Ein Interview mit Maggie Henriquez – CEO Krug: über Besessenheit, Winzerchampagner und Transparenz

Dass wir einen Hang zu den Champagnern des Hauses Krug haben, ist kein Geheimnis. Mit Freude haben wir hier im Blog immer wieder über großartige Weine des Hauses berichtet.
Gerade da es sich bei Krug um ein Champagerhaus handelt, dessen Faszination ungebrochen ist, ergriffen wir die Gelegenheit beim Schopfe, Margareth – genannt Maggie – Henriquez, CEO Krug, zu interviewen. Wir trafen sie bei bestem Sommerwetter auf dem Hamburger Süllberg, um über Champagner zu sprechen – und darüber, in welche Richtung sich das Haus Krug entwickelt.

Maggie Henriquez

Maggie Henriquez

Trinklaune:
Winzerchampagner ist nach wie vor ungebrochen ein Trend. Wie steht ein traditionelles Haus wie Krug dazu?

Maggie Henriquez:
Wenn man den Prinzipien von Winzerchampagner folgt, ist Krug eigentlich ein Verfechter dieser Philosophie, man verfolgt einen „grower approach“, nur das finale Ziel ist ein Hausstil. Doch was dazu im Kern führt, ist Respekt fürs Terroir. Der Gründer des Hauses, Johann-Joseph Krug, war von solch einer Besessenheit erfüllt, die besten Champagner zu machen, dass er voller Akribie jeden Weinberg einzeln hat ausbauen lassen, um aus einer enormen Vielzahl von Grundweinen die Cuvée zusammenzustellen. Hervorragende Cuvées kann man nur mit hervorragendem Terroir herstellen – gute Cuvées bekommt man auch aus passablen Terroirs, aber das Ziel war immer, nur herausragende Weine zu machen. Diesem Prinzip folgt Krug bis heute. Über 250 Grundweine werden über Monate verkostet, um herauszufinden, welche Rolle welcher Wein in der Grande Cuvée spielen kann, ähnlich einem Instrument in einem Orchester. Hierfür muss das Terroir jedoch verstanden werden – darum begrüßen wir die Arbeit von Selosse oder Egly-Ouriet sehr.

TL:
Hier wird klar, warum Krug die eigentlich wahnwitzige Gratwanderung gelingt, sowohl ambitionierte Weintrinker zu faszinieren, als auch als Luxusmarke zu funktionieren. Wer ist Ihres Erachtens der klassische Krug-Trinker?

Maggie:
Eine klassische Zielgruppe gibt es nicht. Aber der „Krug Lover“ ist großzügig, kreativ, unabhängig und optimistisch. Und er liebt es, eine Flasche Champagner mit anderen Menschen zu teilen.

Krug 2002, Grande Cuvée, Rosé

Krug 2002, Grande Cuvée, Rosé

TL:
Woran haben Sie gearbeitet, seit Sie 2009 bei Krug die Leitung übernommen haben?

Maggie:
Mein erstes Jahr bei Krug war schwierig. Krug wurde alt, aber das lag nicht am Produkt. Das Produkt ist sehr gut, doch an der Kommunikation musste sich etwas ändern. Die Menschen, die viel Geld für eine Flasche Champagner bezahlen, wollen wissen, was sie trinken. Und diese Informationen sind alle da – aber sie waren nicht zugänglich. Darum haben wir die Krug ID eingeführt, einen Code auf jeder Flasche, der online eingegeben oder per App abfotografiert werden kann. Anschließend erhält man Informationen zum Dégorgement, zur Zusammenstellung der Cuvée, zu den verwendeten Jahrgängen. Dazu Empfehlungen zu Food und Musik Pairings.
Die Wurzeln, der Bezug zum Terroir – all das ist da, aber es wurde nicht darüber gesprochen. Daher wird ab nächstem Jahr auch auf dem Etikett jeder Grande Cuvée die Nummer der jeweiligen Edition stehen – so ist das Alter der Flasche auf den ersten Blick erkennbar.
Darüber hinaus haben wir die Lagerzeit der Grande Cuvée auf der Hefe um ein Jahr erhöht und festgelegt, dass jede Flasche nach dem Degorgement mindestens zehn Monate ruht, bevor sie in den Verkauf geht, um sicherzustellen, dass sich der Champagner in einem optimalen Genussfenster befindet.

