Weihnachtsweine 2015

Etwas einsam steht er ja schon da, der Pinguin im Titelbild. Vor knapp fünf Minuten tümmelten sich noch gut 15 Kollegen mit ihm zusammen auf dem Eis und sorgten als eher spaßig gemeinter Appetitanreger für reichlich Erheiterung und einen fröhlichen Start in den diesjährigen Heiligabend.

Etwas seriöser wurde es dann mit dem Aperitif, welcher in Form einer Magnum Bérêche & Fils Brut Réserve gereicht wurde. 36 Monate auf der Hefe und weitere 36 Monate nach dem Dégorgement in der Flasche reifte diese Cuvée aus 25% Chardonnay, 25% Pinot Meunier, 20% Pinot Noir und 30% Reserve Weinen.

Bérêche & Fils Brut Reserve

Bérêche & Fils Brut Reserve

An der Nase merkten man sofort, dass es sich um keinen Champagner aus einem der großen Häusern handelt. Viel kräftige Würze, Hefe, grüner Apfel, Mandel und trotz allem angenehm frisch. Am Gaumen sehr komplex mit einer angenehm geringen Dosage und Nuancen von leicht angegorenem Apfelsaft und Aprikose. Finessenreich und gut balanciert. Im Nachklang Brombeere, Nuss und eine leichte Bittere, die allerdings nicht störend wirkt. Nicola Neumann von Champagne Characters beschrieb diesen Champagner einmal als „dreckig“, was es meiner Meinung nach ziemlich gut trifft.

Es folgte eine Crème von Zuckererbsen mit Flusskrebsen, welche von einer Magnum 2013er Riesling Ried Loibenberg Smaragd von Emmerich Knoll begleitet wurde.

Emmerich Knoll - Riesling Smaragd Ried Loibenberg 2013

Emmerich Knoll – Riesling Smaragd Ried Loibenberg 2013

Die angenehm süßliche Suppe passte hervorragend zu den Aromen von reifen, gelben Früchten, welche der Riesling im Bouquet in  Massen zu bieten hatte. Am Gaumen stoffig, mineralisch mit einem grazilen Schmelz. Kraft, Finesse und viel Frucht im Nachklang. Ein Wein der trotz seiner aromatischen Wucht zu keiner Zeit schwer wirkt und ein wundervolles Beispiel für die Wachauer Weinstilistik ist.

Experimentell wurde es dann bei der Vorspeise. Zu „Sautierter Wildentenbrust mit Kardamonsauce und Mandelbrot“ wurde ein Bier gereicht. Cerevisium 1516 heißt es und ist der diesjährige Gewinner des Innovationswettbewerb für Getränke und Lebensmittel (IGL) der TU München in der Kategorie Bier.

Cerevisium 1516

Cerevisium 1516

Cerevisium ist ein flaschengereiftes Starkbier welches sechs Monate auf der Hefe liegt und per Hand gerüttelt und degorgiert wird. Die Würze wird dabei zuerst mit einer untergärigen Hefe und anschließend mit einer Champagnerhefe vergoren und die Reifung findet in alten Freisinger Bierkellern statt. Die jungen Brauer hinter dem Produkt wagen damit, wie auch einige Hersteller vor ihnen, den Vorstoß in die Region edler Schaumweine. Die Dauer der Flaschengärung und die arbeitsintensive Herstellung nach der Méthode traditionnelle heben das Cerevisium jedoch von der Konkurrenz ab. Die erste Charge, aus der auch diese Flasche stammt, wurde per Crowdfunding finanziert und im Dezember 2015 degorgiert.

Was beim einschenken sofort auffällt ist, dass das Cerevisium nahezu keinen Schaum besitzt. Dies mag bei einem Bier zunächst ungewohnt erscheinen, wirkt hier jedoch nicht störend und unterstreicht die gewünschte Verbindung zum Wein. An der Nase ist das Bier wegen der zarten Hopfennoten natürlich als solches erkennbar, zeigt aber auch fruchtige Nuancen von Apfel und Honigmelone. Mit einem für ein Bier ungewohnt feinen Perlage überzeugt es am Gaumen mit einer gut eingebundenen Säure, einem vollen, malzigen Körper und wiederum erstaunlich ausgeprägten Fruchtnoten. Der Nachklang ist leicht bitter, angenehm trocken und in der Kategorie der „Champagnerbiere“ wohl einzigartig. Ob die Jungs sich mit dem anvisierte Preis von 50 € für 0,75 l auf dem Markt behaupten können bleibt abzuwarten. Ich jedenfalls würde es ihnen gönnen, denn dass Cerevisium ist für mich das erste Bier, das auch an einer festlichen Tafel einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat.

