Sapience 2008

Winzer – Jahr – Wein. Was passiert, wenn alles stimmt. Sapience 2008

Es gibt verschiedene Wege, in der Champagne von sich reden zu machen. Teurer, besonderer, schöner sind die Klassiker, purer, reiner, mineralischer sind die neuen Schlagwörter. Und rarer geht sowieso immer.

Benoît Marguet, ein Bio-Winzer, der für exzellente Qualitäten schon ab dem Basisbereich bekannt ist, hat sich mit Hervé Jestin zusammengetan. Jestin ist der ehemalige Kellermeister von Duval-Leroy, der dort ebenfalls viel auf biologische Bewirtschaftung gesetzt hat – wohl etwas zu viel für ein klassisches Haus. Bedauerlich, die Einzellagen der Authentis-Reihe waren tolle und eigenständige Champagner, doch die Linie wird wohl unter dem grenzwertigen Names Précieuses Parcelles weitergeführt.

Zurück zum Thema. Jestins und Marguets Gemeinschaftsprojekt namens Sapience (lateinisch = Weisheit) hat ein erklärtes Ziel. Die erste biologisch erzeugte Prestige Cuvée soll er sein. Hierüber ließe sich wohl trefflich streiten, Nachdruck verleiht dieser Forderung aber der Auftritt. Die hochwertige Box erinnert an die Verpackungen von Dom Pérignon, Krug, Lanson und Co. Dazu eine zugegebenermaßen formschöne Flasche mit elegantem, schlankem Hals und einem Seidenpapier um den Kork.

Sapience 2008

Sapience 2008

Passend zum Ansatz ist der Preis. Ca. 170 € ist selbst für die Liga, in die der Champagner will, ein solider Preis. Aber alles andere wäre inkonsequent gewesen – also: Übergang zum Inhalt der Flasche!

Die Cuvée besteht aus 50 % Chardonnay und zu je 25 % aus Pinot Noir und Pinot Meunier. So weit nicht ungewöhnlich, aber die Trauben kommen aus bestem Hause: der Chardonnay von David Léclapart, der Pinot Noir von Benoît Lahaye und der Pinot Meunier von Georges Laval. Allesamt zweifellos Meister ihres Faches und wenn man ihre Stilistik kennt, ist klar, in welche Richtung dieser Champagner geht. Aber was machen Marguet und Jestin daraus?

Sapience 2008
50 % Chardonnay, 25 % Pinot Noir, 25 % Pinot Meunier; Gabriel Glas; das Degorgement ist nicht vermerkt, was überrascht; 0 gr. / L. Dosage
Nase:
Eine hohe Intensität, Cassis, viel Druck. Eine massive Aromendichte kündigt sich an, ein Hauch Vanille ist dabei, jedoch nicht aufdringlich. Eine Nase, in der man sich verlieren kann, die trotz der Kraft harmonisch ist und die eigentlich bereits das volle Paket bietet.
Gaumen:
Eine frische Säure trägt den Wein, viel Körper und eine massive Kraft. Ein kompakter, sehr druckvoller und energiegeladener Champagner. Cassis ist erneut vorhanden und bildet somit die sehr dunkle, fruchtige Komponente. Der Wein vibriert, er macht neugierig darauf, welche Facette der nächste Schluck wohl ans Licht bringen wird. Die Präsenz ist bemerkenswert, der Wein leuchtet fast im Glas. Rote Johannisbeeren und frisch gepflückte Kräuter akzentuieren die Aromatik, Säure und Kohlensäure tragen den Wein.

Sapience 2008

Sapience 2008

Extrem stark. Ein denkwürdiger Champagner. Von der ersten bis zur letzten Sekunde eigenständig und beeindruckend in jeder Hinsicht, dabei nie sperrig. Das hervorragende Jahr 2008 in Kombination mit zwei fähigen Kellermeistern und drei passionierten Winzern – nur solch eine Kombination kann zu einem Ergebnis führen, dem ich das gefährliche Etikett „perfekt“ anheften würde. Champagner geht auch anders, aber nicht besser.

Kann man damit in den etablierten Markt der Prestige Cuvée-Trinker vorstoßen? Ich glaube nicht. Nicht weil der Wein die Klasse nicht hätte – die gängigen Prestige Cuvées sticht er mit dem kleinen Finger aus. Aber wer Comtes de Champagne oder La Grande Dame will, bestellt Comtes de Champagne oder La Grande Dame. Dabei geht es viel weniger um die Güte des Weins denn um das Renommee der Marke, um das Symbol – um Status.

Sapience ist ein Champagner für Liebhaber. Für Champagnerfreunde. Für Menschen, die Champagner so probieren möchten, wie sie ihn noch nicht kennen.

Ich hoffe nicht, dass Sapience der klassischen Prestige Cuvée Konkurrenz machen wird. Denn die 3000 Flaschen Jahresproduktion wären dann viel zu schnell ausgetrunken – so bleibt mehr für uns!

Torben Bornhöft

Torben Bornhöft beschäftigt sich seit 2004 leidenschaftlich mit Themen rund um Bar, Cocktails und Genuss. Nachhaltig geprägt durch fünf Jahre im Hamburger Le Lion und die Likörproduktion mit Forgotten Flavours liegt Torbens Fokus hier mittlerweile auf den Themen Champagner, Infusionen und Twists auf Klassiker.

Yuzu

2 Kommentare

  1. Torben Bornhöft

    Den 2007er kenne ich nicht. Aber das muss ja so nicht bleiben 🙂
    Die Champagner No Limit-Veranstaltung hat spannende Ergebnisse produziert, ein super Format.

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