Zitrusliebe und die dunkle Jahreszeit – Spiritus Rex Amalfi-Zitrone und Mandarine

Es bedarf keiner großen Einleitung mehr, um klarzumachen, dass ich Zitrusfrüchte liebe. In der Vergangenheit war hier von Yuzu, immer wieder Bergamotte, Blutorange und so weiter viel zu lesen. Heute reihen sich die Amalfi-Zitrone und eine sizilianische Spätmandarine ein.

Zitrusliebe!

Zitrusfrüchte verknüpft man oft mit dem Sommer. Zitrone und Limette,  Daiquiri, Sours, Caipirinha, Mojito, Margarita und ohnehin Limonaden aller Art sind oft typische Sommergetränke. Sie sind erfrischend, spritzig und allesamt undenkbar ohne die charakteristische Säure frischer Zitrusfrüchte.
Doch an sich ist die Saison der meisten Zitrusfrüchte oft der (Nordhalbkugel-) Winter. Und auch hier haben sie Einzug gehalten in Gewohnheiten und Bräuche, vieles im weihnachtlichen Kontext ist ohne Orangen nicht denkbar: Glühwein, Stollen, Ente à l’orange. Und duften die ersten geschälten Mandarinen im Wohnzimmer, entsteht fast automatisch ein Bild vor dem inneren Auge: Es ist dunkel, draußen etwas ungemütlich und kalt. Im Haus brennt der Kamin, Nüsse stehen neben einigen Kerzen auf dem Tisch und die Öle aus der Mandarinenschale erfüllen mit ihrem fantastischen Aroma den ganzen Raum. Erste Tannenzweige kommen dazu. Kurzum: Vorweihnachtszeit.

Matthias Sievert von Spiritus Rex, der ein Händchen für Zitrusdestillate besitzt, hat sich der Amalfi-Zitrone und der sizilianischen Mandarine angenommen. Wir nehmen die beiden heute genauer unter die Lupe.

Etrog, so lautet der Name der Geistes von der Amalfi-Zitrone. Wer wie ich im jüdischen Glauben nur wenig bewandert ist, fragt erstmal nach. Denn der Name ist clever gewählt, muss aber verstanden werden. Der Etrog ist fürs jüdische Laubhüttenfest von elementarer Bedeutung, als ein Teil des Feststraußes, neben einem Palmzweig, zwei Weidenzweigen und drei Myrtenzweigen. Der Etrog ist die Frucht der Zitronatzitrone und muss für die rituellen Zwecke völlig frei von Unreinheiten oder Fehlern sein, schlechterdings perfekt. Deswegen ist ein Etrog mitunter ausgesprochen hochpreisig. Dieses Prinzip, die Suche nach der perfekten Frucht, hat Sievert auf die Amalfi-Zitrone übertragen. Optimal gereifte Früchte hat er zu einem Geist verarbeitet. Die großen Zitronen vom schmalen italienischen Küstenstreifen sind ausgesprochen aromatisch, die Albedo ist weniger bitter und kann gut mitverarbeitet werden, geschmort, hauchdünn als Salat und auch als Püree oder Gel. Ein spannendes und aromatisches Produkt, das sich von der gängigen Supermarktzitrone massiv unterscheidet.

Spiritus Rex Etrog – Geist von der Amalfi-Zitrone

Spiritus Rex Etrog – Geist von der Amalfi-Zitrone
Nase:
Klar und rein, ein sehr purer Zitronengeruch entströmt dem Glas. Nicht die pure Sommerfrische, sondern komplexer. Hier ist mehr als die Zeste auf dem Martini. Insgesamt ein schlanker, leiser und feiner Auftritt.
Gaumen:
Der Eindruck der Nase bestätigt sich, der Geist von der Amalfi-Zitrone ist extrem reintönig und klar. Es scheint, als seien großzügig Scheiben von der Zitrone heruntergeschnitten und ins Glas gefüllt worden, die sich mundfüllend ausbreiten. Ätherische, nadelige Aromen sind auch dabei, ins Würzige gehend. Ein sehr purer und aromatischer Ausdruck der Frucht, der hervorragend die Aromen aus der Albedo, der Schale und dem Saft transportiert. Der Geist bleibt sehr lang auf der Zunge.

