Der Weg zur Bar ist verdammt steinig.
Das wurde mir immer wieder klar, wenn ich gelegentlich von Jonas Hald hörte. Aus der angestrebten Eröffnung im Januar ist mittlerweile September geworden. Verzögerungen hier, neue Kosten dort – Herausforderungen allerorten.
„Alle sprechen immer darüber, wie gut es mit ihrem neuen Projekt vorangeht und alles läuft super. Aber die Wahrheit sieht anders aus.“
So eröffnet Jonas Hald unser Interview. Es ist ihm ein Anliegen, einen realistischeren Einblick zu geben und von der Seite zu berichten, die gern unter den Teppich gekehrt wird.
Die zugrundeliegenden Planungsentscheidungen für ein Barprojekt sind vielfältig. Mit einem guten Team, das hart arbeitet, keine Stunden zählt und alles gibt, kann man sie treffen und die anfallenden Aufgaben bewältigen. Doch Pläne werden immer wieder umgeworfen, es muss angepasst, umgeplant und neu gedacht werden. Ohne Flexibilität geht es nicht.
Ein Blick zurück. Als feststand, dass Kuld, Stroheker und Hald eine GmbH & Co. KG gründen werden, war die Finanzierung natürlich ein zentraler Punkt. Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten alle noch in ihren alten Vollzeitjobs, Businesspläne wurden geschrieben, die Suche nach einer passenden Immobilie war schwierig. Die Belastungsgrenze war erreicht. Der Existenzgründerzuschuss war eine Hilfe, aber die Gürtel mussten eng geschnallt werden, als die drei ihre alten Jobs aufgaben, um sich in Vollzeit ihrer eigenen Bar zu widmen.
Nach längerer Zeit war eine gute Location gefunden. Die Lage entsprach den gewünschten Kritierien: gut, aber keine klassische „Erste-Reihe-Immobilie“, deren Mietpreis nicht zu stemmen gewesen wäre. Die Besitzer des Hauses wollten nach dem ersten Kennenlernen die Junggründer fördern und versprachen sich eine Aufwertung ihrer Immobilie durch ein hochwertiges Barkonzept. Der Businessplan wurde an die Immobilie angepasst, die Suche nach Geldgebern konnte in die heiße Phase gehen.
Dass es schwierig ist, Geld von den Banken für ein Gastronomieprojekt zu erhalten, ist nicht neu. Aber Stroheker spricht von einem absoluten „Finanzierungsdesaster“ mit der Bank. Es mussten immer mehr Details nachgeliefert werden, am Ende lagen Kapitalberechnung, Liquiditätsplanung und Rentabilitätsvorschau für zehn Betriebsjahre vor, solide begründet, mit Vergleichen gespickt. Dennoch gab es bei der finalen Präsentation keinerlei Vertrauen ins Konzept. Der geschätzte Gesamtkapitalbedarf für die Location lag mittlerweile bei ca. 500.000 €, die Hälfte sollte Eigenkapital sein. Klarer Plan war: Das Konzept soll hochwertig umgesetzt werden, keine halben Sachen. Ein Privatinvestor konnte ins Boot geholt werden, aber alles zog sich hin. Der Mietvertrag konnte nicht ohne gesicherte Finanzierung unterzeichnet werden, die Finanzierung wurde aber ohne unterschriebenen Mietvertrag nicht bewilligt. Stillstand. „Dann geht die Pumpe“, so Hald. Unzählige Arbeitsstunden stecken bereits im Projekt, dennoch: ein Motivationsloch tut sich auf. Machtlosigkeit und das Gefühl, dem System ausgeliefert zu sein. Und die hohe Belastung hat ihren Preis, körperlich und psychisch sind die drei am Limit.
Ein Tag vor dem letzten, entscheidenden Bankmeeting gibt es eine vorläufige Zusage von der Bürgschaftsbank an die Vermieter – der Vertrag kann in allerletzter Minute unterzeichnet werden – es geht wieder bergauf!
