Man wird das Gefühl nicht los, dass die Weinbegleitung im Restaurant mittlerweile zum guten Ton gehört. Allerorten sieht man Servicekräfte eilen, vor jedem Gang einen neuen Wein einzuschenken und oft wortreich anzumoderieren – unabhängig davon, ob der alte Wein bereits geleert ist.
Die anfängliche Begeisterung für die Möglichkeit, viele spannende Weine an einem Abend zu probieren, ist bei mir längst gewichen. Einerseits ist die Anzahl der Restaurants, die in der Weinbegleitung viel Mittelmaß ausschenken, recht groß. Andererseits erscheint mir der Gedanke, jeder Teller müsste von einem perfekt passenden Wein begleitet werden, nicht sinnvoll. Denn das Genießen einer sorgsam gewählten Flasche über den Abend ist wunderbar! Zu verschiedenen Gängen schlägt sich der Wein unterschiedlich. Wenn er nicht optimal passt, genießt man den Teller und danach weiterhin den Wein. Zu sehen, wie sich ein Wein über eine längere Zeit entwickelt, wird bei einer glasweisen Begleitung unmöglich.
Dass auch Champagner ein fabelhafter Speisebegleiter sein kann, ist nicht neu, wenngleich in der breiten Masse sicher noch nicht angekommen. Aber mir ist es ein Anliegen. Und nicht nur mir – das Haus Ruinart thematisiert dies immer wieder, wie zum Beispiel beim Chardonnay Dinner vor einigen Jahren.
Diesem Ansatz folgend wurden die neuen Jahrgänge Dom Ruinart 2006 und Dom Ruinart Rosé 2004 kürzlich in einer der besten Küchen Hamburgs, dem Restaurant Haerlin, präsentiert. Pro Wein gab es verschiedene Gänge – Christoph Rüffer hat diese extra auf die Champagner zugeschnitten – das Ergebnis war beeindruckend.

Aperitif: Ruinart Blanc de Blancs
Nach einem Glas Ruinart Blanc de Blancs zum Aperitif ging es mit einem absoluten Highlight los. Die Jakobsmuschel im Champignonsud mit Limettenhollandaise war die Art Teller, bei der man denkt: Wenn jemand fragt, was gute Küche ist, muss man nur diesen Teller servieren – die Antwort ist klar.

Jacobsmuschel im Champignonsud mit Limetten-Hollandaise
Dazu war bereits Dom Ruinart 2006 im Glas. Der Wein überzeugt nach wie vor. Eine tolle Fülle, dabei tänzelnd und leicht, viel Steinfrucht und vor allem ein stabiles Säurerückgrat zeichnen diesen Champagner aus. Butter und Vanille in der Nase, am Gaumen dennoch elegant und straff gewoben. Die Reichhaltigkeit prädestiniert diesen Champagner zum Speisebegleiter – und so auch hier. Die Limettenhollandaise greift die Zitrustöne gekonnt auf und die Erdigkeit der Pilze gibt Substanz. Hier wird klar, warum guter Champagner so hervorragend große Küche begleiten kann: Eleganz, Harmonie, Frische. Champagner ist nie übermäßig dominant, er nimmt sich zurück, er ergänzt eher, als dass er das gesamte Rampenlicht für sich beansprucht. So darf es weitergehen.
Im zweiten Gang wartet Taschenkrebstatar mit gelierter Wagyubouillon und Imperial-Kaviar auf. Was nach einem Selbstgänger zum Champagner klingt – ist genau das. Dass das funktioniert, ist klar und es schmeckt einfach formidabel. Zurückgenommen und kühl, mit salzigen Akzenten vom Kaviar und Säurespitzen vom Zitrusgel, dazu ein Kräutersud und das Krebsfleisch als Basis – hervorragend.

Taschenkrebstatar mit gelierter Wagyubouillon und Imperial-Kaviar
Auch beim dritten Gang zum Dom Ruinart 2006 blieb es klassisch: Steinbutt mit Selleriepüree und Sellerie-Nussbutterschaum. Die Sellerievariation wird von etwas Zitrus ergänzt, der Steinbutt begeistert mit seiner Qualität und das Zusammenspiel von Champagner und Teller gelingt abermals scheinbar spielend. Ein Rad greift ins andere, alles ist harmonisch, dennoch ausgesprochen interessant.

