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Aber wir wollen nicht lamentieren, sondern uns unserem Kernanliegen zuwenden: der Zubereitung guter Getränke!
Seit April wird der Norden Deutschlands ziemlich konstant mit viel Sonne und wenig Regen verwöhnt. Das ist so ungewöhnlich, dass man schon fürchten kann, dass zum Ausgleich die ganzen nächsten Jahre überhaupt keine Sonne scheinen wird… Aber lassen wir die Unkenrufe – wie jedes Jahr hört man die klassische Frage nach dem Sommerdrinks des Jahres.
Grund genug, sich die Frage zu stellen, was einen Sommerdrink eigentlich ausmacht und unsere Antwort auf diese Frage zu präsentieren.
In den Bars und Restaurants, deren Steckenpferd die klassischen Drinks nicht unbedingt sind, sieht man dieser Tage wieder größte Mengen Spritz und Hugo über die Theken gehen, auch die klassisch deutsche Caipirinha im Gewand der 90er ist noch oft genug vertreten, Gin Tonic sowieso. Was eint diese Getränke? Frische, säuerliche Aromen, Kühle und Erfrischung. Minze, Limette, eine helle Aromenwelt. Mitunter mit leichter Bitterkeit oder feiner Süße abgerundet.
Nähert man sich dem Wesen des Sommerdrinks ex negativo, lohnt es sich, einmal die typischen Vertreter von Winterdrinks anzuschauen. Sie sind im Charakter oft wärmend, dicht, schwer und dunkel. Manchmal sogar heiß serviert und meist gekennzeichnet durch die Verwendung gereifter Spirituosen, die Fülle und wärmende Holztöne mitbringen.
Dass die Menschen im Sommer eine Erfrischung gut gebrauchen können, ist nicht neu. Aber vielen der sogenannten Sommerdrinks fehlt ein entscheidendes Prädikat: die Dichte. Viele Sommergetränke sind seichte Schorlen, ein lascher Abklatsch eines seriösen Getränks, serviert mit Hohlkegeleis, das eigentlich einen vierten Aggregatzustand definiert: festes Wasser über 0 Grad, das sich bei Kontakt mit dem Getränk augenblicklich verflüssigt…
Somit ist der erfrischende Charakter schnell hergestellt, aber ein seriöser Sommerdrink braucht auch Kraft und Struktur. Wir haben die Barschränke abgestaubt und die Shaker geschwungen, unser Versuch, diese Attribute in den Drink zu bekommen, sieht folgendermaßen aus:
Caribbean Smash
6 cl Rhum Agricole Blanc
2,5 cl Limette
1,5 cl Zucker
1/2 Pipette Pineapple Star Anise Bitters
1,5 Zweige Minze
schütteln, doublestrain, Tumbler
Die Kernüberlegungen hinter unserem Caribbean Smash sind folgende:
Wir wollten Power im Drink. Viel Aroma, das dennoch auf der frischen Seite ist. Da passt kaum eine Spirtuose besser als Rhum Agricole, der Wucht und Frische vereint. Gern noch gepaart mit einem hohen Alkoholgehalt, damit bringt er Stabilität gegen Verwässerung mit.
Bei der erfrischenden Komponente sieht es klassisch aus: Limette und Minze. Geht nichts schief, passt zur tropischen Geschmackswelt des Agricole. Läuft.
Das i-Tüpfelchen ist jedoch einer der exzellenten Bitters von Ms. Better’s Bitters (bald mehr dazu). Der Ananaston ist recht typisch-karibisch-schmackhaft in der Kombination mit Rum, Limette und Minze, der Sternanis gibt dem Drink jedoch noch einmal eine neue Richtung. Tiefe, Würze und die Ergänzung um eine etwas dunklere Aromatik – jedoch nur in einer Spitze.
Das Ergebnis ist somit ein kräftig-aromatischer Drink, der immer auf der erfrischenden Seite bleibt.
Wenn man noch einmal den Aspekt der Dichte in den Fokus rückt, landet man wieder beim Rhum. Unsere erste Wahl war der fabelhafte Fleur de Canne von St. James. Der Drink gelingt damit wunderbar.
Wer es wissen will, greift aber zum L’Esprit von Neisson. Die 70 % machen den Drink ölig, extrem facettenreich, alles greift ineinander. Der Drink wird intensiver, bleibt aber gefährlich süffig, die Gewürze und die Komplexität machen den Drink nach hinten komplett. Eine ziemlich runde Sache – können wir empfehlen…

Caribbean Smash
Kann ich den Rum durch etwas anderes ersetzen?
Schön, dass Ihr zurück seid!
Danke für die Bitters-Empfehlung (auch schon vor diesem Artikel!) – die Ms. Better’s Bitters sind brutale Aromenkompositionen.
Ich stelle mir die Frage, ob es sich dabei noch um klassische Bitters handelt. Über Bitters an sich ließt man sehr wenig. Goncalo hat in diesem Artikel ein paar Worte dazu verloren: http://www.faz.net/aktuell/wissen/barmann-de-sousa-monteiro-das-ist-wie-malerei-11776098.html
Freu mich auf den Bitters-Artikel.
Moin,
Charly, du könntest es mit Cachaça probieren. Dann evtl. etwas mehr nehmen, um den geringeren Alkoholgehalt ein wenig zu kompensieren.
„Brutale Aromenkompositionen“ trifft es ziemlich gut, Willi. Volle Zustimmung. Im Sinne eines Gewürzes an der Bar erfüllen sie schon den typischen Zweck eines Bitters, würde ich sagen.