Dass Champagner aus Magnumflaschen besser schmeckt, liest man immer wieder mal. Was erst überraschend klingt, ergibt Sinn: Die Fläche des Korkens, durch die eine (langsame) Interaktion mit dem Sauerstoff der Luft während der Reifung möglich ist, ist bei der Magnum genauso groß wie bei der Normalflasche. Die Reifung verläuft langsamer, dementsprechend ist das Reifepotential erheblich größer. Wenn ein paar schöne Magnums schon einen Moment der Ruhe genießen durften, versprechen diese mitunter extra großen Champagnergenuss.
Und um ehrlich zu sein: Mindestens genauso gut ist an der Magnum, dass doppelt so viel Champagner hineinpasst…

Alles Magnum!
In trinklauniger Runde haben wir kürzlich einige Magnums genossen (und eine weggegossen). Hier unsere Notizen zu den Highlights der Probe.
Den Start machte ein alter Vertrauter, Bollinger Special Cuvée. Hier konnte man prototypisch den Vorteil der Magnum schmecken. Der Wein war zuverlässig wie immer, aber etwas tiefgründiger, ausgefeilter – einfach ein wenig besser!
Das Niveau wurde anschließend von Gimonnet Millésime de Collection 2004 Blanc de Blancs deutlich angehoben. Wenngleich noch jung, zeigte sich dieser Wein in fantastischer Verfassung und war für mich eines der Highlights des Abends. In der Nase viele Rösttöne, Haselnuss und Mandel, dazu Zitrone; vibrierend und mit toller olfaktorischer Präsenz. Am Gaumen bestätigt sich dieser Eindruck, eine superbe Mischung aus Vanille, Haselnuss, Grapefruit und Zitronenverbene mit herrlich nussigem Abgang. Der Wein passte perfekt zur fetten Avocado und den Pinienkernen im begleitenden Gang. Mehr davon!

Gimonnet 2004
Es gibt Champagner, die stehen für sich. Einer davon ist Pol Roger Sir Winston Churchill 2000. Der Winston Churchill ist immer ein großartiger Wein, aus der Magnum habe ich ihn bisher noch nicht verkostet. Umso gespannter war ich. In der Nase eine wahnsinnige Balance, dunkel und kräftig, kräftige Frucht. Durchaus die typische Kraft, aber keineswegs ungestüm. Am Gaumen zeigt sich, wie komplett und fertig dieser Champagner ist. Das heißt nicht, dass er nicht noch liegen könnte (kann er!), aber jetzt ist er fantastisch. Es fiel mir ausgesprochen schwer, klare Aromen für die Verkostungsnotizen herauszugreifen. Apfel, laktische Töne, Tarte Tatin, Birne. Mit Zeit gesellen sich zarte Kräutertöne hinzu. Eine herrliche Frische grundiert den Churchill. Hervorragend.

Sir Winston Churchill 2000
Wir steigerten uns in der Aromatik und das von mir hoch geschätzte Haus Marie-Noëlle Ledru macht mit dem Millésime 2000 weiter. In der Nase zeigt sich die massive Substanz dieses Weins, Ambonnay pur. Fast fleischig, kräftige Pinot-Töne, dunkle Früchte ohne Ende. Dazu etwas Roggenbrot und erste Rösttöne. Am Gaumen folgt erneut eine Breitseite von Ambonnay-Frucht, dunkel und klar Pinot Noir im klassischen Stil. Zitrusaromen begleiten als Oberton. Ein toller, extrem druckvoller Wein, den man in der Magnum gern noch einige Jahre im Keller vergessen darf. Die Champagner von Ledru sind Langstreckenläufer. Wer nicht ganz so durstig ist, kauft sich eine Normalflasche vom 2002er. 60 € ist hier ein ernsthaftes Schnäppchen.
Weitergehen sollte es mit Bollinger La Grande Année 1996. Geöffnet, probiert – unangenehme Fehltöne, teilweise wie oxidiert. Weggestellt. Stattdessen haben wir uns Pommery Les Clos Pompadour vorgeknöpft. Ein so fantastischer Wein, dass er einen separaten Artikel verdient. Es geht darum Schlag auf Schlag: Pol Roger 1988. Tot. Oxidierter, ausgezehrter Stillwein.
Der Abend verfloss fröhlich mit einigen weiteren Gläsern und zwei Stunden später probierte ich nochmal die Grande Année. Von Fehltönen keine Spur mehr. Umso besser – eingeschenkt! Bollinger La Grande Année 1996. In der Nase Toast und Brioche neben einer nur noch zarten Frucht. Am Gaumen taucht die jahrgangstypische Säure zwar auf, jedoch sehr gut eingebunden. Hier merkt man, wie gut die Reife dem Wein getan hat. Vanille, Haselnuss, elegante Frucht, weiße Blüten. Ein runder und harmonischer Wein, der jetzt in der Magnum wunderbar ist. Spannend jedoch die Entwicklung, ich weiß nicht, ob es Schwefeltöne waren, die mit der Zeit verflogen sind. Auf jeden Fall gilt: Man gebe der Grande Année Zeit, in der Flasche wie im Glas.
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