Der Bitters-Markt ist mittlerweile wirklich unübersichtlich. Viele mischen mit im Markt um die ungewöhnlichste, merkwürdigste oder auch irritierendste Cocktailzutat. Auch die klassischen Aromatic Bitters gibt es mittlerweile in ungezählten Formen, abgewandelt mit den exotischsten Rinden, Gewürzen oder Pflanzenauszügen.
Mehr Bitters = mehr Gewürze = mehr Cocktailvielfalt
Diese simple Formel ist an sich überzeugend. Aber je mehr Bitters sich ansammeln, desto mehr stellt sich auch die Frage, welche man wirklich braucht. Im Hausgebrauch nutze ich für meinen Teil eigentlich nur drei Bitters regelmäßig – Angostura, Peychaud’s, Orange Bitters. Die Klassiker also. Oft muss man für den abstrusen Himbeer-Chili-Chinin-Bitters (hier wären viele Kombinationen denkbar…) den einen perfekten Drink finden – oder erschaffen. Dann bringen auch abseitige Produkte einen echten Mehrwert. Aber oft – eben auch nicht.
Ein ganzer Stoß innovativer neuer Bitters kommt aktuell aus Kanada von Miss Better’s Bitters. Die Website geizt leider stark mit Informationen zur Herstellungsweise oder der Produktionsphilospohie, somit bleiben diese unklar. Aber das Portfolio ist groß: Neben Klassikern wie dem Aromatic Bitters oder Grapefruit tauchen dort Kombinationen wie Cypress Bowl, Green Strawberry Mah Kwan (ein Wildpfeffer) oder Black Pepper Cardamom auf. Durchaus wild also – qualitativ aber ausgesprochen hochwertig, kleine Aromabomben, deren Einsatz in Drinks viel Freude bereitet. Wir haben uns durch das Sortiment gemixt und stellen drei Drinks vor – den vierten mit dem formidablen Pineapple Star Anise Bitters gibt es hier.
Mt. Fuji Bitters
White Peach, Chrysanthemum, Burdock, Yuzu
Die Aromenzusammenstellung des Mt. Fuji liest sich spannend – oder ziemlich wild, das ist wohl eine Frage der Perspektive. Er duftet floral und intensiv, aber man bemerkt auch einen grundierenden, etwas erdigeren Ton. Die Fruchtigkeit des Pfirsichs schlägt kräftig durch. Ein abenteuerlicher Mix, kräftig und eher hell im Charakter.
Sommer am Fuji
6 cl Apfelbrand
1/2 Pipette Mt. Fuji Bitters
2,5 cl Zitrone
1,5 cl Zucker
optional: fill up Cidre brut
Geschüttelt, in der Schale serviert, ggf. mit Cidre aufgefüllt
Feine Süße zu Beginn, vollmundig und durchaus komplex. Ein Drink mit hellem, daiquiriähnlichen Charakter ohne Schwere. Der Apfel grundiert, ist nicht vordergründig und funktioniert in diesem Drink eher wie Armagnac Blanche oder Pisco und lässt dem Bitters den großen Auftritt, der die verschiedenen Aromenwelten gelungen zusammenbringt.
Mit trockenem Cidre wird der Drink stärker ins Erfrischende verschoben, und damit sehr sommerlich, mit etwas weniger Zucker könnte man das noch verstärken.

Sommer am Fuji
Green Strawberry Mah Kwan
Pfeffer und Erdbeere, ein Klassiker in der Küche. Im Bittersbereich noch nicht, aber diese Tinktur hat durchaus das Potenzial dazu. Ein ausgesprochen natürlicher, dennoch intensiver Erdbeerton duftet aus der Flasche, verdünnt mit etwas Wasser treten Erdbeere wie Pfeffer zu gleichen Teilen kräftig in Erscheinung. Schreit nach Tequila!
Strawberry Margarita Trompe-l’œil
6 cl Tequila Blanc
2 cl Cointreau
2 x ½ Pipette Strawberry Mah Kwan
2 cl Limette
geschüttelt, in der Schale serviert
Ein Drink für Freunde der Illusion. Intensiv nach Tequila und Erdbeere duftet der Drink, mit geklärtem Limettensaft oder einer alternativen Säurequelle, die farblos und klar ist, könnte man die Illusion noch perfektionieren. Das geht uns aber doch etwas zu weit, der Kern ist der Geschmack. Und der bietet alles, was man von einer Erdbeermargarita erwartet, kommt aber ohne frische Früchte aus und ist somit saisonunabhängig – und weist eine andere Textur auf.

Strawberry Margarita Trompe-l’œil
Orange Tree
Einen Orange Bitters hat jeder, Ms. Better’s hat aber den Orangenbaum. Alle Teile werden verarbeitet: Früchte, Rinde, Blätter und Blüten. Das Ergebnis ist ein delikat duftender Bitters, getragen von der Floralität, aber mit massivem Rückgrat. Sehr schön. Der Alaska Cocktail mit leicht erhöhtem Bittersanteil ist die perfekte Leinwand dafür.
Alaska Cocktail
5 cl Sipsmith Gin
1,5 cl Chartreuse MOFS
3 x ½ Pipette Orange Tree
Gerührt, im Cocktailglas serviert
Keine Frage, das ist ein Getränk für fortgeschrittene Trinker. Trocken, kräutrig, würzig. Wer es klassisch mag, wird hier auf seine Kosten kommen. Macht große Freude und der feine Ton von Orangenblüte ergänzt den Drink ausgesprochen gut.

Alaska Cocktail
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