Das Umfrageplus von 5% ist eine Warnung. – Im November erscheint der neue Freiheitsindex.  Wir dürfen gespannt sein.

Alchemyst

Alchemyst, geboren in den fünfziger Jahren, studierte Philosophie, Theologie und Pharmazie. Heute leitet er eine öffentliche Apotheke in Norddeutschland. Alchemyst ist nicht selten in Champagnerlaune.

2 Kommentare

  1. Eine interessante Unterscheidung, aber keinesfalls neu, und auch nicht typisch deutsch. Schon vor 250 Jahren hat der Engländer William Hogarth zwischen gutem und bösem Alkohol unterschieden: http://en.wikipedia.org/wiki/Beer_Street_and_Gin_Lane
    Interessant ist damals wie heute die Frage, wer von einem Verbot der hochprozentigen Geister profitieren würde… Lobby-Arbeit nennt man so was, glaube ich….

  2. Alchemyst

    @ margaretemarie: Danke für den Kommentar. Ich stimme voll und ganz zu.
    Die alte Unterscheidung zu Zeiten der „Gin-Craze“ haben wir ja schon im Eröffnungsbeitrag der Serie aufgegriffen:
    Guter Alkohol – Böser Alkohol – Teil 1

    Und die Wirkung von Lobbyarbeit werden wir demnächst beleuchten unter der Überschrift: Guter Alkohol – Böser Alkohol : Alkopops

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