Die Amalfi-Zitrone habe ich noch in einem Drink vom Bloggerkollegen Matthias Friedlein verarbeitet. Mit solch hochwertigen Destillaten pflege ich eigentlich nicht zu mixen, da ihre Komplexität und Güte oft nicht erhalten bleiben. Aber hier bot es sich doch zu sehr an. Matthias hat eine Variation des Bee’s Knees mit (in seinem Fall Zitronat-) Zitronengeist gemacht. Es drängte sich auf, hier den Geist von der Amalfi-Zitrone unterzubringen.

Wasp’s Nest

Wasp’s Nest (Matthias Friedlein, 2020)
3 cl Gin (Ki No Bi bei mir, da puristisch und zitrusbetont)
1,5 cl Geist von der Amalfi-Zitrone
3 cl Zitronensaft
2,25 cl Honey Mix (bei mir mit Akazienhonig)

Geschüttelt, straight serviert

Das passt! Ein sehr puristischer Drink, der die Zitrone ganz klar in den Vordergrund stellt, braucht natürlich einen ebenso puristischen Geist. Somit ist das hier ein ganz reiner Ausdruck von Zitrusaromen, der von der Güte des Destillats profitiert.

Spiritus Rex Tardivo di Ciacculi

Auf die Zitrone folgt die Mandarine. Die Sorte „Tardivo di Ciacculi“ entstand 1940 aus einer Veredlung der Mandarino dell’Avana und hatte einen prominenten Gastauftritt beim TV-Kochformat Kitchen Impossible, in dem Martin Klein mit Bravour ein Eis aus ihrem Saft herstellte. Ebenjene Mandarine, deren Früchte spät – „tardivo“ – geerntet werden, hat Matthias Sievert als Geist destilliert.

Spiritus Rex – Tardivo di Ciacculi
Nase:
Tiefe. Ganz viel Tiefe hat dieser Geist. Pure, reine und unverfälschte Mandarinenaromatik, aber potenziert bis ans Limit. Die frisch ausgedrückten Schalen, die leichte orange Färbung an den Fingern nach dem Pellen, der frische Saft, mild, mit ganz leichter Säure. Das alles ist da. Beim ersten Hineinriechen. Das ist fantastisch.
Gaumen:
Obstbrände zu beschreiben, ist manchmal schwierig. Man denkt banal: Mandarine. Da ist viel Mandarine. Aber genau das ist es. Die Essenz der Frucht, eben ihr Geist, ist hier im Glas und strahlt. Feine Bitterkeit, klare Mandarinenschalenaromatik. Leicht und fein, duftig. Präsent, aber nicht fett. Breiter als die Amalfi-Zitrone, etwas runder, fülliger, wärmender. Wie es die Frucht selbst eben auch ist. Ein spektakulär gutes Destillat, ohne Zweifel.

Das macht ganz große Freude. Beides. Wer noch ein Weihnachtsgeschenk – am besten für sich selbst – sucht, wird hier fündig. Zwei verschiedene Zitrusfrüchte, in ihren Unterschieden hervorragend herausgearbeitet, sind hier zu bekommen. Große Destillierkunst!

Es gilt unser Disclaimer: Wir schreiben nur über das, was wir mögen!
Trinklaune.de hat für die Verkostung Produktproben erhalten. Daran geknüpft waren weder die Verpflichtung zur Berichterstattung noch eine Einflussnahme auf den Inhalt des Artikels.

Torben Bornhöft

Torben Bornhöft beschäftigt sich seit 2004 leidenschaftlich mit Themen rund um Bar, Cocktails und Genuss. Nachhaltig geprägt durch fünf Jahre im Hamburger Le Lion und die Likörproduktion mit Forgotten Flavours liegt Torbens Fokus hier mittlerweile auf den Themen Champagner, Infusionen und Twists auf Klassiker.

