Vor gut zwei Monaten habe ich ausführlich über eine Vorkriegs-Abfüllung von Wodka Wolfschmidt berichtet. Wenige Tage nach Veröffentlichung des Artikels ist es dann passiert. Der Korken hatte sich aus dem Flaschenhals gelöst und fiel in die kostbare Flüssigkeit. Ein Risiko welches sich bei Flaschen in diesem Alter nie ausschließen lässt, aber dennoch ein enormes Ärgernis ist.

Der Missetäter
Nachdem der erste Schock überwunden war, musste eine Entscheidung her. Die Flasche umfüllen und weiter lagern oder sie genießen? Nun hatte ich im vorherigen Artikel bereits darauf hingewiesen, dass ich mir die Flasche zum Verkosten und nicht zum Verkaufen zugelegt hatte. Zwar wollte ich damit noch ein wenig warten und dies bestenfalls im Rahmen eines authentischen James Bond Dinner machen, aber um dieses ausführlich zu planen fehlte nun die Zeit.
Glücklicherweise stand nur zwei Wochen später ein Kochabend mit trinklaunigen Freunden an, bei dem sich der Wolfschmidt perfekt einschieben ließ. Nachdem uns der vorzügliche Hauptgang – Zweierlei vom Kalb / Filet und gebackenes Bries auf Spargel – bereits gefährlich nah an die Sättigungsgrenze brachte, hatte der Wodka Wolfschmidt seinen großen Auftritt.
Beim Servieren hielten wir uns an die Romanvorlage von Ian Fleming. James Bond wurde der Wodka Wolfschmidt in einer geeisten Karaffe zu Räucherlachs gereicht. Diesen hatte Torben in aller Herrgottsfrühe auf dem Hamburger Markt besorgt. Der geräuchterte Wildlachs hatte eine zarte, fast cremige Konsistenz und einen sehr milden Rauchton. Der Räucherlachs hatte mit den Qualitäten aus dem Supermarkt nichts gemein und es war schon im Vorfeld klar, dass dies die perfekte Begleitung zu der historischen Wodkaflasche ist.

Wodka Wolfschmidt
Während Karaffe und Gläser im Froster geeist wurden, kühlten wir den Wodka selbst nur im Kühlschrank vor um den Aromen noch genug Raum zur Entfaltung zu lassen. Im Glas schimmerte der verhältnismäßig dickflüssige Wodka in einem sehr blassen Goldton. Was dann überrascht, ist eine deutliche Vanillenote an der Nase. Ob diese, worauf auch die Farbe schließen ließe, von einer kurzen Fasslagerung herrührt, ließ sich leider nicht klären. Am Gaumen zeigt der Wodka Wolfschmidt eine ölige, üppige Konsistenz und wiederum Noten von Vanille sowie eine feine Süße. Ein ausgezeichneter, voller Abgang besiegelte diesen außergewöhnlichen Genussmoment.
Der Wodka war in fachmännischer Perfektion gebrannt und zeigte auch nach knapp 80 Jahren noch sein volles Potential. Ein unvergessliches Erlebnis und für mich der bisher schönste Moment mit dieser leider immer noch zu oft verschrienen Spirituose.
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