Ein Kräuterlikör aus deutschen Landen mit einem großen Hirsch auf dem Label und 35%? Das weckt doch Assoziationen. Und so zog auch die Mast-Jägermeister SE gegen die Hirschrudel GmbH ins Felde, hinter der die Eierlikör- und Sirupdynastie Verpoorten steht. Nach etwa einem Jahr entschied man für Hirschrudel und gegen Jägermeister, denn ein Hirschrudel bestehe notwendigerweise aus mehr als einem Tier. Damit sei eine Verwechslungsgefahr zu Jägermeister, auf der ja nur ein Hirsch abgebildet sei, ausgeschlossen.
Kräuterliköre sind auch in Deutschland kein einfaches Terrain. Der Markt ist zwischen diversen Marken aufgeteilt, die oft starke regionale Verwurzelung haben (Killepitsch, Schierker Feuerstein, Sechsämtertropfen) oder die einfach jeder kennt. Darunter fallen etwa Kümmerling oder nunja, Jägermeister. Aber will Hirschrudel wirklich mit diesen verglichen werden? Preis und Design sprechen eher fürs Premiumsegment.
Hirschrudel ist pur verhältnismäßig süß mit starken Kaffee- und Schokoladen-Aromen. Etwas Zimt. Viel Vanille. Dahinter auch Kräuter und Gewürze, die sich nicht besonders gut zuordnen lassen. Ich stelle mir vor, davon ein Glas in einen Michkaffee zu kippen und mich damit in einem dieser modernen Cafés, die nach Almhütten aussehen, in hochalpine Stimmung zu bringen.
Hirschrudel ist also Crowdpleaser und wesentlich zugänglicher als die etablierte, brünftig röhrende Konkurrenz. Spricht das gegen eine Eignung als Mixer? Nicht unbedingt. Die Aromen von Vanille, Demerara-Zucker, Kaffee sind natürlicher Partner gelagerter Spirituosen wie Bourbon, dunklem Rum oder Cognac. Hirschrudel erscheint als „Geschmacksverstärker“ im besten Sinne.
Jagdbüchse
- 6 cl Bourbon (am besten mit hohem Roggenanteil, etwa Bulleit, Buffalo Trace oder Basil Hayden)
- 1,5 cl Hirschrudel
- 1 bl Grand Marnier Cuvée de Centanaire
- 2 ds Orange Bitters
Der Cocktail ist eine Variation auf den Revolver Cocktail – der seinerseits eine Variation auf den Manhattan ist. Der Kaffeelikör des Revolver wird durch Hirschrudel ersetzt. Der Cocktail bleibt aber ein Mahattan. Die Aromen des Hirschrudel umschmeicheln den Bourbon. Die Vanille und die Schokonoten übernehmen hier die Oberhand. Allerdings passiert auch, was passieren muss: Der Cocktail wird etwas eindimensional, da sich die Aromen zu sehr anpassen. Außerdem taucht eine störende alkoholische Note auf. Was also tun. Ich habe einen Barlöffel Grand Marnier Cuvée de Centanaire hinzugefügt, den ich sonst sehr selten verwende, weil er Aromen zu sehr zuzudecken pflegt. Hier tut er aber seinen Dienst, bringt dezente Orangenaroma mit und lässt die Alkoholnote verfliegen. Dennoch bleibt der Bourbon der tonangebende Spieler, besonders im Abgang.
Was also kann Hirschrudel? Er (Achtung: Witz) stößt ins gleiche Horn wie viele Produkte derzeit. Mehr Heimat, mehr Historie, mehr Premium. Gleichzeitig große Gefälligkeit. Ob das mit der Shot-Kultur bei Jägermeister kompatibel ist, wage ich zu bezweifeln. Seine Stärke hat Hirschrudel im Mixen. Ein sanfter, sehr gefälliger Kräuterlikör, der zu vielen gelagerten Spirituosen einen natürlichen Partner findet.
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