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Zitrusliebe und die dunkle Jahreszeit – Spiritus Rex Amalfi-Zitrone und Mandarine

Es bedarf keiner großen Einleitung mehr, um klarzumachen, dass ich Zitrusfrüchte liebe. In der Vergangenheit war hier von Yuzu, immer wieder Bergamotte, Blutorange und so weiter viel zu lesen. Heute reihen sich die Amalfi-Zitrone und eine sizilianische Spätmandarine ein.

Zitrusliebe!

Zitrusfrüchte verknüpft man oft mit dem Sommer. Zitrone und Limette,  Daiquiri, Sours, Caipirinha, Mojito, Margarita und ohnehin Limonaden aller Art sind oft typische Sommergetränke. Sie sind erfrischend, spritzig und allesamt undenkbar ohne die charakteristische Säure frischer Zitrusfrüchte.
Doch an sich ist die Saison der meisten Zitrusfrüchte oft der (Nordhalbkugel-) Winter. Und auch hier haben sie Einzug gehalten in Gewohnheiten und Bräuche, vieles im weihnachtlichen Kontext ist ohne Orangen nicht denkbar: Glühwein, Stollen, Ente à l’orange. Und duften die ersten geschälten Mandarinen im Wohnzimmer, entsteht fast automatisch ein Bild vor dem inneren Auge: Es ist dunkel, draußen etwas ungemütlich und kalt. Im Haus brennt der Kamin, Nüsse stehen neben einigen Kerzen auf dem Tisch und die Öle aus der Mandarinenschale erfüllen mit ihrem fantastischen Aroma den ganzen Raum. Erste Tannenzweige kommen dazu. Kurzum: Vorweihnachtszeit.

Matthias Sievert von Spiritus Rex, der ein Händchen für Zitrusdestillate besitzt, hat sich der Amalfi-Zitrone und der sizilianischen Mandarine angenommen. Wir nehmen die beiden heute genauer unter die Lupe.

Etrog, so lautet der Name der Geistes von der Amalfi-Zitrone. Wer wie ich im jüdischen Glauben nur wenig bewandert ist, fragt erstmal nach. Denn der Name ist clever gewählt, muss aber verstanden werden. Der Etrog ist fürs jüdische Laubhüttenfest von elementarer Bedeutung, als ein Teil des Feststraußes, neben einem Palmzweig, zwei Weidenzweigen und drei Myrtenzweigen. Der Etrog ist die Frucht der Zitronatzitrone und muss für die rituellen Zwecke völlig frei von Unreinheiten oder Fehlern sein, schlechterdings perfekt. Deswegen ist ein Etrog mitunter ausgesprochen hochpreisig. Dieses Prinzip, die Suche nach der perfekten Frucht, hat Sievert auf die Amalfi-Zitrone übertragen. Optimal gereifte Früchte hat er zu einem Geist verarbeitet. Die großen Zitronen vom schmalen italienischen Küstenstreifen sind ausgesprochen aromatisch, die Albedo ist weniger bitter und kann gut mitverarbeitet werden, geschmort, hauchdünn als Salat und auch als Püree oder Gel. Ein spannendes und aromatisches Produkt, das sich von der gängigen Supermarktzitrone massiv unterscheidet.

Spiritus Rex Etrog – Geist von der Amalfi-Zitrone

Spiritus Rex Etrog – Geist von der Amalfi-Zitrone
Nase:
Klar und rein, ein sehr purer Zitronengeruch entströmt dem Glas. Nicht die pure Sommerfrische, sondern komplexer. Hier ist mehr als die Zeste auf dem Martini. Insgesamt ein schlanker, leiser und feiner Auftritt.
Gaumen:
Der Eindruck der Nase bestätigt sich, der Geist von der Amalfi-Zitrone ist extrem reintönig und klar. Es scheint, als seien großzügig Scheiben von der Zitrone heruntergeschnitten und ins Glas gefüllt worden, die sich mundfüllend ausbreiten. Ätherische, nadelige Aromen sind auch dabei, ins Würzige gehend. Ein sehr purer und aromatischer Ausdruck der Frucht, der hervorragend die Aromen aus der Albedo, der Schale und dem Saft transportiert. Der Geist bleibt sehr lang auf der Zunge.