Die Basis ist endlich gelegt, der Ort gefunden. Es geht los. Seit Januar wird umgebaut, renoviert, gearbeitet. Das Architektenteam unterstützt mit aller Kraft, aber obwohl Stroheker, Kuld und Hald viele Kompetenzen bündeln, sagt Hald: „Wir haben den Aufwand falsch eingeschätzt.“ Stroheker ergänzt: „Wir waren gut aufgestellt – aber dennoch gab es so vieles, was wir nicht wussten.“

Nach der Arbeit…
Trotzdem nimmt der Raum Stück für Stück Gestalt an. Aber der Umbau wird immer wieder torpediert. Der Boden trägt die geschätzte Personenzahl nicht – 25.000 € Mehrkosten. Es gibt neue Vorschriften für eine Lüftungsanlage – 65.000 €. Der Küchenboden muss anders gemacht werden – 10.000 €. Die alten Küchengeräte hat der Vormieter leider doch mitgenommen. Wo die Stromleitungen verlaufen, ist unklar. Es müssen neue verlegt werden. Mehr Toiletten sind nötig. Der Schallschutz reicht nicht aus.
Die Liste ist lang. Ein verdammt harter Kampf, der nur durch die große Unterstützung der drei untereinander gewonnen werden konnte, so Stroheker. Eine Nachfinanzierung musste auf den Weg gebracht werden, im privaten Umfeld konnten Kredite eingesammelt werden. Ein Liquiditätspuffer von 50.000 € wurde eingeplant, um ein Jahr die Basiskosten decken zu können, um den Druck zu reduzieren. Dazu keine zu starke Tilgung; ein Fehler, den Stroheker immer wieder beobachten konnte. Um die Kasse dennoch etwas zu füllen, wurde der eigene Tin Gin in Kooperation mit Felix Georg Kaltenthaler von Revolte bereits umgesetzt, ferner haben die drei sich im Cateringgeschäft in Stuttgart und Umgebung einen Namen gemacht. Aber es wird auch klar: Die Belastung bleibt aufgrund der Verzögerungen hoch.

Ursprünglich für später geplant: Tin Gin
Die drei arbeiten ohne weitere Angestellte. Aber für die Zukunft ist geplant, dass ein Restaurantfach-Azubi das Team ergänzt. Kuld macht einen Ausbilderschein und dem neuen Team-Mitglied soll die ganze Bandbreite einer Bar gezeigt werden: Küche, Service, Bar, Buchhaltung, Einkauf, Equipment. Das Gehalt wird deutlich über dem normalen Azubi-Tarif liegen, hier soll niemand verheizt werden.
Die nächsten Projekte und Ideen der Tin Tin Gründer sind trotz aller Widrigkeiten schon da. Wenn der Betrieb angelaufen ist, soll das Cateringgeschäft ausgebaut werden. Und zukünftige Mitarbeiter sollen langfristig gebunden werden – ein faires Grundgehalt wird gezahlt, gekoppelt mit einer Gewinnbeteiligung, um Motivation und Identifikation zu gewährleisten.
Außerdem ist ein Consulting für Bargründer geplant. Vor Fehlern zu bewahren, die Hald, Kuld und Stroheker selbst machen mussten, ist das Ziel – und somit den Weg vielleicht ein bisschen weniger steinig zu machen.
Mittlerweile konnte die Bar eröffnen. Endlich. Auf dem Weg dorthin lagen noch die letzten Handwerkerarbeiten und Behördengänge an, Ärger mit den Anwohnern musste geschlichtet werden. Aber die Eröffnung macht die Strapazen vergessen!
Wir als Trinklaune-Team sind auf jeden Fall gespannt und freuen uns auf einen ersten Eindruck, live und in Farbe!
Zur Blogreihe:
TinTin Teil II
TinTin Teil I
Bilder-Copyright: Tin Tin GmbH & Co KG
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