Auch im Hinblick auf Zucker, Glycerin und weitere Zusatzstoffe ist mein Rum-Enthusiasmus in letzter Zeit etwas eingeschlafen. Eigentlich bedauerlich, da die Bandbreite dieser tollen Spirituose so unglaublich groß ist und – insbesondere bei Fassstärken – fantastische Geschmackserlebnisse darauf warten, genossen zu werden.
Guten Rums – sowie voller Transparenz – hat sich die Compagnie des Indes verschrieben. Die kleine französische Firma füllt Rums aus aller Welt ab. Der Gründer und Inhaber Florent Beuchet stammt aus einer Familie von Absinth-Destillateuren und hat zwei Jahre für Banks Rum gearbeitet, bevor er die Compagnie des Indes (benannt nach der französischen Ost-Indien Handelsgesellschaft) gründete, um dem Markt für Massenrums den Rücken zu kehren. Inspiration hierfür fand er im französischen Weinbau, speziell im Burgund. Von Mikroklima zu Mikroklima sind die Lagen verschieden – dementsprechend bringen sie auch verschiedene Aromen hervor. Der Terroir-Gedanke hält auch hier Einzug. Woher stammt der Rum? Welche Zuckerrohrsorte wurde verwendet? Welche Hefe? Welche Still wurde benutzt? Wo und wie lange gelagert? All diese Faktoren wirken sich natürlich auf dem Rum aus. Dementsprechend werden charakteristische, spannende Rums verschiedenster Herkunftsgebiete abgefüllt. Die Basisqualitäten werden mit 15 Gramm Zucker pro Liter versetzt, im Sinne eines Dosage-Gedankens, um die Spirituose für die unerfahreneren Konsumenten zugänglicher zu machen. Für mich eine bedauerliche Entscheidung, auch wenn dies bei den Spitzenqualitäten nicht gemacht wird. Der Hintergedanke ist, die Konsumenten behutsam an kräftigere Rums heranzuführen. Trotzdem erscheint mir die Wahl des Mittels nicht ganz zu Ende gedacht, da man das gleiche Vorgehen wählt. Jedoch – ein großer Unterschied – wird dies transparent kommuniziert. Der zugesetzte Zucker ist Bio-Vollrohrzucker.
Viele Rums der Compagnie sind Einzelfassabfüllungen, aber es gibt auch prototypische Blends. Einen im karibischen Stil, einen im lateinamerikanischen. Wir wollen an dieser Stelle unsere Favoriten aus dem Portfolio vorstellen.
Cuba, 16 Jahre
Nase:
Moos, Unterholz, eine leichte und schlanke Frucht. Blaubeere. Dabei typisch Kuba.
Gaumen:
Schöne Intensität, aber auf den Punkt. Kräuter, Kraft und Konzentration. Apfel und Beeren. Leichter Rauch. Der Apfel sticht hervor, erinnert an jungen Calvados. Spannend.
Ein richtig gelungener Kubaner mit einer klaren Aussage. Kein Larifari-Gedöns, das irgendwie schmeckt, aber auch überhaupt keinen bleibenden Eindruck hinterlässt. Aus der Sancti Spiritus Destillerie. Richtig gut. El Presidente rühren.
Barbados, 16 Jahre
Nase:
Ananas, Anis und Salbei. Ein äußerst spannendes Aromenpaket, das dieser Rum mitbringt. Dazu etwas Frucht, Himbeere und Minze. Angenehm atypisch.
Gaumen:
Ein äußerst individueller Rum auch am Gaumen. Hohe Intensität, viel getrocknete Ananas, Karamell und getrocknete Früchte.
Dieser spannende Rum wurde bei Foursquare zur Hälfte in Pot Stills und zur Hälfte in Column Stills destilliert. Für Barbados fast schon ein Exot – was ihn interessant und reizvoll macht.
Indonesien, 10 Jahre
Nase:
Arrak! Ganz eindeutig! Aber ungewohnt komplex, weich und vielschichtig. Hochinteressant. Rosinen und frisch gebackener Kuchen. Arrak-Kuchen…
Gaumen:
Das ist geiler Stoff! Massive Frucht, typische Arraktöne, hell im Aroma, Frucht, trocken und ein wenig dreckig. Im Nachklang floral, Vanille, Trockenblumen.
Klar mein Favorit aus einem hochklassigen Portfolio. Per Definition Batavia Arrak und kein „reiner“ Rum (bei der Fermentation wird etwas Reis-Teig mit weiteren Zutaten zugegeben). Das Ungewöhnliche ist das Alter des Arraks, der so kaum zu finden ist. Freakstoff par Excellence – ich bin begeistert!
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„Die Basisqualitäten werden mit 15 Gramm Zucker pro Liter versetzt, im Sinne eines Dosage-Gedankens, um die Spirituose für die unerfahreneren Konsumenten zugänglicher zu machen.“
Ja, warum müssen das die Whisky- und Tequila-Produzenten nicht tun? Warum meint der Rumhersteller, dass ungezuckerter, unaromatisierter Rum „schwierig“ sei? Fragen über Fragen…