Paranubes Rum & ein Mexican Daiquiri

Es gibt viele gute Gründe, einen interessierten Blick auf mexikanische Spirituosen zu werfen. Nicht nur, weil die Pandemie einen Besuch dieses historisch wie botanisch so reichen Landes verhindert und das Fernweh daher anders gestillt werden muss. Sondern auch, weil ich kein anderes Land kenne, in denen teils archaische Produktionsmethoden im Zusammenspiel mit einer – dank einiger findiger Importeure und Social Media – gut funktionierenden Exportlogistik dafür sorgen, dass der westliche Durst nach authentischen Produkten zuverlässig gestillt werden kann (Hallo Mezcal!).

Nur dieser Kombination ist es wohl zu verdanken, dass der Bar Convent Berlin im Herbst 2019 einen Rum zum „Barprodukt des Jahres 2020“ gekürt hat, von dem technisch maximal ca. 35 Liter alle zwei Stunden hergestellt werden können und der damit den Controllern mittelständischer Spirituosenunternehmen eher schlaflose Nächte bereiten dürfte.

Wir sprechen von Paranubes Rum, einem aus frischem Zuckerrohrsaft hergestellten Rum – oder Aguardiente. Hergestellt wird dieser in der Nähe von Oaxaca, und wer Näheres zur Herstellung wissen oder einfach nur seine Reiselust anregen möchte, der sollte diesem Link folgen. Dort liest man von Spontanvergärung, initiiert durch die Enzyme aufgekochter Rinde des Mesquitebaums und einer Destillation in der 550l Kupfer-Column-Still. Fasziniert hat mich aber folgendes Detail: Paranubes Rum verwendet offenbar einen Teil des Vorlaufs („heads“) des Destillats. Das sei möglich, da sich aufgrund des fehlenden Chlorophylls weniger Methanol im Destillat befindet. Aha. Falls Lebensmittelchemiker mitlesen: bitte melden, ob das stimmt. Ein klares Lob übrigens für die Transparenz. Die gemessenen 0g/l an Zusätzen glauben wir gerne.

Paranubes Bottle

In der Nase zunächst etwas Klebstoff, aber hauptsächlich Rhum-agricole-typische, kräutrig-grüne Frische, Gras und Himbeeren. Am Gaumen dann Heu, Aprikosen und frische Beeren. Das Geschmacksbild passt zum Auftritt. Exotisch, grasig, opulent und frisch – und trotzdem fruchtig und süß. Die ansehnlichen 54 % tragen diese Aromen souverän, ohne dass das Destillat übermäßig scharf wirkt.

Ein Vorteil eines so komplexen Brandes ist, dass die Getränkeauswahl leichtfällt. Halten Sie sich an Ti‘ Punch oder Daiquiri – die süß-saure Kombination trägt und unterstützt den Charakter des Paranubes und sorgt für ordentlich Trinklaune. Diese Drinks wären vor Ort auch brutal regional. Stellen Sie sich vor, sie sitzen in den Sierra Mazateca Bergen und müssen versuchen, an die Zutaten eines Mai Tai zu gelangen.

Mexican Daiquiri

  • 6-7 cl Paranubes Rum
  • 3cl Limette
  • 1-2 cl Zuckersirup

Auf Eis shaken. Auf Eiswürfeln im Gästeglas (Tumbler) abseihen (das ist zwar nicht typisch, aber hey, etwas Schmelzwasser schadet hier nicht).

Paranubes Ti Punch

Noch einmal zurück zum „Barprodukt des Jahres 2020“. Wie allseits bekannt, ist das Jahr 2020 bartechnisch ziemlich ins Wasser gefallen. Das Barjahr 2021 steht aber noch aus und Mexiko werden wir wohl immer noch nicht besuchen können. Vielleicht – zu wünschen wäre es – entspannt sich ein kleiner, aber wohlverdienter, Hype um Tequila, Mezcal, Raicilla und nicht zuletzt mexikanischem Rum in der aus dem zweiten Corona-Lockdown zurückgekehrten Außengastronomie.

tikiwise

Beruflich wandelt er auf David A. Emburys Spuren. Dessen Sour-Verhältnis von 8:2:1 irritiert ihn jedoch immer noch. Seine Aufmerksamkeit gilt American Whiskey, Tequila, Mezcal und allerlei Nischenspirituosen, aber auch Rezepten jenseits der Standards.

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