Nachdem wir uns hier auf Trinklaune in der Vergangenheit immer wieder Gedanken gemacht haben über den Alkohol (z.B. in der Serie „Guter Alkohol -Böser Alkohol“ oder vor der Sommerpause mit den Beiträgen „Der Geschmack von Alkohol – Warum alkoholfreier Wein nicht nach Wein schmeckt“ und „Warum Neutralalkohol nicht neutral schmeckt“) und vor der Sommerpause nachgewiesen haben, dass Alkohol nicht nur ein Lösungsmittel und Geschmacksträger bzw. Aromavermittler ist, sondern ein potenter Aromastoff (und im Wein wohl der wichtigste), kommen wir jetzt zum Geschmack an sich.
Wie schmeckt denn nun Alkohol? Wie können wir ihn beschreiben?
Das ist gar nicht so einfach. Ein Geschmackseindruck setzt sich zusammen aus nasalen bzw. retronasalen, oralen und sogenannten trigeminalen (reizenden) sensorischen Eindrücken zusammen: Nase, Zunge und Gaumen kommen zusammen und formen den Geschmackseindruck. Das ist nichts Neues und wohlbekannt. Zudem ist die Beschreibung von zumindest zwei Faktoren abhängig. Der Umgebungstemperatur (einer der Gründe warum der Lieblingswein aus dem Spanienurlaub zuhause doch irgendwie ganz anders schmeckt…) und natürlich der Alkoholkonzentration (ein 11% iger Wein , der mit Neutralalkohol auf 14% aufgesprittet wird, entwickelt eine geradezu verstörend andere Aromatik…)

The Taste Of Alcohol
Im Folgenden gehen wir von Zimmertemperatur aus und nehmen ein 12 prozentiges Alkohol/Wasser Gemisch. Das Geschmacksprofil von einer solchen Mischung gibt Stephan Hoyer in seiner Diplomarbeit „Ethanol-Perzeption – Untersuchungen zur Chemorezeption von Ethanol“ in etwa (ich habe etwas geglättet) so wieder:
Geruch (pronasal): medizinisch, lösungsmittelartig, süßlich, fruchtig, stechend, sowie in geringerem Maße säuerlich, frisch/kühlend, blumig, getreideartig, vanilleartig. Retronasal, also während des Verkostens durch den Hintereingang der Nase) kommt es zu ähnlichen Beschreibungen.
Geschmack (Grundqualitäten): bitter sowie süß, sauer
Mundgefühl/Gaumen: wärmend, brennend-scharf, stechend-beißend, kribbelnd. Der Nachgeschmack wurde als bitter beschrieben.
Hilft uns so etwas weiter?
Nun zum einen kann man solch eine Untersuchung in etwa nachvollziehen, wenn man Vodka auf 12% runterverdünnt und testet. Es zeigt sich, dass durch Alkohol ein deutlicher Einfluss auf drei Grundgeschmacksarten vorhanden ist. Außerdem besitzt Alkohol einen wesentlich trigeminalen (reizenden) Anteil. Für die sensorische Bedeutung des Ethanols in Genussmitteln kann gefolgert werden, dass eine im Produkt optimierte Menge notwendig ist, um zu gefallen, d.h. um einen hohen Akzeptanzwert beim Konsumenten bzw. Gast zu erreichen. In anderen Worten: Für die Alkoholkonzentration in Getränken gibt es so etwas wie ein Optimum. Und wie es ein zuviel und zu wenig in der süß /sauer Balance gibt, so auch bei der Alkoholkonzentration in Getränken. Auch in Cocktails. Dazu demnächst mehr unter der Überschrift: „Der Geschmack von Alkohol – Ohne Eis kein Cocktail“
Ich finde diese Betrachtungen erstens: sehr unterhaltsam bis spannend vorgetragen, würde aber zweitens: zu gerne wissen, ob es schon Versuche/Untersuchungen gibt, den „fehlenden“ Alkoholgeschmack in alkoholfreiem Wein durch Kombination/Zugabe anderer Geschmacksstoffe zu ersetzen/imitieren.
DAS fände ich super! Gibt es so etwas ?!?