Man kann es nur als eine Revolution bezeichnen. Eine neue Generation an Spirituosenproduzenten betritt den Markt und bricht mit alten Gewissheiten. So berichtete Torben bereits über einen geschmacklich wagemutigen Rum, der in Deutschland destilliert wird – und sich bezeichnenderweise „Revolte Rum“ nennt. Und in die gleiche Kerbe schlägt auch Freimut Wodka. Gründer Florian Renschin stellte seine Produktphilosophie bereits vor. Einen eigenständigen Charakter und Geschmack soll Wodka haben!
Von Regeln und Revolutionen
Wie immer sind Revolutionen und das Gesetz keine guten Freunde. Schließlich soll nach der Spirituosenverordnung (110/2008/EG) die Destillation eines Wodka dafür sorgen, „dass die sensorischen Eigenschaften der verwendeten Ausgangsstoffe und die bei der Gärung entstandenen Nebenerzeugnisse selektiv abgeschwächt werden.“ Eine weitere Behandlung, etwa durch Aktivkohlefiltrierung, kann dieses Ergebnis verstärken. Bei Freimut hingegen wird der „norddeutsche Champagnerroggen“ etwa viermal so lang wie üblich vergoren. Zusätzlich findet ein Blend verschiedener Fraktionen statt. Das alles bringt Geschmack. Hier in der Beschreibung des Gesetzes zu bleiben, ist sicherlich ein Balanceakt. Denn Wodka darf keine „Getreidespirituose“ sein, die nach der Spirituosenverordnung die „sensorischen Eigenschaften der Ausgangsstoffe aufweist“. Daher wird das Ergebnis auch nicht mit „Premium-Korn“ vergleichbar sein, den man gerne als deutschen „White Dog“ oder „Moonshine“ verkauft.
Revolution light?
Also nur eine Revolution light? Ein Reförmchen? Allerdings – das Gesetz lässt einen deutlichen Spielraum. Wodka muss nicht „neutral“ sein, wie man fälschlicherweise manchmal liest. Und die Verpackung tut alles, etwaige Zweifel wegzuwischen. Eine schwere, schwarze Flasche mit goldener, kampfeslustig dreinblickender Eule erwartet den Trinker. Vom Wind of Change motiviert gingen wir ans Werk. Ein Wodka Sour mit frischen Himbeeren (8:3:2, ca. 6 Himbeeren, Double Strain) war der erste Versuch. Ein runder, leckerer Cocktail. Der allerdings aus unserer Sicht nicht vollständig überzeugte. Zu neutral. Wo war der Wodka? Revolution ausgeblieben. Nun ist aber ein Sour mit Himbeeren auch schwerlich geeignet, um die feinen Nuancen von Spirituosen zu vergleichen. Ein Wodka-Martini (5:1, Zitronenzeste) sollte Aufschluss geben können. In der Nase weitgehend neutral und durch Zitrusöle geprägt. Am Gaumen wird der Wodka erkennbar. Leicht nussig. Aber immer noch sehr mild und elegant – mit klarer Getreidenote. In Getränken dieser Art (Sherry, Wermut, Weinaperitive) fühlt sich der Freimut wohl.
Die gute oder auch weniger gute Nachricht ist: Freimut ist und bleibt Wodka. Er lotet den Spielraum zwischen absolut neutralem Wodka und Getreidespirituose aus. Wer Wodka also generell für überflüssig hält, wird auch hierdurch nicht bekehrt. Wer hingegen einen eleganten „Grain-to-Glass“-Wodka aus heimischer Produktion probieren möchte, der wird Freimut auch für den Flaschenpreis von 40 EUR zu schätzen wissen.
Trinklaune.de hat für die Verkostung Produktproben erhalten. Daran geknüpft war weder die Verpflichtung zur Berichterstattung noch eine Einflussnahme auf den Inhalt des Artikels.
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