Die Amalfi-Zitrone habe ich noch in einem Drink vom Bloggerkollegen Matthias Friedlein verarbeitet. Mit solch hochwertigen Destillaten pflege ich eigentlich nicht zu mixen, da ihre Komplexität und Güte oft nicht erhalten bleiben. Aber hier bot es sich doch zu sehr an. Matthias hat eine Variation des Bee’s Knees mit (in seinem Fall Zitronat-) Zitronengeist gemacht. Es drängte sich auf, hier den Geist von der Amalfi-Zitrone unterzubringen.

Wasp’s Nest

Wasp’s Nest (Matthias Friedlein, 2020)
3 cl Gin (Ki No Bi bei mir, da puristisch und zitrusbetont)
1,5 cl Geist von der Amalfi-Zitrone
3 cl Zitronensaft
2,25 cl Honey Mix (bei mir mit Akazienhonig)

Geschüttelt, straight serviert

Das passt! Ein sehr puristischer Drink, der die Zitrone ganz klar in den Vordergrund stellt, braucht natürlich einen ebenso puristischen Geist. Somit ist das hier ein ganz reiner Ausdruck von Zitrusaromen, der von der Güte des Destillats profitiert.

Spiritus Rex Tardivo di Ciacculi

Auf die Zitrone folgt die Mandarine. Die Sorte „Tardivo di Ciacculi“ entstand 1940 aus einer Veredlung der Mandarino dell’Avana und hatte einen prominenten Gastauftritt beim TV-Kochformat Kitchen Impossible, in dem Martin Klein mit Bravour ein Eis aus ihrem Saft herstellte. Ebenjene Mandarine, deren Früchte spät – „tardivo“ – geerntet werden, hat Matthias Sievert als Geist destilliert.

Spiritus Rex – Tardivo di Ciacculi
Nase:
Tiefe. Ganz viel Tiefe hat dieser Geist. Pure, reine und unverfälschte Mandarinenaromatik, aber potenziert bis ans Limit. Die frisch ausgedrückten Schalen, die leichte orange Färbung an den Fingern nach dem Pellen, der frische Saft, mild, mit ganz leichter Säure. Das alles ist da. Beim ersten Hineinriechen. Das ist fantastisch.
Gaumen:
Obstbrände zu beschreiben, ist manchmal schwierig. Man denkt banal: Mandarine. Da ist viel Mandarine. Aber genau das ist es. Die Essenz der Frucht, eben ihr Geist, ist hier im Glas und strahlt. Feine Bitterkeit, klare Mandarinenschalenaromatik. Leicht und fein, duftig. Präsent, aber nicht fett. Breiter als die Amalfi-Zitrone, etwas runder, fülliger, wärmender. Wie es die Frucht selbst eben auch ist. Ein spektakulär gutes Destillat, ohne Zweifel.

Das macht ganz große Freude. Beides. Wer noch ein Weihnachtsgeschenk – am besten für sich selbst – sucht, wird hier fündig. Zwei verschiedene Zitrusfrüchte, in ihren Unterschieden hervorragend herausgearbeitet, sind hier zu bekommen. Große Destillierkunst!

Es gilt unser Disclaimer: Wir schreiben nur über das, was wir mögen!
Trinklaune.de hat für die Verkostung Produktproben erhalten. Daran geknüpft waren weder die Verpflichtung zur Berichterstattung noch eine Einflussnahme auf den Inhalt des Artikels.

Torben Bornhöft

Torben Bornhöft beschäftigt sich seit 2004 leidenschaftlich mit Themen rund um Bar, Cocktails und Genuss. Nachhaltig geprägt durch fünf Jahre im Hamburger Le Lion und die Likörproduktion mit Forgotten Flavours liegt Torbens Fokus hier mittlerweile auf den Themen Champagner, Infusionen und Twists auf Klassiker.

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