Als Zwischengericht folgten „Überbackene Gambas mit Fenchel-Sprossensalat“. Ein Gang der nach einem frischen Wein mit genügend Power verlangte, um die durchs gratinieren entstandenen Röstaromen aufzufangen.

Telmo Rodriguez - Branco de Sta. Cruz 2012

Telmo Rodriguez – Branco de Sta. Cruz 2012

Die Wahl fiel auf einen 2012er Branco de Sta. Cruz von Telmo Rodriguez aus Valdeorras. Der Wein wird aus Trauben der autochthone Sorte Godello gekeltert, welche auf terrassierten Rebflächen aus römischer Zeit stammen und per Hand bewirtschaftet werden.

Fein kräutrig und mit zarter Holznote an der Nase tritt der Wein am Gaumen mit seiner mundfüllenden Substanz deutlich kräftiger auf. Cremig, blumig und viel Schmelz. Knackiger, attraktiver Nachklang der zeigt, welches Potenzial in dieser Rebsorte steckt.

Nach einer kleinen Erfrischung durch ein Kräutersorbet wagten wir mit dem 2010er Vignes de L‘ Hospice von E. Guigal, welcher zu „Rehrücken im Sud exotischer Gewürze mit Brezelgugelhupf“ ausgeschenkt wurde, einen Vorstoß an die nördlichen Rhône.

Der Rehrücken in voller Pracht

Der Rehrücken in voller Pracht

Wie bei den meisten der Weine von Guigal, wird auch bei dem Vignes de l’Hospice nach Möglichkeit auf Schönung und Filtration verzichtet um extrem langlebige Weine abzufüllen. Uns war daher schon vor dem ersten Schluck dieses edlen Tropfens bewusst, dass wir ihn weit vor seiner Zeit trinken, was uns jedoch nicht stören sollte. Nach ca. einer Stunde im Dekanter zeigte der Syrah an der Nase feine Vanille-, Eichen- und Cassisaromen. Am Gaumen viel junge Frucht, mittelkräftige Tannine und dunkle Beeren. Öffnete sich auch im Glas zusehends und zeigte einen langen Nachklang mit feiner Textur. Kann noch gut fünf Jahre liegen bleiben, fängt aber bereits an Spaß zu machen.

Langsam erreichten wir unser Sättigungslimit und die folgende Bescherung sorgte zumindest für eine kleine Verschnaufpause. Kurz darauf wurde das Dessert in Form einer Buttermilchcreme mit Beerenobst, Moscatogelee und Erdbeersorbet serviert.

Buttermilchcreme mit Beerenobst. Moscatogelee und Erdbeersorbet

Buttermilchcreme mit Beerenobst, Moscatogelee und Erdbeersorbet

Begleitet wurde der finale Gang von einem 2012er Gelber Muskateller Eiswein von Tschida aus dem Burgenland. Der Wein zeigte an Nase und Gaumen eine sehr ausgeprägte Süße und viel gelbe Frucht. Es fehlte allerdings etwas Säure um die fast schon an Traubenzucker erinnernde Süße zu puffern. Kein schlechter Wein, aber auch nichts, was in Erinnerung bleibt.

Fazit: Ein weiteres Jahr mit wundervollen Weihnachtsweinen. Während Knoll, Rodriguez und Guigal hervorragende Weine ohne Fehl und Tadel waren, haben mich dieses Jahr insbesondere der Champagner und das Cerevisium beeindruckt. Produkte mit viel Charakter, Wiedererkennungswert und Charisma. Ich freue mich bereits auf die Weine an Heiligabend 2016 und wünschen allen Lesern noch ein paar entspannte freie Tage und einen guten Rutsch ins neue Jahr.

Robin Stein (†)

Robin Stein, Jahrgang 1987, war studierter Lebensmitteltechnologe und der Jüngste im Team. Sein Weg führte ihm nach dem Abitur 2006 über ein viermonatiges Praktikum in Pusser's New York Bar in München nach Bergisch-Gladbach, wo er eine Ausbildung als Hotelfachmann im Schlosshotel Lerbach absolvierte. Seine persönlichen Honigfallen waren Champagner, Obstbrände, Wein und Whisk(e)y.

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