Setzen Sie folgende Assoziationskette fort:
Gelsenkirchen – Schimansky – Zeche – Grönemeyer – Currywurst – DAB Bier – Herrengedeck – …
Na? Wie lange wollen Sie schon rufen: „KORN KORN KORN“?
Alles falsch.
Die TausendSasses aus dem Münsterland
Korn besitzt viele Attribute. Klar. Ehrlich. Traditionell. Und besitzt einen größeren Marktanteil als Gin. Aber ist Korn auch modern, hip und urban? Kann das gutgehen? Die Münsterländer Traditionsbrennerei Sasse wagt das Experiment. Und präsentiert sich mit dem Besten aus beiden Welten. Mit Unterbrechungen seit 300 Jahren, aber speziell wieder seit 1987 wird in Schöppingen Korn produziert. Im Stammsitz reifen verschiedene Korndestillate in Barriques aus Limousineiche. Auch ein Korn aus zweitbefülltem Bordeaux-Barrique ist dabei. Das Produkt heißt im Münsterland „Lagerkorn“ und in anderen Erdteilen Whisky oder Whiskey und ist dort eine ziemlich große Sache. In Deutschland ist der Korn ein Klarer und in deutschen Fässern schlummert Wein. Mit dieser Lagerkorntradition beschäftigen wir uns demnächst.

Dreimal NJU Korn
Zunächst einmal hatte ich ja noch „modern, hip und urban“ erwähnt. Hierzu wendet sich Sasse mit einer neuen Produktlinie an den Markt und hier speziell an die Bartender und Hobbymischer unter uns. Dreimal ungelagertes Korn, welches eingedenglischt als „Nju Korn“ bezeichnet wird. Die Sorten „fruchtig“, „wuchtig“ und „mild“ sind mit jeweils 45 % verfügbar. Und ihre Eigenschaften unterscheiden sich nicht durch irgendwelche Zusätze, sondern durch Form und Typ der verwendeten Destille – Technik macht hier Unterschied. Zwar verwundert es nicht, dass in einem Land, das seine Stärken dadurch definiert, dass es ein Auto eine Skisprungschanze hochfahren lässt, die Form der Destille als Unique Selling Point eingesetzt wird. Dennoch setzt hier Sasse den ersten Wirkungstreffer. Haben Sie schon einmal einen Gin- oder Wodkahersteller über seine Destille schwärmen hören? Eben.

Black Russian
Vorsprung durch Technik
Wir starten mit dem „milden“ NJU Korn. Destilliert wird er nicht bei Sasse, sondern im Wege der Destillenmiete (neudeutsch: Gipsy Distiller) in einer Column Still. Die Pressemitteilung beschreibt ihn als „zu verwenden wie Wodka“. Das ist falsch. Zwar bleibt die Nase recht verhalten. Wer am Gaumen aber mit milden Getreidenoten und alkoholischem Brennen rechnet, liegt falsch. Vielmehr wechseln sich weiße Schokolade, Honig, Cerealien (ja, ok, das ist Getreide, aber nicht mild) und Milch ab. Ein bisschen Kinder Country, ein bisschen Weiße Crisp Schokolade. Eine „Black Russian„-Variation kommt hier sofort in den Sinn (ja, ok, das ist ein Wodkadrink). Die simple 2:1 Kombination mit einem guten Kaffeelikör passt perfekt und ergibt einen wuchtigen, aber auch süffigen Shortdrink.
Weiter geht es mit dem „fruchtigen“ NJU Korn. Entstanden auf einer 5 Tonnen schweren Pot Still, die die Kupferschmiede Becker aus Beckum herstellte. Das Resultat: Mandarine und Himbeeren, Johannisbeeren und etwas vom Kinder-Country Mix des „milderen“ Bruders. Eine echte Aromenbombe, die auch leider in der Nase etwas verhalten herüberkommt. Weil wir die Frucht unterstützen, aber nicht überdecken wollen wird ein Himbeer-„Daiquiri“ vorbereitet. 6 cl NJU Korn, 3 cl Limette und 1,5 cl Zucker werden mit 5 frischen Himbeeren gestößelt und auf Eiswürfeln geschüttelt. Ein Fine Strain in die vorgekühlte Cocktailschale ergibt einen flamingopinken Drink mit Wumms und zarter Säure.

Himbeerdaiquiri
Zu guter letzt haben wir den „wuchtigen“ NJU Korn im Tasting-Glas. Die Nase ist überhaupt nicht verhalten. Rauchig und fleischig wie ein guter Mezcal. Am Gaumen dann richtiggehendes Roggenmischbrot und etwas weiße Schokolade. Komplex und würzig ist der Korn, der aus einer CC6 Potstill stammt, einer 700l Brennblase aus der geschlossenen Schmiede Jacob CARL aus Göppingen mit sechs zuschaltbaren Böden. Der Rauch stammt aus der Verarbeitung getorfter und gemälzter Gerste. Und weil er so schön rauchig daherkommt, haben wir ihn als Old Fashioned mit Regan’s Orangebitters und TBT Grapefruitbitters vermischt. Hier kann er seine ganze Breite ausspielen. Die Grapefruit unterstreicht die subtile Frische, die das ungelagerte Destillat mitbringt. Schokolade und Rauch aber bieten genug Rückgrat für diesen Klassiker der Mischkunst, der sonst gelagerten Spirituosen vorbehalten bleibt.
Fazit: Korn kann Kool. Korn ist weit mehr als nur ein Wodka-Ersatz, sondern eine Kategorie mit enormer geschmacklicher Breite von New Make bis Mezcal. Warum nicht mal ein Sommerdrink auf Basis eines Münsterländer NJU Korns?
Es gilt unser Disclaimer: Wir schreiben nur über das, was wir mögen! Trinklaune.de hat für die Verkostung Produktproben erhalten. Daran geknüpft war weder die Verpflichtung zur Berichterstattung noch eine Einflussnahme auf den Inhalt des Artikels.
Einen Kommentar schreiben