Was wir wissen.
Das Thema „Zucker im Rum“ nimmt langsam, aber mit Volldampf, Fahrt auf. Anfang 2014 berichteten wir über die Listen der schwedischen und finnischen Alkoholaufsichtsbehörden, nach denen in Rum nicht unerhebliche Mengen Zucker zu finden waren. Die Reaktionen reichten von „das ist doch offensichtlich und seit Jahren bekannt“ bis zu deutlicher Wut. Zwischenzeitlich stellte man fest, dass auch andere Inhaltsstoffe wie Glycerin und künstliches Vanillin im Rum zu finden sein sollen. Die aktuellste Liste mit ca. 550 Rums zeichnet ein ernüchterndes Bild. Viele, häufig teure Rums besitzen einen Zuckergehalt jenseits der 10g/l. Und häufig zeigt sich: Je älter und teurer der Rum wird, desto höher wird häufig der Zuckergehalt.
Was das Gesetz sagt.
Zulässige Inhaltsstoffe und die Bezeichung von Spirituosen werden in der Verordnung (EG) 110/2008 geregelt. In Art. 5 Abs. 1 lit. e ) i.V.m. Anhang II Nr. 1 der Verordnung heißt es, dass Spirituosen nur gesüßt werden dürfen, um entsprechend Anhang I Nr. 3 den Geschmack des Erzeugnisses abzurunden. Anhang I Nr. 3 erlaubt verschiedene Zuckerarten, aber auch Traubenmost, Honig und identische Produkte zur Süßung. Über die Höchstgrenzen entscheidet der „Ausschuss für Spirituosen“ gem. Art. 25 Abs. 3. Allerdings ist dies bislang nicht passiert. Im Protokoll zur 100. Sitzung am 25.06.2010 stellte man lapidar fest:
Discussions on the draft Commission Regulation laying down detailed rules on sweetening to round off certain spirit drinks and fixing maximum levels per litre for the products used for sweetening within the meaning of Article 5(1)(e) of Regulation (EC) No 110/2008 have not shown progress.
Weiter heißt es, dass man die Mitgliedsstaaten einlade, Kompromissvorschläge zu machen. Seitdem ist allerdings nichts passiert.
Was Befürworter und Gegner des Zuckerzusatzes sagen – oder: Plantation vs. R.L. Seale.
Die Hersteller haben bislang das Thema kaum aufgegriffen. Warum auch, schließlich ist der Zusatz von Zucker ein kleines, süßes Geheimnis, das der Branche den Massenmarkt öffnet. Einen ersten Schritt in Richtung Transparenz machte Plantation’s Master Blender Alexandre Gabriel auf TheFloatingRumShack, dessen Hauptargumente ich zusammenfassen will:
Sugar has been used in artisanal spirits for centuries. It is part of the culture of spirits since they exist. It is the same for Champagne where the age old use of sugar is called “dosage”.
I have heard the moronic refrain; “I like sweet rums”. No, actually, you like sweetened rum. Big difference. The nuanced world of sweet and dry rum is sadly lost to you.
Dieser Artikel fasst den Stand der Diskussion zum Thema „Zucker im Rum“ zusammen. Er versucht keine eigene Meinung zu geben, sondern Fakten und Meinungen derjenigen zu sammeln, die den Rum herstellen. Auf unserer Facebookseite wollen wir eure Meinung wissen. Denn bislang wird über den Konsumenten nur geredet. Aber was will er denn? Was sollte getan werden? Brauchen wir Höchstgrenzen für Zucker? Oder Verpflichtende Grammangaben? Muss überhaupt etwas getan werden? Uns und mit Sicherheit auch unsere Leser aus „der Industrie“ interessiert eure Meinung!
Leider wird auch dieses Thema auf dem Berliner Rumfestival totgeschwiegen. Ich unterhielt mich mit einem Member des Rum Experience Clubs: „It is the same like silicon breasts, you love them but you do not wanna know.“ Abgesehen davon, dass ich die Metapher nicht teilen kann, bin ich für eine Kennzeichnungspflicht mit Mengenangabe. Wenn auf meiner Milchpackung stehen muss wieviel Kohlehydrate aus dem enthaltenen Zucker stammen, so sollte dies auch für meine Spirituosen gelten.