TL:
In Anbetracht der Transparenz-Offensive: Wie steht es um die Dosage?

Maggie:
Auch diese Info geben wir heraus, bald soll sie auch über die ID abrufbar sein. Jede Flasche Krug liegt meist um und bei fünf Gramm Dosage. Man soll sie nie schmecken, nur bemerken, falls sie fehlen soll. Süßer Champagner ist mir nicht recht, er versteckt den Charakter des Weins. Genauso wie die klassische Champagnerflöte. Geht man mit Ohrstöpseln auf ein Konzert, wird man nur die lauten Töne hören. Ähnlich verhält es sich mit der Champagnerflöte. Daher arbeiten wir daran, dass Champagner mehr aus einem Weißweinglas getrunken wird, um alle seine Facetten zu zeigen.

TL:
Krug ist, was die Verwendung von Pinot Meunier betrifft, eine Ausnahme. Die meisten großen Häuser nutzen keinen Meunier für ihre Prestige Cuvées, sicherlich auch, weil es hierfür keine Grand Cru-Klassifizierung gibt.

Maggie:
Fantastische Meuniers findet man nur, wenn man Weinberg für Weinberg prüft und verkostet, nicht durch eine Bestandsaufnahme aus der Luft. Bei unserem Vorgehen finden wir hervorragende Pinot Meuniers, die Eingang in die Cuvées finden.

TL:
Das Krug-Portfolio ist wunderbar klar gegliedert, die Idee des Gründers, nur zwei Champagner zu machen, ist an sich klar erkennbar. Es gibt den Ausdruck des Hauses und den Ausdruck des Jahres, die „cuvée of circumstances“, wie Sie sie nennen. Warum dann die beiden raren und teuren Ausnahmen, die tatsächlich eine klare Winzeridee sind: Clos du Mesnil und Clos d’Ambonnay?

Maggie:
Bei Erstellen von Cuvées ist es wie die Suche nach den Instrumenten im Orchester – das Horn ist ein wichtiger Bestandteil, aber manchmal findet man die perfekte erste Violine, die als Solist spielt. Analog verhält es sich auch mit den beiden Clos. Sie sind Solisten – die auch als solche hergestellt werden. Und wenn einmal die Qualität nicht stimmt, wird der Wein – wie der Clos du Mesnil 1999 – nicht gemacht (Anm.: Der Clos du Mesnil 1999 war bereits auf der Flasche, konnte aber bei den letzten Verkostungen nicht überzeugen – die komplette Charge wurde nicht für den Verkauf freigegeben).

TL:
Was ist Luxus für Sie?

Maggie:
Eine Luxusmarke ist die Marke, die vorausgeht und den Pfad erhellt, auf dem andere nachfolgen. Es handelt sich um die Game Changer, die mit neuen Ideen den Markt verändern, die weitergehen, wie Johann-Joseph Krug mit seinem Anspruch, den besten Champagner zu machen. Echter Luxus ist Inspiration für andere.

TL:
Vielen Dank für das Gespräch!

Nach dem Interview kam beim hervorragend durch Krug begleiteten Lunch erneut die Sprache auf Dosage und Demi-Sec-Champagner. Maggies Antwort hierauf lautete folgendermaßen: Es wird keine Krug-Demi-Sec geben. Aber man könne sich einfach für „Best of two worlds“ entscheiden: 20 % Chateau d’Yquem, 80 % Grande Cuvée. Bestechend in der Logik – spannend im Ergebnis!

Chateau d'Yquem 1996

Chateau d’Yquem 1996

Best of two worlds

Best of two worlds

Torben Bornhöft

Torben Bornhöft beschäftigt sich seit 2004 leidenschaftlich mit Themen rund um Bar, Cocktails und Genuss. Nachhaltig geprägt durch fünf Jahre im Hamburger Le Lion und die Likörproduktion mit Forgotten Flavours liegt Torbens Fokus hier mittlerweile auf den Themen Champagner, Infusionen und Twists auf Klassiker.

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