Getrüffelte Cocktails. Ohne Trüffelöl. Versprochen.

Trüffel. Ein begehrter, geschätzter, teurer Geschmack. Inbegriff des Erlesenen, des Raren, des begrenzt Verfügbaren.

Und da beginnen auch schon die Probleme. Das flüchtige Aroma des Pilzes ist delikat, die weiße Trüffel Tuber magnatum verträgt keine längere Hitze und verströmt frisch über einen Teller Pasta gehobelt ihren unverkennbaren, delikaten Duft. Die schwarze Trüffel, Tuber melanosporum, verträgt Kochvorgänge hingegen gut und entfaltet ihren Geschmack erst mit Wärme und Fett. Diverse Nebenarten von Speisetrüffeln sind ebenfalls auf dem Markt zu finden, sie sind aber geschmacklich weit weniger expressiv und somit auch günstiger. Der Aspekt des Preises ist elementar: Trüffel können nicht in großem Maßstab gezüchtet werden, sie leben in Symbiose mit Wirtspflanzen wie Stein- oder Stieleichen. Diese können mit Pilzsporen geimpft und angepflanzt werden, eine Ernte ist aber erst viele Jahre später möglich und nicht immer garantiert. Die Suche nach wilden Trüffeln mit abgerichteten Hunden ist gängiges Prinzip, der Erfolg variiert. Festzuhalten ist: Trüffeln sind ein rares Gut. In Kombination mit ihrer Beliebtheit führt dies zu den hohen Preisen von 800 bis 2000 € für ein Kilo Tuber melanosporum. Sie ist auch bekannt als Périgord-Trüffel, nach einem ihrer häufigsten Fundorte. Die weiße Alba-Trüffel Tuber magnatum erzielt noch höhere Preise von bis zu 4500 € pro Kilo.

Dieser begehrte Geschmack ist also teuer. Nicht grundlos umweht schon den Klang des Wortes Trüffel eine Aura von Luxus. Dies führt dazu, dass noch die banalsten Gerichte mit dem edlen Pilz aufgewertet werden, seien es Pizza, Burger oder Mayonnaise. Wie viel echte Trüffeln in einer Trüffelpizza für 18 € stecken können, sei dahingestellt. Denn man braucht eine gewisse Menge, um den Geschmack auch zu transportieren. Vier dünne Scheibchen sorgen für einen optischen Effekt und ein wenig Duft, aber kaum für viel Geschmack. Also behilft man sich in den allermeisten Fällen mit Trüffelaroma. Dies kann in Butter stecken, in Pulver oder – zumeist – in Trüffelöl. Problematisch: Das künstliche Trüffelaroma hat mit dem Geschmack echter Trüffeln zwar einige Schnittmengen, aber es ist überpräsent, dominant, extrem kräftig und bleibt noch lange auf der Zunge. Das Elegante, Duftige echter Trüffeln auf frischer Pasta wird man damit nie erreichen. In der Trüffel-Mayo zum Burger mag das gut gehen, wenn wir aber – und das hier bleibt ein Getränkeblog – Drinks mit Trüffelgeschmack wollen, ist Trüffelöl absolut keine Option. Von mangelnder Emulsion im Cocktail ganz zu schweigen.

 

Tuber melanosporum – Périgord-Trüffel

Das Aroma muss auf anderem Weg in den Drink. Und erfreulicherweise ist dieser Weg ganz einfach: Eiweiß.

Hat man Trüffel gekauft, so lagert man diese in Küchenrolle gewickelt in einer verschlossenen Box im Kühlschrank. Sobald man die Box öffnet, entströmt ein kräftiges Trüffelaroma. Und diesen Effekt kann man nutzen. Gibt man einige rohe Eier mit in die Box, so nehmen diese den Geschmack durch die Schale hindurch an. Nach einem Tag ist das Aroma noch dezent, nach zweien sind sie voll einsatzbereit. Nebenbei: Ein Rührei aus diesen Eiern ist fantastisch!
Aber zurück zum Drink. Wir haben das Aroma im Ei, also gilt es zu prüfen, in welche Drinks es gut passt.

Trüffel gehört für mich immer in eine dunkle, erdige, winterliche Geschmackswelt, ganz ihrem Erntezeitpunkt entsprechend. Somit habe ich mit gereiften Spirituosen gearbeitet. Weitere Überlegungen: Wenig Chichi, das subtile Aroma des Trüffels soll seinen Raum bekommen. Und: Ich hasse Eiweißdrinks ohne Säure. Somit war das Spielfeld abgesteckt. Den Anfang macht ein einfacher Boston Sour.

Truffled Boston Sour

Truffled Boston Sour
6 cl Bourbon
3 cl Zitrone
2 cl Zucker
1 Trüffeleiweiß

Shake, Dry Shake, auf Eis serviert, mit Zitronenschale und Trüffelscheibe garniert

Die Scheibe des frischen Trüffels duftet, die Zitronenzeste gibt Frische in der Nase. Am Gaumen ist der erste Eindruck – wenig überraschend – der eines Boston Sours. Wie man ihn kennt. Nach einigen Sekunden aber kommt eine weitere Geschmacksschicht hinzu. Der Geschmack des Trüffels ergänzt den Drink, gibt eine erdig-pilzige Komponente hinzu. Charakteristisch, aber subtil. Nicht zu vergleichen mit dem Dampfhammer eines künstlichen Trüffelaromas, der für nichts anderes mehr Raum lässt. Eine sehr schöne Erweiterung eines bekannten Geschmacksbildes.

Périgord Sour

Drink Nr. 2 bleibt in der Heimat des Périgord-Trüffels und ist ein Twist auf den Parisian Sour, bei dem ich hier etwas den Zuckeranteil reduziert habe.

Périgord Sour
6 cl Cognac
2,25 cl Trockener Wermut
2,5 cl Zitrone
1,75 cl Zucker
1 getrüffeltes Eiweiß

Shake, Dry Shake, straight serviert, Auf die Schokoladenbitters im Eiweißschaum habe ich verzichtet, um das feine Trüffelaroma nicht zu zerlegen.

Cognac und Trüffel verstehen sich gut. Das feurige, kräftige Aroma passt wunderbar zum Erdigen des Pilzes, sodass ein schöner Drink entsteht. Wermut gibt noch etwas Würze, aber vor allem Leichtigkeit. Eine passende Leinwand für das Trüffeleiweiß.

Die Trüffelpreise sind aktuell noch nicht in den luftigsten Höhen, es lohnt sich, eine Knolle zu kaufen (Trüffelbezug geht gut bei BosFood, absolut empfehlenswert), damit eine herrliche Pasta zu machen – und nebenbei noch ein paar schöne Trüffeldrinks mitzunehmen. So bekommt man das gesuchte, rare und feine Aroma in den Drink. Subtil und elegant, wie die Trüffel selbst.

Torben Bornhöft

Torben Bornhöft beschäftigt sich seit 2004 leidenschaftlich mit Themen rund um Bar, Cocktails und Genuss. Nachhaltig geprägt durch fünf Jahre im Hamburger Le Lion und die Likörproduktion mit Forgotten Flavours liegt Torbens Fokus hier mittlerweile auf den Themen Champagner, Infusionen und Twists auf Klassiker.

Einen Kommentar schreiben

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.