Zwei Gläser, zwei Weine? Bruno Paillard Blanc de Blancs 2012

Dass die Wahl des Glases einen großen Einfluss auf den Duft und den Geschmack eines Weines hat, ist ein alter Hut. Trotzdem verblüffen mich die Unterschiede immer wieder.
Seit einiger Zeit probiere ich neben meinem Favoriten, dem Gabriel Glas, bei Champagner gern das recht neue Jospehine Nr. 4. Die Optik der gesamten Serie, die von Kurt Zalto entworfen wurde, ist durchaus gewöhnungsbedürftig. Aber sensorisch sind die grandios verarbeiteten Gläser fantastisch. Dennoch ist das Champagnerglas relativ klein. Der Trend, große Champagner auch aus maximal großen Gläsern zu trinken, hat sich mir nie ganz erschlossen. Die allermeisten Champagner gehen dabei verloren, ihre Perlage sowieso. Das Gabriel Glas, das den Anspruch erhebt, ein absoluter Allrounder für sämtliche Weinarten zu sein, macht seinen Job wirklich extrem gut. Auch für Champagner hält es im Regelfall die Balance aus Frische, Körper, Energie und Perlage hervorragend. Aber Glaskultur ist ein schöner Teil des Hobbys, neue Gläser machen immer Spaß. Wenn ein spannender Champagner aufgemacht wird, kommt er daher im Moment immer auch in verschiedene Gläser, um noch mehr Facetten aufzudecken.

Bruno Paillard Blanc de Blancs 2012 und Josephine Nr. 4

Das Haus Bruno Paillard begeistert mich mit seinen geradlinigen, klassischen und feinen Champagnern schon lange. Der neue Blanc de Blancs aus dem sehr guten Jahr 2012 stammt aus Trauben aus den Grand-Cru-Orten Oger und Le Mesnil-sur-Oger. Ganz im Gegensatz zum oft weichen, mehr ins Buttrige oder Cremige tendierende Chardonnay aus Cramant (siehe Belle Epoque Blanc de Blancs) sind diese Orte bekannt für säuregetriebene, schlanke und puristische Chardonnays.

So lesen sich auch die harten Fakten. 3 Gramm Dosage / Liter können abrunden, aber verstecken können sie nichts.

Bruno Paillard Blanc de Blancs 2012
100 % Chardonnay; 3 gr. / L; deg. April 2019; Gabriel Glas und Jospehine Nr. 4
Nase:
Schlanke, tiefgründige Mineralität, viel nasse Kreide mit einer gehörigen Menge Limettenzesten. Etwas Lemon Curd und hintergründig Hefe. Ein Champagner wie frisches, eiskaltes Quellwasser in den Bergen.
Im größeren Gabriel Glas kommen mit Zeit Aromen weißer Blüten und frisch geschälter Granny Smith dazu.
Gaumen:
Die säuerliche Frische nimmt zu Beginn die Hauptrolle ein. Ein Hauch Haselnuss und Mandeln, aber eher angedeutet als dominant. Eine karge Frucht prägt die elegante Mitte, wie Limetten- und Zitronenschnitze in einem Glas mit schmelzenden Eiswürfeln. Auch hier zeigt sich der Wein etwas körperreicher im größeren Glas.

Der Blanc de Blancs 2012 ist ein ausgesprochen eleganter und feingliedriger Vertreter seines Jahrgangs, seiner Traube, seiner Herkunft. Wer ein verschmustes Dickschiff sucht, wird enttäuscht werden. Wer Energie, Präzision und Frische sucht, wird begeistert sein! Diese Seiten werden von der Josephine Nr. 4 besonders betont und herausgekitzelt. So sehr, dass mir der Wein im Gabriel Glas besser gefiel. Er behielt sein Profil, aber war austarierter, stimmiger, weniger radikal.

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Torben Bornhöft

Torben Bornhöft beschäftigt sich seit 2004 leidenschaftlich mit Themen rund um Bar, Cocktails und Genuss. Nachhaltig geprägt durch fünf Jahre im Hamburger Le Lion und die Likörproduktion mit Forgotten Flavours liegt Torbens Fokus hier mittlerweile auf den Themen Champagner, Infusionen und Twists auf Klassiker.

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