Mezcal Amores Espadin – Der Anti-Mezcal

RETROSPEKTIVE

Schauen wir uns mal die Produkterfolge der letzten Jahre an: Da wäre Monkey 47 – ein Gin, der deswegen erfolgreich ist, weil er sich nicht als Wacholderbombe, sondern mit fruchtigen Nuancen präsentiert. Und genau deshalb tauglich für den Mainstream war. Da wäre Banks Rum – ein gelagerter Rumblend, aus dem durch Zugabe von Arrak und durch Filtrierung ein hochkomplexes Produkt entsteht – und der dadurch die Kategorie „weißer Rum“ neu belebt hat. Dass diese Innovationen bahnbrechend waren, lässt sich aufgrund der Anzahl von „New Western Dry Gins“ und an den vielen anderen gelagerten, „weißen“ Rums nur schwer leugnen.

Und Mezcal? Erscheint bislang kompromisslos. Rauch und Speck und Agave. Dazu größtenteils Preise fernab von Gut und Böse. Versuche, Mezcal in den Mainstream zu bewegen sind bislang gescheitert. Und das trotz medialen Dauerfeuers, das bis in die bürgerliche FAZ und ins vorabendliche Auslandsjournal des ZDF reichte. Trotzdem würde Helene Fischer noch keinen Mezcal trinken.

Nun erscheint Mezcal Amores Espadin auf dem Markt. Im Vorfeld irritierten die Prozentangaben: 37% oder 41%? Hintergrund: offenbar passt man die Prozentzahlen dem jeweiligen Markt an. In Deutschland kommt der Espadin mit knackigen 41% auf den Markt. Ob das in Zeiten der Warengrauimporte sinnvoll ist, wird sich herausstellen. Den Kunden abzuholen, ist sicherlich eine gute Idee. In der Pipeline ist zudemnoch der Amores (bzw. in den meisten Ländern aus markenrechtlichen Gründen Amarás) Cupreata mit 43%.

WIE TESTET MAN MEZCAL?

Bevor ich zu den eigentlichen Tasting Notes komme, eine Frage: Wie schmeckt ein Mezcal? Rauchig. Und dann? Hier hilft ein systematisches Erspüren der Aromen. Letztlich kann man vier Geschmacksgruppen unterscheiden, wie Mezcal Ph.D. schreibt:

1.) Rauch: Dieser variiert nach Art und Menge des verwendeten Holzes und der Größe des Ofens. Typische vom Rauch stammende Aromen sind auch Chili, Schokolade, Asche und Holz.

2.) Gekochte Agave: Das Kochen der Agave kombiniert Proteine und Zucker und kann bei langsamen Auskochen zu Aromen von Mandel, Nüssen, Zucker, Honig und Karamel führen. Auch der Zuckeranteil der Agavenart beeinflusst das Ergebnis.

3.) Grüne Agave: Agaven enthalten verschiedene Fette und bis zu 30 Terpene, die das Kochen überleben. Terpene sind etwa die Stoffe, die im Hopfen für die Bitterkeit zuständig sind. Bei Agaven können sie zu Vanille, Anis, floralen, grasigen und Zitrusaromen führen.

4.) Fermentation: Lange Gärungszeiten (bis 10 Tage) und die fehlende Zugabe von Hefe führen zu einer Vielzahl an bakteriellen Prozessen, die erwünschte und weniger erwünschte Ergebnisse haben können. Dies können tropische und andere Früchte sein, aber auch Leder und Schweiß.DSC_0658

MEZCAL AMORES TASTING NOTES

Rauch: Relativ wenig. Mehr Holzigkeit. Ein wenig Fleischigkeit. Die geringere Rauchigkeit kommt davon, dass beim Kochen der Agaven kein Pinien- sondern Eichenholz (Red Oak) genutzt wird. Mezcal Amores Espadin zu trinken, ist vergleichbar mit der Erkenntnis, dass Scotch Whisky mehr ist als Ardbeg und Laphroaig. Mezcal ja, aber nicht so wie wir es gewohnt sind.

Gekochte Agave: Karamel, aber wenig Süße. Typisch für Espadin, da diese weniger süß sind als andere Mezcals (imho).

Grüne Agave: Viele florale und grasige Aromen. Gemüse. Erde. Salz. Sehr mineralisch. Hier liegt definitiv der geschmackliche Schwerpunkt.

Fermentation: Etwas tropische Früchte am Gaumen. Mango/Papaya. Eher zurückhaltend.

MEZCAL AMORES IM MIX

Comida Mexicana
55 ml Mezcal Amores Espadin
15 ml Mais-Bohnen-Sirup

Stir, Strain auf Eiswürfel in Tumbler. Öle zweier Zitronenzesten.

Ok, die Idee ist geklaut. Und zwar bei Phum Sila-Trakoon, der es damit bis ins nationale Finale der Bacardi Legacy 2015 schaffte. Allerdings – was passt zu Mais und Bohnen besser als Mezcal? Das Ergebnis ist (ebenso wie mit Rum) verblüffend. Sirup und Mezcal sind nicht mehr als eigenständige Komponenten erkennbar. Vielmehr verbinden sich die Aromen. Die leichte Rauchigkeit, die Mais-Süße, die Fleischigkeit und die Agave sowie die Zitronenöle. Die milde Rauchnote erschlägt die feinen Aromen auch nicht.

Blood & Agave (The Antlered Bunny, Berlin)
3cl Mezcal Amores Espadin
2cl Roter Wermut (Martini Gran Lusso)
2,5cl Cheery Heering (Luxardo Sangue Morlacco)
2,5cl Blutorangensaft (frisch)
Stir, Strain auf Eiswürfel in Tumbler.

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Sie ahnen, was das ist. Ein südamerikanisch abgewandelter Blood and Sand. Das Ergebnis ist ausgewogen, fruchtig, aber etwas unbefriedigend. Hier fehlt der Rauch, die Fleischigkeit. Ein rauchigerer Vertreter passt hier besser.

MEZCAL ESPADIN ALS ANTI-MEZCAL?

Alles zurück auf Los. Kann Amores Espadin Mezcal in den Mainstream schieben? Unser Fazit. Ja es kann, weil es ein Mezcal ist, wie wir ihn nicht erwarten würden. Ein Anti-Mezcal. Nicht so rauchig und kompromissbereiter in der Aromatik. Aber eindeutig ein Mezcal, mit dem es Spaß macht zu experimentieren und der mit 40€/0,7l fair bepreist ist. Aber den Helene Fischer immer noch nicht trinken würde. Mayahuel sei Dank!

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tikiwise

Beruflich wandelt er auf David A. Emburys Spuren. Dessen Sour-Verhältnis von 8:2:1 irritiert ihn jedoch immer noch. Seine Aufmerksamkeit gilt American Whiskey, Tequila, Mezcal und allerlei Nischenspirituosen, aber auch Rezepten jenseits der Standards.

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