Nach einigen Jahren war ich wieder zum Bar Convent in Berlin und höchst erstaunt, was sich dort entwickelt hat. Mit 170 Ausstellern und fast 10.000 Besuchern erreichte die Messe in allen Dimensionen einen neuen Höchststand. In der Halle Halligalli. Voll, laut, Gesprächsfetzen und Gelächter. Der umstrittene Schritt weg von dem Dualismus zwischen professioneller und Konsumentenmesse ist von meinem Erleben her konsequent. Der BCB ist ein Ort geworden, an dem sich die Professionals wiedersehen, Geschäfte vereinbaren und netzwerken. Der BCB ist „groß“ geworden.
Stark in den Hintergrund des Interesses getreten ist das eigentliche Produkt. So sehr man sich bemühte, „die“ kommende Trendspirituose zu suchen, man fand sie nicht. Unendlich viele neue Gin-Produkte, einiges an Mezcal und Bier. Bier? Ja, Bier. Einige Craft Brauereien wie etwa Ratsherrn, Crew Republic oder Schädelbräu suchten den Weg in die Bar und fanden zumindest den Weg auf die Messe. Mit BrewBerlin erhält die Bierszene durch die BCB-Veranstalter eine große Unterstützung. Ist Craft-Bier etwa das neue Trendprodukt der Bar? Darüber fand eine große Diskussion auf der Mixology Stage unter der Leitung von Peter Eichhorn statt. Dabei zeigte man sich streitlustig. Vom margenreduzierenden Hype mit geringer Haltbarkeit und schwieriger Verfügbarkeit bis hin zum neuen Fixstern der Bar, zu dem man den Gast nur anständig führen muss, waren alle Meinungen vertreten. Die Diskussion erinnerte frappierend an die „Darf ich in einer klassischen Bar Pina Colada verkaufen?“ – Diskussion von vor einigen Jahren. Ergebnis noch offen. Einig ist man sich gewesen, dass der Markt eine Konsolidierung erfahren wird.
Partnerland dieses Jahr waren die USA. Und als solche bestückten sie nicht nur die Bar USA, in denen die Aussteller Cocktails mischen konnten, sondern der DISCUS (Distilled Spirits Council of the US), der nationale Handelsverband für US-Spirituosen, flog eine große Zahl kleiner Destiller ein, die einen großen Stand bestückten und viele Produkte zeigten, die zwischen erfrischend innovativ und desaströs lagen. Ob das alles noch „Craft“ ist – dazu die Tage mehr. A propos Bourbon. Mit dem Bourbon kommt die „Shot-Kultur“ (schließt sich das eigentlich gegenseitig aus?) zurück. Zu jedem Chili Hot Dog von den Caterern von Chicago Williams BBQ gab es zum Beispiel einen Bulleit Shot. Daneben erfreute uns Fernet Branca mit Mischgetränken und Shots – und direkt daneben hatte Jägermeister einen der größten Stände des BCB. Auch hier gab es unter anderem – richtig: Shots. Ist der Trend gar nicht eine Spirituose, sondern der Trend zum befreiten Trinken? Rebellion wider die alten Dogmen? Braucht man keinen wissenschaftlichen Hintergrund mehr für seine alkoholischen Mischgetränke? Hinfort mit den Jerry-Thomas-Kopien! Wunderbar! In diesem Zusammenhang auch des öfteren gehört: Vodka pays the bills!
Als drittes bleibt das subjektive Gefühl, der BCB-Tag wird eher von den Gastbartendern an den Ständen als den verwendeten Produkten geprägt. Bartender XY ist jetzt und nur jetzt am Stand von Marke YZ? Man konnte sich sicher sein, dass die Schwarmintelligenz dazu führte, dass am entsprechenden Stand eine große Traube Menschen stand. Hier zieht ein wenig Popkultur ins Bartenderleben ein. Dazu noch einige andere Messe-Splitter: Der zeitgleiche Einlass vieler Menschen scheint immer noch ein größeres Problem zu sein. Das Thema Cognac ist immer noch kein Thema. Die Zukunft des Tiki ist in der Vergangenheit von Tiki zu erblicken. Gurkenschnitzen ist cool. Und es wäre dringend zu überlegen, ob das unendlich dicht gepackte Programm (6 Bühnen!) und die Größe des BCB nicht eigentlich einen dritten Messetag erfordern.
1 Kommentar