Steinbutt mit Selleriepüree und Sellerie-Nussbutterschaum
Nach den ersten drei Gängen ist es Zeit für kräftigere Aromen und dazu:
Dom Ruinart Rosé 2004
81 % Chardonnay, 19 % als Rotwein ausgebauter Pinot Noir (Verzenay); 4 gr. / Liter Dosage
Nase:
Konzentrierter und fokussierter als sein weißes Pendant kommt der Dom Ruinart Rosé 2004 ins Glas. Fast etwas rauchig, Flintstein, mit hoher Präsenz und einer Ahnung von Frucht. Man merkt, dass dieser Wein in der Flasche schon eine lange Reise hinter sich gebracht hat.
Gaumen:
Viel Kraft fällt zuerst auf. Struktur und Textur kann man diesem Champagner ganz klar attestieren, die 19 % Rotwein machen sich dahingehend bemerkbar. Die Farbe ist ein eleganter Bronzeton und Fruchtigkeit erahnt man nur noch. Damit hält sich dieser Wein nicht auf. Rooibos-Tee, eine hohe Konzentration und eine kräftige Säurestruktur, die die Kraft des Champagners bändigt und in Bahnen lenkt. Ausgesprochen gelungen!

Dom Ruinart Rosé 2004
Dazu serviert Christoph Rüffer eine geballte Wucht mediterraner Aromen. Kaisergranat, Hummer und Auster in Bouillabaissearomatik. Dieser Gang hat es in sich, die Krustentiere überzeugen mit herausragender Qualität, die Auster und die Algen potenzieren die maritime Anmutung des Tellers. Der Bouillabaissesud ist kräftig und konzentriert, dabei aber nur wenig dickflüssig, somit nicht zu dominant. Auf diesen Gang hat der Dom Ruinart Rosé 2004 gewartet. Die Textur und die Kraft des Weins schultern diesen Teller hervorragend, sodass das Ergebnis im Zusammenspiel meisterhaft ist. Chapeau!

Kaisergranat, Hummer und Auster in Bouillabaissearomatik
Das Dinner neigt sich dem Ende zu, aber der Fleischgang des Abends überzeugt noch einmal auf ganzer Linie: Der Nacken vom Angler Sattelschwein mit geröstetem Quittenkompott und Topinambur listet die herrlichen Trüffel gar nicht auf, die das perfekt gegarte Fleisch abrunden. Die Soße glänzt so schön auf dem Teller, dass man schon vorher weiß, wie aromatisch und dicht sie sein wird. Dieser Hauptgang, der den Namen wirklich verdient, greift die Eckpunkte des Dom Ruinart Rosé 2004 noch einmal gekonnt auf: Feine Frucht, viel Kraft und Konzentration. Alles findet sich auf diesem Teller wieder, ein wirkliches perfect match.

Nacken vom Angler Sattelschwein mit geröstetem Quittenkompott und Topinambur
Nach einem sehr gelungenen Dessert – Steinklee mit Sternrenette, Kopfsalat und Erdnusscrème – aus der Pâtisserie, in der große Fußstapfen offenbar gelungen gefüllt werden, klingt der Abend mit einem Glas Cognac und Petit Fours aus. Und der Sicherheit, dass Christoph Rüffer und sein Team einmal mehr bewiesen haben, dass das Haerlin eine der allerersten Hamburger Adressen ist – und die Dom Ruinarts astrein in Szene gesetzt wurden. Verschiedene Gänge haben verschiedene Facetten dieser großartigen Champagner präsentiert.
Weinreise? Ach, muss nicht…

Dom Ruinart 2006, Dom Ruinart Rosé 2004
Es gilt unser Disclaimer: Wir schreiben nur über das, was wir mögen! Trinklaune.de war zu Gast im Restaurant Haerlin. Daran geknüpft war weder die Verpflichtung zur Berichterstattung noch eine Einflussnahme auf den Inhalt des Artikels.
Einen Kommentar schreiben